„Er­in­ne­rungs­or­te in Bel­gi­en zwi­schen lo­ka­ler, re­gi­o­na­ler und na­ti­o­na­ler Sinn­stif­tung“ – Ta­gung des Pa­der­bor­ner Bel­gi­en­zen­trums (BELZ) am 26. und 27. Ok­to­ber an der Uni­ver­si­tät Pa­der­born

Am Donnerstag, 26. Oktober, 13 bis 18 Uhr, und Freitag, 27. Oktober 2017, 9 bis 16 Uhr, findet an der Universität Paderborn die Tagung „Erinnerungsorte in Belgien zwischen lokaler, regionaler und nationaler Sinnstiftung“ des Paderborner Belgienzentrums (BELZ) statt.

Einen öffentlichen Abendvortrag wird Géry Dumoulin vom Musikinstrumentenmuseum Brüssel über den Erfinder des Saxophons halten: „The Sax phenomenon: a multifaceted memory space in Dinant and beyond“. Der Vortrag findet um 19.30 Uhr im Deelenhaus in Paderborn statt. Im Anschluss gibt es die Gelegenheit, bei einem Konzert einen der bekanntesten belgischen Erinnerungsorte sinnlich zu erleben: Fanny Perche (Saxophon) und Julien Gillain (Klavier) präsentieren eine Zeitreise durch die Geschichte des belgischen Jazz und seiner bekanntesten Vertreter. Der Eintritt zu Vortrag und Konzert ist frei.
 

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Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Begriff der Erinnerungsorte Konjunktur und stand Pate bei einer Vielzahl von Sammelbänden und Studien, die nicht die Wirkung von Ereignissen und Strukturen auf die Gegenwart in den Blick nahmen, sondern untersuchten, wie bestimmte Nationen, aber auch andere Gemeinschaften sich ihre als eigen verstandene Vergangenheit aneigneten. Nicht die Geschichte selbst, sondern ihre Sinngebung im Hier und Jetzt standen im Mittelpunkt. Dabei zielten solche Bemühungen nicht einfach darauf ab, den Umgang einer Gemeinschaft oder Gesellschaft mit ihrer Geschichte zu erfassen. Vielmehr wurden und werden die Erinnerungsorte auch als Wegmarken verstanden, um zu einem besseren Verständnis der Beziehungen zwischen kollektivem Gedächtnis, kollektiver Identität und Gemeinschaftsbildung zu gelangen.

Angesichts der Mannigfaltigkeit von Erinnerungsorten, aber auch dank der anfänglichen Konzentration ihrer Aufarbeitung auf nationale Kulturen wurde leicht vergessen, dass eine Reihe von Erinnerungsorten nicht nur für ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Nation von Belang sind, sondern zugleich oder auch zu anderen Zeiten für die Bildung von regionalen oder lokalen Identitäten eine wichtige Rolle spielen.

Eine solche Mehrfachfunktionalisierung kann man schon in Deutschland beobachten, mehr aber noch zeigt sie sich im ebenfalls föderalen Belgien, das zudem über unterschiedliche Sprachgemeinschaften verfügt und dessen größere Städte mit einem historisch gewachsenen Selbstbewusstsein ausgestattet sind, das noch heute von der Erinnerung an ihre einstige Autonomie und wirtschaftliche Bedeutung zehrt. Von daher bietet das heutige Belgien ein bestens geeignetes Untersuchungsfeld, um die unterschiedliche Nutzung von ein und demselben Erinnerungsort auf verschiedenen Ebenen des Gemeinschaftsbewusstseins zu erkunden. Genau dies ist das Ziel der Tagung des Paderborner Belgienzentrums (BELZ) am 26. und 27. Oktober an der Universität Paderborn.

Sie konzentriert sich dabei auf Personen, die im kollektiven Gedächtnis bestimmter Orte, aber auch einer der Regionen oder der belgischen Nation eine Rolle spielen. Der historische Bogen reicht von spätmittelalterlichen Aufständischen wie Jakob von Artevelde über die Habsburger Fürsten der Frühen Neuzeit und den Maler Peter Paul Rubens bis zum Krimiautor Georges Simenon und der belgischen Königsfamilie. Welche Taten, Leistungen oder Vorgänge haben diese Personen erinnerungswürdig gemacht? Wer waren die Träger, die sich um die Erinnerung bemüht haben? Was wurde erinnert und was wurde zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht erinnert? Und gab und gibt es Unterschiede, je nachdem, ob die Erinnerung lokal, regional oder national in Anspruch genommen wurde? Diesen Fragen widmen sich Vertreter und Vertreterinnen sowohl der Geschichtswissenschaft als auch der Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaft.

Weitere Informationen und Tagungsprogramm unter: www.kw.uni-paderborn.de/belz.