Liebe Hochschulangehörige der Universität Paderborn,
ich möchte Sie heute mit einem offenen Brief über die aktuelle Situation informieren, die sich in den letzten Wochen im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Hochschulrates an der Universität Paderborn entwickelt hat.
Einige von Ihnen hätten sich eine solche Erklärung vielleicht schon früher gewünscht. Ich möchte Ihnen in diesem offenen Brief darlegen, warum es erst jetzt dazu kommt.
Chronologischer Abriss:
- Das neue Hochschulfreiheitsgesetz (HFG) des Landes Nordrhein-Westfalen sieht eine demokratische Wahl des Hochschulrates vor.
- Der Vorschlag für geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für den Hochschulrat der Universität Paderborn erfolgte durch eine Auswahlkommission, die vom Senat eingesetzt wurde.
- Die Bestätigung der Liste mit den Kandidaten für den Hochschulrat durch den Senat der Universität erfolgte am 25. April 2007 (Uni-Pressemitteilung, 25.4.2007). Dabei wurden Aspekte auch der Vergangenheit und der Erfahrungen speziell im Fall von Frau Professor Gertrud Höhler diskutiert. Es kam dann zu einer Bestätigung der vorgelegten Liste und damit mittelbar zu einer Wahl von Frau Höhler.
- Im Nachhinein wurden Informationen darüber bekannt, dass Räumlichkeiten von Frau Höhler an die NPD vermietet wurden. Der Informationsstand hat sich in der letzten Woche dergestalt entwickelt, dass zunächst der Vorsitzende des Hochschulrates am 22. Juni 2007 eine Stellungnahme abgeben hat. Dieser Stellungnahme hat sich das Rektorat der Uni umgehend angeschlossen und am 22.6. in einem Pressegespräch die Öffentlichkeit informiert (s. Pressemitteilungen Anhang).
- Der Senat hat sich nun ebenfalls mit folgender Stellungnahme geäußert: „Als Folge der vorausgegangenen Geschehnisse und Diskussionen sieht der Senat der Universität Paderborn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Hochschulrat als nicht mehr gegeben an und bittet daher Frau Professor Dr. Höhler, ihr Amt als Hochschulrätin niederzulegen.“
- Frau Höhler hat sich bis heute nicht dazu bereit erklärt, zurückzutreten. Hingegen hat sie in einem Gespräch mit der Rheinischen Post (28.6.2007) ihren Kritikern vorgeworfen: „Es geht nicht um Gerechtigkeit, es geht um Vernichtung.“
- Das Hochschulgesetz sieht hier keine Möglichkeit vor, einzugreifen. Ein Mitglied des Hochschulrates kann nicht ohne weiteres aus dem Amt entfernt werden. Deswegen hat der Vorsitzende des Hochschulrates für den kommenden Montag, 2. Juli 2007, zu einer außerordentlichen Sitzung an die Universität Paderborn eingeladen, um die aktuelle Lage zu diskutieren und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Ziel bleibt es, Frau Höhler zum Rücktritt zu bewegen, damit der Hochschulrat zu seiner Sacharbeit zurückkehren und die Universität wichtige Zukunftsentscheidungen unbelastet von Auseinandersetzungen um eine einzelne Person im Hochschulrat treffen kann.
Fazit:
Auf Basis des bei der Senatssitzung am 13.6. bekannten Informationsstandes hatten Senat und Rektorat vereinbart, von weiteren öffentlichen Stellungnahmen abzusehen. An diese Vereinbarung fühlte ich mich gebunden. Selbstverständlich haben an der Universität Paderborn viele Gespräche stattgefunden und genauso selbstverständlich war es für das Rektorat, sich trotz der vielen anderen, terminlich drängenden Aufgaben intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Zum heutigen Zeitpunkt, an dem sich Frau Höhler trotz Aufforderungen durch den Hochschulratsvorsitzenden und das Rektorat sowie einer entsprechenden Bitte des Senats nicht zum Rücktritt bereit erklärt, sehe ich es nunmehr als unvermeidbar, eine öffentliche Erklärung abzugeben. Ich bitte Sie nochmals um Verständnis dafür, dass ich mich erst jetzt in dieser Form an Sie wende.
Über die vielen Bekundungen von Angehörigen der Hochschule, die deutlich machen, wie sehr ihnen das Wohlergehen der Universität Paderborn am Herzen liegt, habe ich mich sehr gefreut. Ich bitte Sie darum, Vertrauen in die Handlungsfähigkeit sowohl des Hochschulrates als auch der Hochschulleitung zu setzen. Es wird alles erdenklich Mögliche getan, um schnell zu einer Lösung zu kommen, damit wir uns wieder mit voller Kraft auf unsere Arbeit in Wissenschaft, Forschung, Lehre und Studium konzentrieren können.
Das können wir dann auch wieder getrost tun, um den vielen Erfolgen, die wir aufzuweisen haben, weitere hinzuzufügen.
