Vor­trag von Dr. An­drea Worm (Graz) am 1. Ju­li über "Das Ru­di­men­tum No­vi­ti­o­rum von 1475. Zeit, Welt und Ge­schich­te in ei­ner spät­mit­tel­al­ter­li­chen Chro­nik"

Das "Institut zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens" (IEMAN) und Prof. Dr. Ulrike Heinrichs (Institut für Kunst, Musik, Textil/Fach Kunst) laden im Rahmen der Vortragsreihe "Bild und Wissen in den Kulturen des Mittelalters" herzlich zum Vortrag von Dr. Andrea Worm (Graz) ein. Dr. Worm wird am Dienstag, 1. Juli, über "Das Rudimentum Novitiorum von 1475. Zeit, Welt und Geschichte in einer spätmittelalterlichen Chronik" sprechen. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr c. t. im Raum W 1.101. Interessierte sind herzlich eingeladen.

Lucas Brandis, der sich 1473 als erster Drucker in Lübeck niederließ, brachte dort 1475 eine lateinische Weltchronik mit dem Titel Rudimentum Novitiorum heraus, was etwa mit "Leitfaden für Anfänger" übersetzt werden kann. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich dabei um eines der umfangreichsten Wissenskompendien, die das 15. Jahrhundert hervorgebracht hat, in Umfang und künstlerischer Ausstattung nur der 1493 in Nürnberg gedruckten – und heute ungleich bekannteren – Weltchronik Hartmann Schedels vergleichbar. Die konventionell anhand der sechs Weltzeitalter gegliederte Chronik beginnt mit der Schöpfung und ist bis zum Jahr des Drucks geführt. Unter anderem enthält das Buch umfangreiche Exkurse zur Gestalt der Welt und ihrer Teile sowie eine Beschreibung des Heiligen Landes, denen jeweils Karten beigegeben sind, die als die frühesten überhaupt im Medium des Buchdrucks verbreiteten Karten besonderes Interesse verdienen.

Das bislang in der Forschung nur wenig beachtete Rudimentum Novitiorum ist das Werk einer Schwellenzeit, denn einerseits verwendet es ein letztlich noch hochmittelalterliches Konzept zur Visualisierung von Geschichte, andererseits werden sich bereits humanistische Texte und Vorstellungen aufgegriffen. So ist das Rudimentum Novitiorum insgesamt aufschlussreich dafür, was im 15. Jahrhundert für wissenswert erachtet wurde. Seine genauere Untersuchung vermittelt darüber hinaus Einblicke im Bezug darauf, wie dieses Wissen über Zeit, Welt und Geschichte strukturiert und visualisiert, und damit für die Leser/Betrachter interpretiert wurde.
 

Nicola Karthaus

Abbildung: Weltkarte, Rudimentum Novitiorum, Lübeck: Lucas Brandis, 1475 (Rostock, Universitätsbibliothek, Rb 90, fol. 74v-75r)
Abbildung: Weltkarte, Rudimentum Novitiorum, Lübeck: Lucas Brandis, 1475 (Rostock, Universitätsbibliothek, Rb 90, fol. 74v-75r)