Aus­wir­kun­gen der Co­vid-19-Pan­de­mie durch ei­ne na­ti­o­na­le Test­stra­te­gie deut­lich mi­ni­mie­ren

 |  Forschung

Gemeinsame Studie der Universitäten Paderborn und Wuppertal

„Wir brauchen eine veränderte Corona-Test-Politik in Deutschland – und zwar dringend“, fordern Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Gries, Universität Paderborn, und Prof. Dr. Paul Welfens, Präsident des Europäischen Instituts für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Bergischen Universität Wuppertal. Gemäß ihrer Analyse könne eine nationale, systematische Teststrategie weitere Lockdowns überflüssig machen. In einer Studie haben sie untersucht, welche Vorteile eine solche Lösung in Kombination mit einer konsequenten Quarantäneregelung birgt. Der neuartige Ansatz könne erheblich dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu halten, eine relative Normalität wiederherzustellen und die ökonomischen, gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu verringern.

„Unsere Analyse zeigt, dass eine sinnvoll ausgearbeitete, systematische Test- und Quarantänestrategie klar dazu beitragen kann, die Notwendigkeit weiterer flächendeckender sowie zeitlich ausgedehnter Lockdowns zu vermeiden. Auch wenn Hotspot-Regionen immer noch mit entsprechenden lokalen Maßnahmen konfrontiert sein könnten, wäre dies auf nationaler Ebene vermeidbar, wenn die politischen Entscheidungsträger den hier entwickelten Ansatz aufnehmen und schnell in Form einer konsequenten und klar definierten Strategie umsetzen“, erklärt Gries. Die Sicherstellung einer ausreichenden Kapazität von Schnelltests sei eine wichtige Voraussetzung für die Etablierung einer umfassend angelegten nationalen Teststrategie, so der Wirtschaftswissenschaftler weiter.

Der Ansatz der beiden Professoren beinhaltet Tests für symptomatische wie auch asymptomatische Personen und basiert auf einer statistischen Detektionsmethode, „in der durch immer wiederkehrende, systematische Stichproben so viele Infizierte gefunden werden, dass sich das Virus durch die anschließende Quarantäne nicht weiter ausbreitet. Bereits ein wöchentlicher Schnelltest pro Person könnte ausreichen“, sagt Gries. Die Kosten dafür lägen erheblich unter denen eines langanhaltenden bundesweiten Lockdowns. Laut Gries und Welfens sollten die drei notwendigen Schritte für eine nationale Corona-Test-Politik eine massive Erhöhung der Verfügbarkeit von Schnelltests und/oder Labor-Kapazitäten, die Errichtung von ausreichend dezentralen Corona-Test-Stationen in allen Städten, Schulen und größeren Betrieben, medizinischen und öffentlichen Einrichtungen sowie eine transparente Erklärung der Test-Strategie gegenüber der Bevölkerung sein. Welfens erklärt: „Als wesentliche Effekte sind sowohl weniger Infizierte und Covid-19-Sterbefälle als auch eine deutliche Beschleunigung beim ökonomischen Aufschwung in Deutschland zu erwarten.“

Bisher werden in Deutschland Corona-Tests in Krankenhäusern für Medizinpersonal sowie Patient*innen und in Altenheimen für Bewohner*innen plus Beschäftigte sowie für Reiserückkehrer*innen aus Risikogebieten im Ausland durchgeführt. Gries: „Die Zahl der Corona-Tests in der 51. Kalenderwoche 2020 betrug 1,6 Millionen, im gesamten Jahr waren es rund 34 Millionen. Davon waren 4,7 Prozent positiv getestet. Das hat allerdings keine Lockdowns verhindert, speziell nicht den zweiten in Deutschland von November bis heute. Ein dritter nach Ostern ist bei der bisherigen Corona-Strategie ebenfalls denkbar: Jeweils mit großen Schäden für die ökonomische und schulische Entwicklung. Hinzu kommt die massive Einschränkung von Grundrechten.“

Statt eines nationalen Lockdowns gäbe es laut Gries und Welfens Quarantäne-Anordnungen für Corona-positiv Diagnostizierte und deren Kontaktpersonen. Die Ausgaben für den Aufbau einer nationalen Test-Infrastruktur inklusive Durchführung der vorgeschlagenen regelmäßigen Corona-Tests könnten etwa 0,5 Prozent des Nationaleinkommens in der ersten Jahreshälfte 2021 betragen, in der zweiten Jahreshälfte dürfte der notwendige staatliche Ausgabenbetrag laut der Wissenschaftler nur etwa halb so hoch sein. „Die Kosten-Nutzen-Rechnung für Deutschland wäre damit deutlich positiv“, ergänzt Welfens.

Die Studie ist aufrufbar unter:

Deutsch: https://eiiw.wiwi.uni-wuppertal.de/fileadmin/eiiw/Daten/Publikationen/Gelbe_Reihe/jourGriesWelfens2020DE.pdf

Englisch: https://econpapers.repec.org/paper/pdnciepap/139.htm

Grafik (Studie Gries/Welfens).

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Prof. Dr. Thomas Gries

Makroökonomik, Internationale Wachstums- und Konjunkturtheorie

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