L'UniCo, Radio Hochstift und 1LIVE: Radiomensch Benjamin Meyer im Interview
Benjamin Meyer ist so ein richtiges Sektorkind – nicht zuletzt deswegen ist er kurz nach seinem Studium an der Uni Paderborn bei 1LIVE gelandet. Aufgewachsen in Bielefeld, anschließend für den Bachelor in Geschichte und Sprachwissenschaft nach Paderborn, dann Station beim Paderborner Lokalsender Radio Hochstift für ein Volontariat – und zack weiter zu den Öffentlich-Rechtlichen. Wir haben uns mit dem jungen Ehemaligen getroffen und mal nachgefragt: Wie geht das eigentlich mit so einer Radiokarriere?
Deine Studienzeit ist jetzt drei Jahre her, das heißt: Du bist noch ein sehr junger Ehemaliger. Im Gespräch mit Ehemaligen, die vielleicht vor zwanzig Jahren studiert haben, hört man immer eine schöne Melancholie heraus, wenn sie sich an ihr Studium an der UPB erinnern. Wie ist es bei dir? Woran musst du denken? Ich fang mal ganz klassisch an: Unifestival! Zugegeben, es wäre gelogen zu sagen: Da erinnere ich mich noch am besten dran (er lacht). Die Erinnerungen sind teilweise sehr, sehr verschwommen – aber es war eigentlich immer geil da! Ich glaube, wenn ich es nächstes Jahr zeitlich hinkriege, schau ich da mal wieder vorbei. Ansonsten natürlich die Leute, die ich in dieser Zeit so kennengelernt habe, die WG-Partys, das Mittags-Bier in der Sonne vor dem Pub und dann der viele Kaffee und die vielen Zigaretten. Natürlich war es zwischendurch auch mal anstrengend, vor allem als es dann um die Bachelorarbeit ging. Aber wenn man im Arbeitsleben ist und dann nochmal zurückdenkt, dann war die Zeit an der UPB doch echt eine ziemlich gute Zeit. Ach, und wen ich wahrscheinlich nie vergessen werde, ist eine Dozentin, die gleich mehrere Studenten zum Heulen gebracht hat, weil sie deren Referate einfach so stark kritisiert hat. Die Gute war aber – Gott sei Dank – eine Ausnahme und: Ich hab nicht geweint! Da bin ich immer noch stolz drauf.
Begonnen hat deine Radiokarriere ja tatsächlich hier an der Uni Paderborn. Während deines Studiums hast du beim Uniradio L’UniCo gearbeitet. Was war das für eine Zeit für dich? Ich bin da echt reingerutscht, aber das war eine ziemlich gute Zeit. Eigentlich wollte ich irgendwas mit Finanzen im Lebenslauf haben, deshalb hab ich den Posten dort als Finanzwart von einer Freundin übernommen. Ganz ehrlich: Finanzen sind eigentlich so gar nicht meins, aber dadurch bin ich dann in die Morningshow gerutscht. Einfach mal mitgekommen, dann den Mensa-Speiseplan vorgelesen und auf einmal war ich dann Moderator. Das war schon krass, auch wenn die Hörerzahlen jetzt nicht so hoch waren – aber darum geht’s dabei ja auch nicht. Das war einfach mein Einstieg ins Radio.
Du hast also beim Uniradio erste Erfahrungen sammeln können. Was hast du aus der Zeit für deine späteren Jobs mitnehmen können? Es hat mir erstmal die Angst vor Publikum genommen. Ich war früher doch eher schüchtern, so Referate in Seminaren mit 70 Leuten waren jetzt nicht so meine Lieblingsbeschäftigung – um ehrlich zu sein: Da hatte ich echt Schiss vor. Aber wenn man dann erstmal eine Weile vorm Mikro steht, legt sich das. Auch bei den ersten Umfragen musste ich echt über meinen Schatten springen. Töne schneiden, Beiträge schreiben – das konnte ich da ausprobieren. Wenn ich mir heute nochmal anhöre, was ich da verzapft hab – das ist teilweise echt übel schlecht, aber irgendwo muss man halt anfangen. Für die Arbeit später bei Radio Hochstift hat mir das aber geholfen, weil so ein paar grundlegende Sachen einfach schon da waren.
Du hast es selbst schon angesprochen: Während des Studiums hast du als freier Mitarbeiter beim Lokalsender Radio Hochstift gearbeitet und bist später auch für ein Volontariat geblieben: Was ist für dich das Besondere am Lokaljournalismus? Was Lokaljournalismus ausmacht, ist wirklich dieses Ding „nah dran sein“. Während der Zeit bei Radio Hochstift hab ich die Kreise Paderborn und Höxter wirklich KOMPLETT kennengelernt – jede Stadt, jedes Dorf, vor allem aber auch die Leute. Das macht es irgendwie aus. Außerdem ist der Lokaljournalismus extrem vielfältig. Morgens schreibt man Nachrichten, mittags ist man bei einer Pressekonferenz zu einem Mord und abends steht dann noch Fußball an. Auch die Wochen: Die eine bin ich mit ins Trainingslager vom SC Paderborn gefahren, die nächste habe ich moderiert und die darauf war ich dann in den Nachrichten.
