Kom­men­tar des Zen­trums für Ge­schlechter­stu­di­en/Gen­der Stu­dies zur „klei­nen An­fra­ge“ der AfD zur Un­ter­stüt­zung von Gen­der Stu­dies durch die Uni­ver­si­tä­ten des Lan­des NRW

Die Landtagsfraktion der AfD fordert aktuell mit einer „kleinen Anfrage“ die Landesregierung auf, ihre mögliche Unterstützung von „Gender Studies“ zu legitimieren. Das Zentrum für Geschlechterstudien/Gender Studies der Universität Paderborn gibt hierzu folgenden Kommentar ab, der zugleich als „Erklärungshilfe“ für Universität und Landesregierung gedacht ist.

Die Kennzeichnung „Gender Studies“ ist ein Neologismus, der neuerdings in der Presse in sehr missverständlicher Weise verwendet wird. Die von der Landesregierung NRW in den 1980er Jahren landesweit eingerichteten und im „Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW“ organisierten Professuren verwenden meistens den Ausdruck „Geschlechterforschung“: Dieser Ausdruck soll die breite und komplexe interdisziplinäre wissenschaftliche Perspektive geschlechterbezogener Forschungen repräsentieren.

In der Geschlechterforschung wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass es „biologische Unterschiede“ zwischen Menschen gibt – ihre Forschungen befassen sich jedoch mit der Frage, welche Bedeutung diesen Unterschieden im jeweiligen gesellschaftlichen Diskurs beigemessen wird, welche Faktoren dies beeinflussen und welche Folgen daraus jeweils erwachsen. Diese Forschungen haben seit den 1970er Jahren zu einem enormen Zuwachs an Wissen und differenzierten Einsichten in Bezug auf Gesellschaften und Geschichte oder die Selbstpositionierung von Individuen geführt, der in keiner Fachdisziplin ernsthaft bezweifelt wird (außer von einigen selbsternannten ‚Gegnern‘). Dass dabei auch unterschiedliche Auffassungen sichtbar werden, ist für Wissenschaft insgesamt konstitutiv.

Sogenannte „Kritische Stimmen“, die sich aktuell „gegen Gender“ äußern, hängen sich fast immer an einzelnen Äußerungen auf und sind allermeist nicht zu einer seriösen Einschätzung der Breite, des wissenschaftlichen Gehalts und Ertrags der Geschlechterforschung in der Lage. Die mit dem Präsidium unserer Partnerhochschule Kassel im vergangenen Jahr über zwei Semester veranstaltete interdisziplinäre Reihe „Erkenntnisprojekt Geschlecht“ konnte dies auf hohem wissenschaftlichen Niveau bezeugen, ebenso wie viele vom Zentrum für Geschlechterstudien/Gender Studies angebotenen Veranstaltungen, Tagungen und Projekte. Die Produktivität geschlechterbezogener Forschung kann so für den Erkenntnisgewinn aller Disziplinen nutzbar gemacht werden.
 

Zentrum für Geschlechterstudien/Gender Studies der Universität Paderborn