Inwieweit ist die Zusammenarbeit von Lehrkräften im Zeitalter der Digitalisierung eine zentrale Gelingensbedingung für eine zeitgemäße Schul- und Unterrichtsentwicklung? Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich eine Expertenrunde an der Universität Paderborn im Rahmen des Projektes „Medienbezogene Lehrerkooperation als Schulqualitätsmerkmal in der digitalen Welt“ (MeLe). Ziel des Projektes ist es, die Kooperationen zwischen Lehrkräften im Zuge der Digitalisierung umfassend zu erforschen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenprogramm „Empirische Bildungsforschung“ in der Richtlinie zur Förderung von Forschung zu „Digitalisierung im Bildungsbereich - Grundsatzfragen und Gelingensbedingungen“ mit rund 424.000 Euro gefördert.
Die AG Schulpädagogik des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität empfing deshalb Expertinnen und Experten aus Schulpraxis, Bildungsadministration und Bildungsforschung zu einem interdisziplinären Austausch. Als Vertreterinnen der Wissenschaft waren Prof. Dr. Kathrin Fussangel, IFB Bergische Universität Wuppertal, und PD Dr. Ramona Lorenz, IFS TU Dortmund, in Paderborn zu Gast. Eva Pertzel, QUA-LiS NRW, Dr. Dietlinde Stroop und Detlef Schubert, Referentin und Referent Medienbildung der Bezirksregierung Detmold, repräsentierten die Bildungsadministration. Die schulpraktische Perspektive wurde durch die Lehrer Arne Fredriksen, Phoenix-Gymnasium Dortmund, und Andre Middeke, Gymnasium Nepomucenum Rietberg, beleuchtet.
Instrument soll Lehrerkooperationen im Zuge der Digitalisierung erfassen
Einen Schwerpunkt in der Expertenrunde bildete die Entwicklung eines an Kriterien orientierten Instruments zur quantitativen Erfassung von Lehrerkooperationen im Zuge der Digitalisierung. Bisher gebe es kein Instrument, das diese neuen Formen der Zusammenarbeit vollständig erfasst, erklärt Projektleiterin Dr. Kerstin Drossel. Weitgehend unklar sei deshalb auch, welche Formen der Lehrerkooperation sich überhaupt aus der Digitalisierung an Schulen ergeben. Dazu Lehrer Arne Fredriksen: „Lehrerkooperationen sind wahrscheinlich analog und digital ähnlich. Wichtig für reibungslose und gewinnbringende Kooperationsprozesse ist, dass reale und digitale Welt verschmelzen. Lehrerkooperation im Zeitalter der Digitalisierung heißt auch, dass Lehrkräfte sich gegenseitig unterstützen und ihr Know-how teilen.“ In Teamarbeitsphasen entwickelten die Beteiligten Beiträge zur Struktur, zur inhaltlichen Ausgestaltung und zur Praxistauglichkeit des Instruments. „Durch die Einbeziehung unterschiedlicher schulischer Akteure wird gewährleistet, dass verschiedene Perspektiven auf die Thematik berücksichtigt werden können“, sagt Drossel. Mithilfe der Ergebnisse aus der Expertenrunde wird das Instrument in der AG Schulpädagogik, unter der Leitung von Prof. Dr. Birgit Eickelmann, im Projekt MeLe finalisiert und daraufhin in sechs Schulen getestet, bevor letztlich die bundesweite und repräsentative Befragung unter Lehrkräften der Sekundarstufe I stattfindet. Bis Ende 2021 sollen Ergebnisse und ein deutschlandweit einsetzbares Instrument vorliegen, was auch für die schulische Praxis genutzt werden kann.
Potentiale werden in Deutschland nicht hinreichend ausgeschöpft
Lehrerkooperationen tragen einen wichtigen Teil zur Professionalisierung bei, schildert das interdisziplinär aufgestellte Team rund um Drossel. Das sei von besonderer Bedeutung, da die stetigen Entwicklungen im Bildungsbereich, wie die Implementierung digitaler Medien in der Schule, fortwährend pädagogische, didaktische und technische Kompetenzerweiterungen der Lehrkräfte notwendig machen. Im Team sollen solche Neuerungen besser bewältigt werden können. Im internationalen Vergleich zeigt sich jedoch nicht zuletzt anhand der International Computer and Information Literacy Study (ICILS 2013), dass Lehrkräfte in Deutschland vergleichsweise wenig zu Themen rund um die Digitalisierung zusammenarbeiten und die Potentiale, die eine Lehrerkooperation in der digitalen Welt bietet, bislang in Deutschland nicht hinreichend ausgeschöpft werden.
Link zur Projekthomepage: https://go.upb.de/mele