Lokaljournalismus – da denken viele an Schützenfeste und Hasenzüchtervereine. Würdest du den Schritt nach dem Studium in den Lokalhörfunk noch einmal genauso machen? Ja, auf jeden Fall! Lokaljournalismus sollte man echt nicht abwerten als „kleinen Journalismus“. Auch da kann man Dinge aufdecken, Leuten helfen und Meinungen bilden. Meinungsbildung, nicht Meinungsmache. Bei Radio Hochstift war es eine extrem gute Zeit, ich hab so viel gelernt wie wahrscheinlich noch nie in meinem Leben und mich auch persönlich ziemlich entwickelt. Und ganz ehrlich: Auch wenn es „nur“ drei Jahre waren, es war nicht einfach den Sender zu verlassen. Das hat schon wehgetan.
1LIVE ist da schon eine Nummer größer: Wie ist es im Vergleich dazu bei den Öffentlich-Rechtlichen? Wir duzen die Hörer. Das klingt jetzt wirklich klein, macht aber vom Gefühl schon einen Unterschied. Und klar, es ist erstmal nicht so familiär wie beim Lokalradio, aber bei zehnmal so vielen Leuten ist das ja logisch. Die Abläufe sind auch total anders, das wäre jetzt aber wahrscheinlich etwas viel Fachblabla. Ich sag mal so: Hier kümmern sich mehr Leute um eine Sendung und man hat mehr Zeit für bestimmte Sachen. Naja, und die Themen und Aktionen sind halt einfach anders. Wobei „anders“ nicht unbedingt besser oder schlechter heißen muss: Die Zielgruppe ist einfach eine andere. Ich fühle mich hier extrem wohl, was sowohl das Umfeld als auch die Themen angeht – auch wenn´s an manchen Tagen einfach sehr, sehr anstrengend ist.
Seit gut einem halben Jahr arbeitest du als Redakteur und Planer bei 1LIVE, bist vor allem viel hinter den Kulissen unterwegs. Ist 1LIVE für dich ein Traumjob? 1LIVE ist für mich im Moment definitiv ein Traumjob. So lange bin ich ja noch nicht beim Radio und auf einmal arbeitet man mit Moderatoren zusammen, die man schon seit Ewigkeiten hört und gut findet und plant deren Sendung. Mit Mitte/Ende 20 ist es halt auch inhaltlich genau das Richtige. Ich kann mich komplett damit identifizieren.
Du hast die Pader gegen den Rhein getauscht und wohnst jetzt seit mehr als einem halben Jahr in Köln. Gibt es etwas, was dir am Paderborner Leben fehlt? Libori. Nein, eigentlich nicht, aber ich wollte auch mal eine Standard-Antwort geben. Mir fehlen vor allem die Leute aus Paderborn. Also sowohl die aus der Uni als auch die von der Arbeit und – jetzt mach ich mir vielleicht keine Freunde, aber ich soll ja ehrlich sein: Vor allem auch die Nähe zu Bielefeld, da komm ich ja eigentlich her.
Kannst du einschätzen, was dich in der Medienbranche noch alles erwarten wird? Das kann ich wirklich nicht sagen. Vor fünf bis sechs Jahren hätte ich mir im Leben nicht vorstellen können beim Radio zu arbeiten. Auch nicht, dass ich mal moderieren oder Nachrichtensprecher sein würde und vor allem nicht, dass ich bei 1LIVE lande. Wenn man sich reinhängt und nicht nach dem ersten Erfolg sagt „reicht jetzt auch“, dann kann in der Branche viel passieren. Ich bin mir aber doch relativ sicher, dass ich erstmal beim Radio bleibe.
Es gibt viele StudentInnen, die nach dem Studium auch gerne in den Medien arbeiten möchten: Was würdest du ihnen raten? Möglichst viele Erfahrungen sammeln ist immer gut. Ich kann hier nur Werbung für L’UniCo machen. Ich glaube, Uniradio ist für viele der Einstieg gewesen und vor allem merkt man da, ob das wirklich was für einen ist oder eben nicht. Und wer da Morningshow-Moderator ist, gewöhnt sich schonmal ein bisschen daran, vor 9 Uhr aufzustehen. Das habe ich in meiner Unizeit sonst auch eher selten gemacht.
(Das Interview ist im August 2017 geführt worden.)