Forscher*innen des Projekts „DataSkop“ entwickeln Datenspende-Tool und untersuchen algorithmische Empfehlungssysteme
Welche Videos empfiehlt der YouTube-Algorithmus verschiedenen Nutzer*innen zur Bundestagswahl? Das soll mithilfe der neuen Datenspende-Plattform „DataSkop“ untersucht werden, die von einem Forschungsverbund unter der Leitung der gemeinnützigen Organisation AlgorithmWatch entwickelt wurde. Dabei wird analysiert, welche personalisierten Empfehlungen und Suchergebnisse die Video-Plattform zu Themen der Bundestagswahl ausspielt. Sechs Wochen lang, vom 15. Juli bis zum 25. August, können YouTube-Nutzer*innen ihre Daten spenden und selbst Einblicke in den Algorithmus gewinnen. Die Erkenntnisse werden noch vor der Wahl im September veröffentlicht. An dem Datenspende-Projekt sind neben AlgorithmWatch Wissenschaftler*innen der Universität Paderborn, der European New School of Digital Studies der Europa-Universität Viadrina, der Fachhochschule Potsdam und des Vereins Mediale Pfade beteiligt.
Der Einfluss von Social Media-Plattformen wie Facebook, Twitter oder YouTube auf politische Debatten und Wahlkämpfe ist spätestens seit der US-Wahl 2016 ein viel diskutiertes Phänomen. Die verzerrenden Auswirkungen und potentiellen Gefahren für demokratische Prozesse seien jedoch noch zu wenig erforscht, so Prof. Dr. Bardo Herzig, Projektleiter an der Universität Paderborn. „Die automatisierten Entscheidungssysteme, die bestimmen, was Nutzer sehen, sind vollkommen intransparent und Social Media-Unternehmen gewähren kaum Zugang für Forschende. Datenspenden von Nutzern haben sich als sinnvolle Methode etabliert, um die Funktionsweise algorithmischer Systeme zu untersuchen“, so der Bildungswissenschaftler und Medienpädagoge weiter.
Algorithmische Empfehlungsprozesse besser verstehen
In dem neuen Datenspende-Projekt analysieren die Partner*innen mehrere Wochen die Personalisierungen durch das Empfehlungssystem der Video-Plattform YouTube während des Bundestagswahlkampfs. Durch die Informationen von Nutzer*innen darüber, welche Videos sie bisher gesehen haben und welchen Kanälen sie folgen, lassen sich Zusammenhänge und Muster zwischen Nutzungsverhalten und dem Empfehlungs-Algorithmus erkennen.
In interaktiven Experimenten können die Nutzer*innen Zusammenhänge zunächst selbst erkunden, bevor sie ihre Daten spenden. „Mithilfe von Visualisierungen – im Detail, wie unter einem Mikroskop oder aufgefächert wie in einem Kaleidoskop – können Nutzer erkennen und verstehen, welche Spuren sie bei der Interaktion mit digitalen Angeboten hinterlassen und was die dabei anfallenden Daten wertvoll und interessant macht“, so Herzig. Ab heute kann jede*r Nutzer*in mit einem YouTube-Konto den DataSkop-Client von der Projektwebsite herunterladen.
Die gespendeten Daten werden dann sowohl von Wissenschaftler*innen der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt Oder) als auch von Datenjournalist*innen von „Der Spiegel“ ausgewertet. Noch vor der eigentlichen Bundestagswahl Ende September sollen erste Erkenntnisse aus den Daten veröffentlicht werden. „Ende dieses Jahres werden wir auf der Plattform zu dem Pilotprojekt dann auch Lernszenarien bereitstellen, die Beispiele zur unterrichtlichen Nutzung des Dataskop-Clients und zur Auseinandersetzung mit Empfehlungssystemen enthalten“, skizziert Herzig die weiteren Projektschritte.
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite der Plattform: http://dataskop.net