Ei­ne Er­in­ne­rung an den Hun­ger­win­ter 1946 in Saa­r­brü­cken: For­schungs­grup­pe des Fachs Kunst gibt Pu­bli­ka­ti­on her­aus

Als Ergebnis eines Kooperationsprojekts der Uni Paderborn im Kontext von „IRAND International Archive and Research Network ‚Historical Child Art‘“ liegt nun eine Publikation vor, an der eine Forschungsgruppe aus dem Fach Kunst / Textil unter Leitung von Prof. Dr. Jutta Ströter-Bender maßgeblich mitgewirkt hat. Die Publikation „Das Danke-Buch aus Saarbrücken, 1946. Eine Erinnerung an den Hungerwinter. Zeichnungen, Briefe und Gedichte von Mädchen in der Nachkriegszeit“ erschien im Mai. Herausgeber sind Jutta Ströter-Bender, Tony O’Herlihy und das Kulturamt Saarbrücken.

Im Hungerwinter 1946 gestalteten Schülerinnen der Cecilienschule Saarbrücken ein sogenanntes Danke-Buch mit Zeichnungen, Briefen und Gedichten für heute unbekannte Repräsentanten der irischen Lebensmittelhilfe. Diese humanitäre Aktion sicherte vielen Kindern das Überleben. Sie fand später Eingang in die Geschichte der Freundschaft zwischen Irland und Deutschland. Saarbrücken, zu dieser Zeit französische Besatzungszone, war durch Bombardierungen zu 90 Prozent zerstört. Es herrschte große Not in der Zivilbevölkerung.

Das kleine Album mit den Dankbildern beinhaltet außergewöhnliche Mädchenzeichnungen mit 88 unterschiedlich gestalteten Szenen der Lebensmittelhilfe und der Schulspeisung. Ebenso werden die Transportwege in Verbindung mit Landkarten sowie das Schulgebäude von innen und außen dargestellt. Stadtansichten mit Ruinendarstellungen zählen gleichfalls dazu. Das Album gibt einen bewegenden Einblick in diese Zeit voller Umbrüche.

2013 begann auf Initiative von Tony O‘Herlihy, dem heutigen Besitzer des Danke-Buches, zwischen dem Kulturamt Saarbrücken und der Deutschen Botschaft in Dublin eine länderübergreifende Wiederentdeckung dieses bedeutenden kulturellen Erbes. Wissenschaftler*innen der Uni Paderborn und der Kunstakademie Düsseldorf erforschten das Buch. Das Kulturamt Saarbrücken initiierte eine Befragung von Zeitzeuginnen. Die 88 Zeichnungen wurden nun durch wissenschaftliche Beiträge in einen historischen und kunsthistorischen Kontext gesetzt.

Die Einzelbeiträge der Publikation im Überblick:

In der vorliegenden Publikation beschreibt Tony O‘Herlihy die Geschichte des Danke-Buches und seine Wiederentdeckung.

Prof. Dr. Kunibert Bering, Kunstakademie Düsseldorf, und Prof. Dr. Jutta Ströter-Bender beleuchten die Bedeutung des Danke-Buches in seiner Dimension als Dokumentenerbe.

Dr. Bernd Haunfelder, Münster, beschreibt die Arbeit der irischen Lebensmittelhilfe.

Birgit Kollet, Kulturamt Saarbrücken, und  eine Zeitzeugin berichten über Saarbrücken 1946 und die Cecilienschule.

Jutta Ströter-Bender zeichnet historische Traditionslinien von Danke-Büchern nach.

Vivian Bierhenke, Promovendin im Fach Kunst an der Uni Paderborn, untersucht die Lebenswelt Ruine im Danke-Buch.

Prof. Dr. Iris Kolhoff-Kahl, Fach Textil der Uni Paderborn, analysiert die Kleidung und Mode in den Mädchenzeichnungen des Danke-Buches.

Juliane Kurz, Promovendin im Fach Kunst an der Uni Paderborn, setzt sich mit Schriften, Texten und Ornamenten auseinander.

Dr. Sabine Weichel-Kickert, Post-doc im Fach Kunst an der Uni Paderborn, setzt die Zeichnungen in einen Dialog mit dem UNESCO Weltdokumentenerbe „The Family of Man“. Das Medium der Fotografie mit dem Blick von außen auf die Kinder und das Medium der Kinderzeichnungen aus ihrer Innenwelt wird damit in einen neuen Kontext gestellt.

Neslihan Pisginoglu, Promovendin im Fach Kunst an der Uni Paderborn, legt eine Auseinandersetzung mit dem historischen Begriff Solidarität vor.

Der Ober-Bürgermeister der Stadt Saarbrücken, Uwe Conradt, schrieb in seinem Grußwort: „Die Landeshauptstadt Saarbrücken begrüßt die aktuellen Bemühungen für die Aufnahme des „Saarbrücker Dankesbuchs“ in das UNESCO Weltdokumentenerbe.“

Weitere Informationen zu „IRAND International Archive and Research Network ‚Historical Child Art‘“: https://international-archives.net

Text: Jutta Ströter-Bender

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