Ein Museumskoffer erklärt in der Museumspädagogik der Gemäldegalerie Alter Meister in Schloss Wilhelmshöhe (Kassel) Pigmente, Farben und Techniken der Malerei.
In Zusammenarbeit mit der Museumspädagogik der Museumslandschaft Hessen Kassel, insbesondere mit der Museumspädagogin Sabine Buchholz, hat die Künstlerin und angehende Kunstpädagogin Sabrina Zimmermann einen Museumskoffer konzipiert, der mit seinen praktischen und theoretischen Inhalten direkt an die „Gemäldegalerie Alte Meister“ in Schloss Wilhelmshöhe angebunden ist.
Im Rahmen einer Familienführung durch das Museum wird der Museumskoffer am Sonntag, den 12. Oktober, der Öffentlichkeit präsentiert. An die Führung schließt sich für die Kinder und Eltern ein Workshop zum Thema „Grisaillemalerei“ an, in dem die TeilnehmerInnen praktisch das Mischen des farbigen Graus erproben können.
Der Museumskoffer verbindet die Theorie und die Praxis von Malerei mittels einer konkreten Anbindung an das Museum. Eine Malerei kann nur entstehen, wenn Linien und Flächen mittels Farbe auf den Malgrund aufgebracht werden. Aber woraus besteht Farbe eigentlich und wie wird sie hergestellt? Der Museumskoffer behandelt zum einen die Geschichte der Pigmente und die Herstellung von Farbe als elementaren Bestandteil der Malerei. In einem weiterführenden Schritt werden verschiedene Techniken der Malerei vorgestellt, die auch erprobt werden können. Der Museumskoffer bietet außerdem die Möglichkeit, mit vier konkreten Bildbeispielen aus der Gemäldegalerie Alte Meister auf verschiedenen Ebenen zu arbeiten:
Im Koffer finden sich verschiedene organische und mineralische Pigmente – samt einiger ihrer Rohmaterialien – und Ingredienzien zur Farbherstellung. Zudem gibt er eine Einführung in die klassischen Techniken der Malerei. In Form von Anleitungen können die verschiedenen Techniken (Illusionsmalerei, Schichtenmalerei, Graumalerei u. a.) ausprobiert werden. Neben den schriftlichen Anleitungen bietet der Koffer Schautafeln, auf denen Farbkunde und verschiedene Techniken der Malerei beispielhaft aufgearbeitet sind. So lassen sich u. a. Materialimitationen (Marmor und Malachit), eine Graumalerei und eine Temperamalerei finden.
In konkreter Anbindung an das Museum werden ausgewählte Gemälde von Rembrandt, Jacob Cornelisz. van Oostsanen, Jacob De Wit und Johann Heinrich Tischbein d. Ä. nicht nur vorgestellt, sondern es werden mit ihrer Hilfe Maltechniken erarbeitet: Zum Beispiel wird die Technik der Graumalerei anhand der Allegorien der Jahreszeiten des Künstlers Jacob de Wit erläutert. Im Koffer wird erklärt, wie ein farbiges Grau gemischt werden kann. Dazu finden sich verschiedene Übungen und spannende Experimente. Zusätzlich bietet der Koffer eine „Gemäldecheckliste“, die eine Annäherung auch an andere Werke der Gemäldegalerie ermöglichen soll.
Ein weiteres Highlight des Museumskoffers sind die beiden Handpuppen. „Rembrandt“, als großer Künstler, kann nicht nur über seine Bilder erzählen, sondern auch Techniken der Malerei erklären. „Friedrich II. Landgraf von Hessen-Kassel“ kann Interessantes aus seinem Leben oder über das Museum erzählen.
Das Ziel des Museumskoffers ist es also, Kindern und Jugendlichen – aber auch Erwachsenen – einen neuen Zugang zur Malerei zu eröffnen. Die didaktische Vermittlungsstrategie des Museumskoffers orientiert sich dabei an den Prinzipien des klassischen Realienunterrichts. Das konkrete, praktische Tun, in all seinen Formen (Experimentieren, (Aus-)Probieren, Konstruieren, Gestalten, Produzieren u. a.), hat das Ziel einer handelnden, begreifenden und erlebenden Auseinandersetzung mit den Inhalten des Museumskoffers und einer gleichzeitigen Vermittlung von Wissen. Die Auseinandersetzung mit den Kofferinhalten erfolgt dabei mittels einer "ganzheitlichen" Beteiligung aller Sinne. Die ästhetischen Erfahrungen und Zugänge, die der Museumskoffer den Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen bietet, ermöglichen eben diese vielfältigen Sinnesorganerfahrungen. Durch den Museumskoffer haben die „AnwenderInnen“ die Möglichkeit, sich aktiv Inhalte zu erschließen und schöpferisch-kreativ tätig zu werden. Der Museumskoffer ermöglicht also ein handlungsorientiertes, entdeckendes und experimentelles Arbeiten und Lernen.
Allgemeine Informationen zum Museumskofferprojekt
Museumskoffer sollen nicht nur die spätere Berufspraxis von LehrerInnen im Fach Kunst und in der Kulturvermittlung begleiten, sondern sie gehören bereits in zahlreichen Museen zur pädagogischen Praxis und können neben der konkreten Nutzung im Museum auch zur Vor- und Nachbereitung im Klassenzimmer genutzt werden. Dabei leisten die Koffer durch ihre besondere Materialität einen sinnlichen, anschaulichen und kreativen Beitrag zur Erweiterung des „Welt- und Kunstwissens“ von Heranwachsenden.
Das kunst- und museumspädagogische Konzept der „Museumskoffer für das UNESCO-Welterbe“ gehört im Bereich des Kunstpädagogik-Studiums an der Universität Paderborn seit mehr als 10 Jahren zum Lehr- und Forschungsprogramm und besitzt einen bundesweiten Modellcharakter. Initiiert wurde das Projekt durch die Universitätsprofessorin Dr. Jutta Ströter-Bender (Professur „Kunst und ihre Didaktik“).
Das Museumskofferprojekt wurde 2002 mit dem Forschungspreis der Universität ausgezeichnet. Im Jahr 2007 erhielt es den Preis „Geist begeistert“ des Bundesministeriums für Forschung und Bildung. Zudem wurde das Projekt 2012 in der Kategorie „Kultur und Kunst“ durch eine hochrangig besetzte Jury für ein Buch der Standortmarketingkampagne „Germany at its best: Nordrhein-Westfalen“ ausgewählt.
Informationen zur Künstlerin:
Sabrina Zimmermann ist Künstlerin und Lehramtsstudentin für die Schulformen Gymnasium und Gesamtschule (Kunst und Deutsch). Als studentische Mitarbeiterin bei Prof. Dr. Jutta Ströter-Bender am Institut für Kunst an der Universität Paderborn ist sie seit 2010 mit der tutoriellen Seminar- und Projektbetreuung für Malerei und die „Museumskoffer für das UNESCO-Welterbe“ im Rahmen der „World Heritage Education“ betraut.
Kontakt: SZimmermann6@gmx.de
Informationen zum Museum:
Museum Schloss Wilhelmshöhe
Gemäldegalerie Alte Meister und Antikensammlung
Schlosspark 1
Kassel
Weitere Informationen zum Museumskofferprojekt an der Universität Paderborn finden Sie unter folgendem Link: http://www.upb.de/museumskoffer
Kontakt:
Prof. Dr. Jutta Ströter-Bender
E-Mail: stroeter@zitmail.uni-paderborn.de
Text: Sabrina Zimmermann