Konsum ist laut einer Studie der Universitäten Paderborn und Bonn rückläufig, liegt aber über den Empfehlungen
Heranwachsende sind besonders anfällig für eine hohe Zuckerzufuhr, da sie eine genetisch bedingte hohe Präferenz für süße Lebensmittel besitzen. Bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter nimmt diese Vorliebe langsam ab. Forscher der Universitäten Paderborn und Bonn zeigen, dass die Zuckerzufuhr bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland seit 2005 zwar rückläufig ist, aber weiterhin über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt. Die Studie ist nun im „European Journal of Nutrition“ veröffentlicht worden.
Eine hohe Zuckerzufuhr wird mit einem höheren Risiko für verschiedene Krankheiten wie Zahnkaries, Übergewicht und Adipositas sowie Herzkreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund begrenzte die Weltgesundheitsorganisation 2015 die Zufuhrempfehlung von freiem Zucker auf maximal zehn Prozent der Tagesenergieaufnahme. Seit 2018 schließt sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung dieser Empfehlung an. Mit freiem Zucker ist der Zucker in der Nahrung gemeint, der vom Hersteller oder bei der Zubereitung im Haushalt zugefügt oder der natürlich in Säften enthalten ist. Der Gesamtzucker berücksichtigt dagegen den kompletten Zuckergehalt eines Lebensmittels einschließlich des natürlich enthaltenen Zuckers.
Ein Team aus Wissenschaftlerinnen der Universitäten Paderborn und Bonn untersuchte den Zuckerkonsum von 1.312 Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren. In den Jahren von 1985 bis 2016 wurden im Rahmen der DONALD-Studie (DOrtmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) für diese Teilnehmer Drei-Tage-Wiegeprotokolle und damit auch der Anteil an freiem und Gesamt-Zucker erfasst.
Langzeituntersuchung an 700 Heranwachsenden
Bei der DONALD-Studie handelt es sich um eine Langzeituntersuchung zur Auswirkung der Ernährung auf den Menschen, die vom Land Nordrhein-Westfalen finanziert wird. Dieses Forschungsprojekt wird außerdem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gefördert.
An der Studie nehmen derzeit 700 gesunde Kinder und Jugendliche teil. Bei den Probanden werden seit 1985 vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter in regelmäßigen Abständen detaillierte Daten zu Ernährung, Wachstum, Entwicklung, Stoffwechsel und Gesundheitsstatus erhoben. Seit Januar 2012 gehört die in Dortmund durchgeführte Langzeitstudie als Außenstelle zum Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften (IEL) der Universität Bonn.
An der Auswertung der Zuckertrendanalysen arbeiteten Wissenschaftlerinnen der DONALD-Studie in Kooperation mit Prof. Dr. Anette Buyken von der Universität Paderborn. Insgesamt wurden 10.761 Drei-Tage-Wiegeprotokolle auf Alters- und Zeittrends in der Zuckeraufnahme untersucht. Demnach nahm die Zufuhr an freiem Zucker in den Jahren von 2005 bis 2016 leicht ab, lag aber immer in diesen Jahren im mittleren Wert noch bei über 16,3 Prozent der Tagesenergieaufnahme.
Vermutlich wird noch mehr Zucker verzehrt
„Auch wenn der Rückgang der Zuckeraufnahme bereits eine erfreuliche Entwicklung ist, liegt die Zufuhr noch weit über den Empfehlungen“, sagt Dr. Ute Alexy von der Universität Bonn, die die DONALD-Studie leitet. Da die Studienteilnehmer aus Familien mit einem hohen sozioökonomischen Status kommen, liege die Zuckerzufuhr in der Gesamtbevölkerung in Deutschland vermutlich noch deutlich höher. „Es reicht aber sicher nicht aus, weiter über die negativen Auswirkungen einer hohen Zuckerzufuhr aufzuklären. Vielmehr bedarf es einer abgestimmten Kombination von ernährungspolitischen Maßnahmen zur Verringerung des Zuckerzusatzes in unseren Lebensmitteln“, sagt die Paderborner Professorin Dr. Anette Buyken.
Außerdem hatte das Alter einen Einfluss auf den Konsum an Süßem: Der Anteil von Gesamtzucker an der Energiezufuhr nahm mit zunehmendem Alter ab. Dagegen hatten die jüngsten Probanden im Alter von drei bis vier Jahren die niedrigste Zufuhr an zugesetzten Zuckern. „Wir vermuten eine Verschiebung der Zuckeraufnahme aus natürlichen Quellen wie Obst und Fruchtsäften mit steigendem Alter hin zur verstärken Zuckeraufnahme aus Süßigkeiten, Getränken und gesüßten Milchprodukten“, sagte Ines Perrar, Doktorandin an der Universität Bonn. „Dies soll anhand weiterer Analysen untersucht werden.“ Die Wissenschaftlerinnen erforschen derzeit, ob der Rückgang des Verzehrs spezieller Lebensmittelgruppen für die Abnahme der Zuckeraufnahme verantwortlich ist und ob die Trendanalysen anhand der Nutzung eines Biomarkers bestätigt werden können.