Vom 23.-25. Januar findet an der Universität Paderborn im Raum E5.333 die Internationale Tagung „Aufrichtigkeitseffekte. Signale, Figurationen und Medien im Zeitalter der Aufklärung“ statt. Die Tagung wird von der Emmy Noether-Gruppe „Aufrichtigkeit in der Goethezeit“ veranstaltet und von der DFG und der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität Paderborn gefördert.
Aufrichtigkeit wird im 18. Jahrhundert vor allem als eine moralische Pflicht aufgefasst, bei der das Innere des Menschen mit seinen Worten und Handlungen korrespondieren muss. Diese Forderung ist Teil des Selbstbildes der sich neu herausbildenden bürgerlichen Gesellschaft, die sich in Abgrenzung zur höfischen Gesellschaft definiert. Doch diese Pflicht, mit all ihren sozialregulierenden Funktionen, birgt zugleich Schwierigkeiten in sich, besonders dort, wo es um die Kommunizierbarkeit, Erkennbarkeit und Glaubwürdigkeit von Aufrichtigkeit geht. Die grundlegende Paradoxie besteht darin, dass jeder explizite Verweis auf die eigene Aufrichtigkeit diese bereits suspekt erscheinen lässt: wer sie zu sehr beteuert, macht sich einer abweichenden Intention verdächtig. Zugleich muss die Aufrichtigkeit erkennbar sein; die semiotisch zu verstehende Korrespondenz von Innen und Außen bedarf somit natürlicher Zeichen, die sie von jeglicher Intentionalität freizusprechen scheinen. In diesem Kontext werden die Aufrichtigkeitseffekte in einem doppelten Sinne relevant. Zum einen als diejenigen Strategien und Praktiken, deren Funktion darin liegt, den Eindruck von Aufrichtigkeit zu generieren, diese zu beglaubigen oder zu signalisieren, ohne allerdings als Ausdruck von Verstellung zu gelten. Zum anderen werden aber auch jene Wirkungen untersucht, die mit dieser Generierung von Aufrichtigkeit einhergehen und so auf Interaktionszusammenhänge zurückwirken.
Weitere Informationen: http://www.aufrichtigkeitseffekte.de
PROGRAMM
Donnerstag, 23.01.2014
bis 14:00: Anreise
14:00-14:30: Begrüßung
1. Sektion: Signale
14:30-15:15: Stephan Müller (Wien): Göttliche Evidenz. Unaufrichtigkeit im Mittelalter als Problem
15:15-16:00: Jörn Steigerwald (Paderborn): Inszenierte Aufrichtigkeit: Molières ‚Tartuffe ou l'imposteur‘
16:00-16:30: Pause
16:30-17:15: Britt-Marie Schuster (Paderborn): „Ich muss Ihnen (aufrichtig) gestehen, dass...“ – Aufrichtigkeitseffekte und sprachliche Dynamik
17:15-18:00: Gerald Wildgruber (Basel): „Dreifach umschreibe du es“ - Regel und Natur in Hölderlins Spätwerk
18:00-18:15: Pause
18:15-19:00: Anne Ulrich (Tübingen): Lässigkeit als politische Klugheit. Rhetorische Erkundungen in der Inszenierungsgesellschaft
Freitag, 24.01.2014
2. Sektion: Soziale Interaktionen
10:15-11:00: Kevin Hilliard (Oxford): Der aufrichtige Mann am Hofe: Untertanentreue, politische Klugheit und republikanische Freiheit bei von Loën, Lessing und Schiller
11:00-11:45: Andreas Blank (Paderborn): D’Holbach über Wahrhaftigkeit als Politische Tugend
11:45-12:15: Pause
12:15-13:00: Katerina Mihaylova (Paderborn): Höflichkeit als Aufrichtigkeit. Perspektiven auf die Moralphilosophie der deutschen Aufklärung
13:00-14:30: Mittagsbuffet
14:30-15:15: Stefanie Buchenau (Paris): Verbindliche Wahrheiten. Rhetorik, Ästhetik und Naturrecht
15:15-16:00: Lothar van Laak (Paderborn/Bielefeld): Aspekte einer Hermeneutik der Aufrichtigkeit in Gellerts ‚Leben der schwedischen Gräfin zu G***‘
16:00-16:30: Pause
16:30-17:15: Stefan Elit (Paderborn): Anakreontische versus empfindsam-erhabene Freundschaft: Die Leipziger und Klopstock
17:15-18:00: Cristiana Senigaglia (Triest): Hegels Perspektivwechsel: Aufrichtigkeit im Handeln
Samstag, 25.01.2014
3. Sektion: Medien
09:15-10:00: Ramon Voges (Paderborn): Aufrichtiges Sterben? Authentizitätsbeglaubigungen in frühneuzeitlichen Bildberichten
10:00-10:45: Audrey Rieber (Paris/Basel): Die Kunst des Natürlichen. Vom Wahren, vom Guten und von den Betrügereien des Pinsels
10:45-11:15: Pause
11:15-12:00: Anna Ezekiel (Toronto/Montreal): Sincerity, Idealization, and Writing with the Body: Karoline von Günderrode and Her Reception
12:00-12:45: Christoph Neubert (Paderborn): Aufrichtigkeit als Medieneffekt. Individualität, Briefkultur und Postsystem
12:45-14:15: Mittagsbuffet
14:15-15:00: Johanna Canaris (Paderborn): „Der arme Mann aus dem Tockenburg“ – Natürlichkeit und Aufrichtigkeit als literarische Inszenierungen in den autobiographischen Schriften Ulrich Bräkers
15:00-15:45: Simon Bunke (Paderborn): Aufrichtigkeit und das Paradigma der ‚Erlebnislyrik‘
15:45-16:15: Pause
16:15-17:00: Antonio Roselli (Paderborn): Einsamkeit und Aufrichtigkeit: der Monolog als Grenzphänomen aufrichtigen Sprechens
Abschlussvortrag
17:00-18:00: Roland Galle (Duisburg/Essen): „et peut-être ne se disoit-il pas tout“ – Aufklärung über den Status des „amour propre“ bei Rousseau
Dr. Simon Bunke
Emmy Noether-Gruppe Aufrichtigkeit in der Goethezeit
Universität Paderborn