Qualität von Lehrern und deren Einfluss auf Lernergebnisse von Schülern – Evaluation der deutschen Bildungsexpansion als natürliches Experiment

Überblick

Aufgrund der erheblichen quantitativen Ausdehnung des sekundären Bildungswesens ab den 1960er Jahren in Deutschland hat sich auch der Bestand der Lehrer an Real- und Gesamtschulen sowie an Gymnasien mehr als vervierfacht. Der hieraus resultierende immense Bedarf an Lehrern dürfte einen Einfluss darauf gehabt haben, wer Lehrer werden konnte und wollte. Dieses Forschungsprojekt aus dem Bereich der empirischen Wirtschaftsforschung widmet sich zwei Fragen, die hieraus abgeleitet werden können: Erstens, hat der Ausbau des sekundären Bildungswesens einen Einfluss auf die Berufswahlentscheidung von potenziellen Lehrern und falls ja, wie genau manifestiert sich dieser? Zweitens – und auf diesem Aspekt liegt nach einer möglichen Verifizierung der ersten Frage der Fokus dieses Projekts – haben jene zusätzlichen Lehrer eine andere Fähigkeit Bildung an ihre Schüler zu vermitteln – mit Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler? In der öffentlichen Debatte, wie im wissenschaftlichen Diskurs wurde dieser mögliche Aspekt der Bildungsexpansion bisher nicht betrachtet. Dies liegt vermutlich daran, dass Datensätze, die eine Beantwortung der vorliegenden Forschungsfrage ermöglichen, bislang nicht zur Verfügung standen. Dieses Projekt nutzt mit dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) einen innovativen Datensatz, der es ermöglicht, detaillierte Merkmale über die Gründe der Berufswahl und der schulischen und universitären Leistung von Lehrern mit fachspezifischen Leistungsständen der Schüler, die diese Lehrer ab dem Jahr 2010 unterrichten, zu verbinden. Die Intuition der empirischen Analyse lässt sich wie folgt skizzieren: Es wird die Lernleistung von zwei Schülergruppen im Jahr 2010 verglichen. Eine Schülergruppe wurde zufällig von Lehrern unterrichtet, die kurz vor der Bildungsexpansion eingestellt wurden, die andere wird von Lehrern unterrichtet, die kurz nach der Bildungsexpansion eingestellt wurden. Zur Identifikation dieser beiden Lehrertypen wird ausgenutzt, dass sich die Bildungsexpansion im genauen Zeitpunkt der Einf ¨ uhrung und der Intensität zwischen den Bundesländern graduell unterscheidet. Die empirische Beantwortung dieser beiden Fragen hat aus mindestens drei Gründen eine besondere gesellschaftliche Relevanz: Erstens handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Ereignis, von dem potenziell sehr viele Schüler beeinflusst waren und noch immer sein können: 150.000 zusätzliche Lehrer wurden an höheren weiterführenden Schulen eingestellt, die über ihr Berufsleben hinweg jährlich ca. 2,8 Millionen Schüler unterrichten. Zweitens legen empirische Studien nahe, dass Lernleistungsunterschiede während der Schulzeit für die betroffenen Schüler langfristige Konsequenzen für den Erfolg im späteren Leben haben. Drittens sind Erkenntnisse über die Wirkungsweisen der Bildungsexpansion zum Teil übertragbar auf ähnliche momentan und zukünftig erforderlichen Anpassungen staatlicher Institutionen wie der deutsche Ausbau der Kindertagesstätten. Insbesondere den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr erhöht ebenfalls drastisch den Bedarf an Betreuern. Das könnte den Beruf auch für Menschen attraktiv machen, deren Eigenschaften für die Entwicklung von Kindern weniger förderlich sind.

Key Facts

Laufzeit:
07/2020 - 06/2024
Gefördert durch:
Fritz Thyssen Stiftung

Detailinformationen

Projektleitung

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Prof. Dr. Hendrik Schmitz

Center of International Economics

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Projektmitglieder

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Verena Bade

Statistik und Quantitative Methoden der Empirischen Wirtschaftsforschung

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Dr. Valentin Schiele

Statistik und Quantitative Methoden der Empirischen Wirtschaftsforschung

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