Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger (Harvard Medical School, Boston) trat am 1. April die Lehrstuhlleitung am Sportmedizinischen Institut der Universität Paderborn an. Der Neurologe wird den Bereich „Exercise & Brain“ in der deutschen und internationalen Sportmedizin vertreten. Dienstauftakt ist beim Trainingsworkshop des US Soccer Nationalteams in Phoenix Arizona. Visionär Jürgen Klinsmann lädt zum Austausch ein.
„Ich bin der erste Neurologe, der einen sportmedizinischen Lehrstuhl leitet – die Universität Paderborn denkt visionär“
Einen Neurologen in einem sportmedizinischen Institut der Universität gab es in Deutschland noch nicht. Internisten, Orthopäden, Kardiologen dominieren die fachärztliche Ausrichtung der Deutschen Sportmedizin und Sportphysiologie. Das Herz-Kreislauf-System und der Stütz- und Bewegungsapparat stehen damit zumeist im Mittelpunkt der thematischen Auseinandersetzung mit Training, Sport und Gesundheit.
Das Department für Sport und Gesundheit der Universität Paderborn geht mit der Lehrstuhlbesetzung Sportmedizin ab April einen neuen, einen visionären Weg. Aus der renommierten Harvard University, Boston kommt der Neurologe Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger nach Paderborn und stellt künftig das Gehirn in den Mittelpunkt von Forschung und Lehre. Er tritt damit die Nachfolge an für das bis 2006 von Prof. Dr. Heinz Liesen geführte Institut, das von 2007 bis 2008 durch Prof. Tim Meyer geleitet und im Anschluss bis heute von den Internisten Prof Dr. M. Weiß und Prof. Dr. H.C. Heitkamp vertreten wurde.
„Sportspiele und das Querdenken von Prof. Liesen haben mich geprägt“
Der „Neue“ ist sowohl den Paderborner Wissenschaftlern als auch den Paderborner Sportlern nicht unbekannt. Als Shooting Guard punktete Reinsberger in seiner Jugend bei den Paderborn Baskets, wurde Deutscher Meister mit der WBV-Auswahl und spielte später in Salzkotten, Dortmund und Werne. Das Interesse an und die Sicht auf die (Sport-)Medizin wurde am Sportmedizinischen Institut der Universität Paderborn durch Prof Dr. H. Liesen geprägt. Hier absolvierte der 39-Jährige seinen „Sportzivi“ und promovierte 2005 mit dem Thema „Einsatzmöglichkeiten von Messungen Elektrodermaler Aktivität in der Sportmedizin am Beispiel Golf – eine Pilotstudie“.
Die klinische Neurologie bestimmte seine berufliche Ausbildung und Karriere mit Stationen an der Ruhr-Universität Bochum, am Schweizer EpilepsieZentrum, am Universitätskrankenhaus in Würzburg und am Brigham and Women's Hospital in Boston.
„Wir wissen, dass Sport als ‚Medikament’ ein wichtiger Baustein bei der Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen sein kann, es fehlen noch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Zusammensetzung und Dosierung“
Für Reinsberger ist die Verknüpfung von Neurowissenschaft und Sportmedizin nötig, wenn Schritte zur Verbesserung von Training und Sporttherapie gemacht werden sollen.
„Mit meinem Team hier in Paderborn werden wir zu einem neuen Verständnis von Sportmedizin beitragen, für Erkenntnisgewinn und Austausch sorgen, die Entwicklung und den Transfer von neuen Therapiemöglichkeiten gegen neurologische Erkrankungen ohne Pille fördern und Training zur Steigerung der sportlichen Leistung und Entwicklung neurowissenschaftlich modulieren“, fasst der Professor seine Ideen und Ziele für die nächsten Jahre zusammen. „Ich freue mich riesig auf den Start in meiner alten Heimat.“
„Das US Soccer Nationalteam unter der Leitung von Klinsmann wird offen sein für unsere Ideen und Denkweise“
Gleich zum Dienstantritt treffen sich Prof. Reinsberger und sein Kollege Prof. Baumeister mit Jürgen Klinsmann in Phoenix Arizona. „Klinsi“ hat dort seine Kicker zu einem Trainingslager zur Vorbereitung auf die WM in Brasilien inkl. Testspiel gegen Mexiko zusammengerufen. „Jürgen Klinsmann hat uns angeboten, die Vorbereitungsmaßnahmen zu beobachten. Wir werden mit seinem Trainer- und Betreuerteam über unsere Ideen und Ansätze im Bereich Leistungsdiagnostik und Verletzungsprävention diskutieren. Wir werden Mark Verstegen und sein Team von EXOS / Athletes’ Performance treffen. Vor Ort wollen wir mit unserem Ansatz überzeugen und offene und interessierte Mitspieler finden für unsere Arbeit. Jürgen und ich engagieren uns beide für die Stiftung Jugendfußball, ich halte ihn für einen visionären und an der Wissenschaft interessierten Sportler und Trainer.“
„Im Paderborner Sport haben wir uns bereits im Dezember vorgestellt – man hat mich mit offenen Armen und großem Bedarf empfangen“
Eine wichtige Lücke möchte Prof. Reinsberger auch im Paderborner Sport schließen. „Ich war erstaunt, wie intensiv sich der Sport in der Stadt Paderborn in den Jahren meiner Abwesenheit weiterentwickelt hat. Leistungs- und Spitzensport auf hohem Niveau, in so vielen Sportarten, mit zahlreichen Profis und Nachwuchsathleten schärfen das Profil der Sportstadt ebenso wie die unzähligen Möglichkeiten im Freizeit- und Gesundheitssport. Hier haben die Stadt, die Universität, die Heinz Nixdorf Stiftung und die zahlreichen Vereine und Engagierten ein unglaubliches Umfeld geschaffen, auf das ich mich beruflich wie auch privat sehr freue. Ganz sicher werden wir unsere Verantwortung als Sportmedizin hier vor Ort sehr ernst nehmen und uns inhaltlich sowie strukturell wieder stärker verankern.“
Bereits am 27. März nahmen Prof. Reinsberger und Prof. Baumeister deshalb an der Informationsveranstaltung der Stadt Paderborn zum „NRW-Leistungssportzentrum“ im Rathaus teil.