Wettbewerb fördert auch hochqualifizierten Nachwuchs in außermusikalischen Berufen
Seit über einem halben Jahrhundert nehmen Kinder und Jugendliche an dem landes- und bundesweiten Wettbewerb „Jugend musiziert“ teil. In einer Studie fanden Forscher des Instituts für Begabungsforschung in der Musik (IBFM) der Universität Paderborn nun heraus, dass der Wettbewerb nicht nur dazu beiträgt, die Musikkultur weiterzuentwickeln, sondern auch hochqualifizierten Nachwuchs in außermusikalischen Berufen fördert. Prof. Dr. Heiner Gembris, Leiter des IBFM, stellte die Studie, die in Kooperation mit den Landesmusikräten Baden-Württembergs, Bayerns, Nordrhein-Westfalens, des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz entstand, während einer Pressekonferenz am 18. September in München vor.
Hohes Bildungsniveau unter den Befragten
„Mit der Studie wurde zum ersten Mal in einem größeren Umfang untersucht, wie sich die Lebenswege von ehemaligen Teilnehmern entwickelt haben und welche Rolle dabei der Wettbewerb für sie gespielt hat“, schildert Gembris. Dabei konnten die Forscher vollständiges Datenmaterial von knapp über 800 Befragten in die Analyse einbeziehen. Gembris: „Das Durchschnittsalter lag bei 43 Jahren. Frauen und Männer waren gleichermaßen vertreten. Bemerkenswert war insbesondere das sehr hohe formale Bildungsniveau: 62 Prozent besitzen einen Hochschulabschluss, weitere 18 Prozent haben sogar promoviert.“ Mittels eines Fragebogens über physische, psychische, soziale und umweltbezogene Aspekte fanden die Forscher zudem heraus, dass die Lebensqualität der ehemaligen Teilnehmer deutlich über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung liegt, was auch mit jenem Bildungsniveau zusammenhängen könnte.
Hälfte übt heute einen Musikberuf aus
Die Studie ergab, dass etwa die Hälfte der Befragten heute einer beruflichen Tätigkeit mit Musikbezug nachgeht – teils fest angestellt, teils freiberuflich. Von dieser Hälfte arbeiten 40 Prozent freiberuflich als professionelle Musiker. In Orchestern spielen 20 Prozent, einer freiberuflichen musikpädagogischen Tätigkeit gehen 30 Prozent nach. Die andere Hälfte der Befragten, die keinen direkten musikbezogenen Beruf ausübt, arbeitet z. B. in administrativen, sozialen, bildungsbezogenen, medizinischen oder technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen.
„Jugend musiziert“ fördert auch Nachwuchs über die Musik hinaus
Dem Wettbewerb „Jugend musiziert“ bescheinigen 75 Prozent der Befragten einen durchweg positiven Einfluss auf ihre musikalische Entwicklung. Lediglich 3 Prozent berichteten über negative Erlebnisse. „Insbesondere diejenigen, die Musikberufe ergriffen oder am Bundeswettbewerb teilgenommen haben, oder sogar beides, schreiben dem Wettbewerb eine hohe Bedeutung für ihre berufliche Laufbahn zu“, erklärt Gembris. Vor allem der Erwerb von Soft Skills, wie etwa Erfahrungen durch Auftritts-, Wettbewerbs- und Prüfungstraining, genauso wie der Erwerb von Disziplin und Durchhaltevermögen, sei von den Befragten positiv hervorgehoben worden, so der Wissenschaftler.
Die Studie belegt, dass der Wettbewerb weit über den musikalischen Bereich hinauswirkt, wie Gembris feststellt: „Insgesamt zeigt sich, dass „Jugend musiziert“ nicht nur den musikalischen Nachwuchs fördert, sondern auch hochqualifizierte Kulturträgerinnen und Kulturträger sowie Multiplikatoren in außermusikalischen Berufen. Mit einem hohen Maß an musikkultureller Verantwortung für künftige Generationen wirken sie gestalterisch auf das Musikleben in Gesellschaft und Familie ein und nehmen damit Einfluss auf die generationsübergreifende Tradierung und Weiterentwicklung der Musikkultur.“
Musik spielt in der Familie eine wichtige Rolle
Weiterhin zeigt sich: Auch für jene ehemaligen Wettbewerbsteilnehmer, die heute keinen Musikberuf ausüben, bleibt Musik bedeutsam. Gembris: „Mehr als ein Drittel von ihnen musiziert regelmäßig in der Woche oder sogar täglich.“ Grundsätzlich sei Musik bei fast allen Befragten in der Familie verankert: „Bei 95 Prozent spielt die musikalische Erziehung der Kinder eine wichtige Rolle. Die Studie zeigt, dass es bei vielen ehemaligen Wettbewerbsteilnehmern ein hohes Bedürfnis nach Kulturtransfer an nachfolgende Generationen gibt“, erläutert der Musikforscher.
Kamil Glabica, Stabsstelle Presse und Kommunikation