Ihr
Nikolaus Risch
Ergänzend wird auf die Stellungnahmen/Pressemitteilungen vom 22.6.2007 hingewiesen, die auch über die Homepage der Universität www.upb.de unter Aktuelles – dort Archiv Pressemitteilungen – aufrufbar sind:
Pressemitteilung, 22.06.2007
Zum aktuellen Stand der Diskussion um Prof. Dr. Gertrud Höhler teilt der Vorsitzende des Hochschulrates der Universität Paderborn mit
Prof. Dr. Gertrud Höhler hat am 21.6.2007 gegenüber dem Vorsitzenden des Hochschulrates, Prof. Dr. Winfried Schulze, im Wesentlichen die Richtigkeit der Aussagen ihres Zwickauer Hausverwalters bestätigt, dass sie von Anfang an über den Zweck der Anmietung durch den NPD-Abgeordneten Peter Klose informiert war. Zu einem etwaigen Rücktritt sei sie nicht bereit, außerdem erklärte sie, sich zu der strittigen Mietsache öffentlich nicht äußern zu wollen.
Der Vorsitzende des Hochschulrates hat umgehend alle Hochschulratsmitglieder, das Rektorat und das Ministerium über diesen Sachstand informiert, um ein Meinungsbild einzuholen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Unabhängig davon ergibt eine erste Prüfung, dass der Hochschulrat kaum eine formale Handhabe gegen eines seiner Mitglieder hat.
Pressemitteilung, 22.06.2007
Rektorat schließt sich der Empfehlung des Hochschulrats der Universität Paderborn an
Der Rektor der Universität Paderborn Prof. Dr. Nikolaus Risch teilte in einer Pressekonferenz am 22.6.2007 mit, dass sich das Rektorat der Empfehlung des Hochschulratsvorsitzenden Prof. Dr. Winfried Schulze und des Wissenschaftsministers Prof. Dr. Andreas Pinkwart an Prof. Dr. Gertrud Höhler anschließt, sich aus der Arbeit des Hochschulrats zurückzuziehen.
Der Rektor betonte, was er bereits bei einer Pressekonferenz am 6.6.2007 und in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber den Medien am 11.6. geäußert hat: Die Hochschule ist erst, wie auch die auf der Pressekonferenz nachfragenden Journalisten selbst, durch den entsprechenden FAZ-Artikel vom 11. Mai auf die intensiv diskutierte Mietsache aufmerksam geworden. Die Universität ist wie alle Beteiligten zunächst davon ausgegangen, dass Prof. Dr. Gertrud Höhler von der Vermietung ihrer Geschäftsräume in Zwickau an einen sächsischen NPD-Abgeordneten erst im Nachhinein aus den Medien erfahren hat und keine rechtliche Möglichkeit sah, den Mietvertrag nachträglich zu kündigen. Die Auswahlkommission des Senats der Universität Paderborn hatte Prof. Dr. Höhler zu einem Zeitpunkt als künftiges Mitglied des Hochschulrats vorgeschlagen, zu dem der im Pressegespräch thematisierte FAZ-Artikel nicht bekannt war.
Auf diesem Informationsstand hatten Senat und Rektorat vereinbart, von weiteren öffentlichen Stellungnahmen abzusehen.
Ende letzter Woche erreichte die Öffentlichkeit die neue Information, dass nach Äußerungen ihrer Haus- und Grundstücksverwaltung davon auszugehen ist, dass Prof. Dr. Höhler entgegen bisheriger Annahmen bereits bei Abschluss des Mietvertrags Mieter und Zweck der Anmietung kannte. Anfang dieser Woche hat der Hochschulratsvorsitzende Prof. Dr. Gertrud Höhler um eine schriftliche Stellungnahme zur Aufklärung des Sachverhalts gebeten. Am gestrigen Tage (21.6.) hat Prof. Dr. Höhler die Richtigkeit der Medienberichterstattung im Wesentlichen bestätigt und erklärt, sich zu den Vorwürfen weiter nicht äußern zu wollen. Ferner sei sie nicht bereit, der persönlichen Empfehlung des Hochschulratsvorsitzenden zu folgen, ihr Amt freiwillig zur Verfügung zu stellen, um weiteren Schaden von der Institution des Hochschulrats und der Universität Paderborn abzuwenden. Der Hochschulratsvorsitzende bedauert diese Haltung von Prof. Dr. Höhler; er hat unverzüglich die übrigen Mitglieder des Hochschulrats, Rektorat und Wissenschaftsminister Pinkwart über die neue Sachlage informiert, um das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit abzustimmen. Darüber hinaus hat er heute (22.6.) ein Telefonat mit Minister Pinkwart geführt. Hochschulratsvorsitzender und Minister sind sich in der politischen Bewertung der Sachlage einig und haben sich darauf verständigt, gemeinsam die Handlungsmöglichkeiten von Hochschulrat und Ministerium in dieser Angelegenheit zu prüfen.
Das Rektorat der Universität Paderborn schließt sich der Haltung des Hochschulratsvorsitzenden uneingeschränkt an. Das Rektorat ist einer Stellungnahme nicht ausgewichen, sondern hat sich an den Beschluss des Senats gehalten, die Angelegenheit öffentlich nicht zu kommentieren. Das Rektorat hofft, dass die Auseinandersetzung möglichst bald zu einem Abschluss kommt, damit die Universität Paderborn sich unbelastet von Personalquerelen auf ihre eigentlichen Aufgaben in Forschung und Lehre konzentrieren kann.
Foto: Rektor Prof. Dr. rer. nat. Nikolaus Risch