Der große Paderborner Rathaussaal war bis auf den letzten Platz besetzt, als die Berliner Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Angelika Neuwirth am vergangenen Dienstag, 16. Juli, nach Paderborn kam, um über den Koran im Kontext seiner spätantiken Entstehungszeit zu sprechen. Der Koran sei neben seiner Bedeutung als Heilige Schrift der Muslime und konstituierende Kraft ihrer Glaubensgemeinschaft auch der erste relevante Text in arabischer Sprache gewesen und habe somit eine Hochzeit des Lesens und Schreibens möglich gemacht, so Neuwirth. Die Verkündigung richtete sich zunächst an Adressaten, die zu Muhammads Zeit mit Kenntnissen über Thora und Bibel sowie beispielsweise gottesdienstlichen Formen wie der Psalmlesung vertraut waren und die auch von hellenistisch-römischen Einflüssen nicht unberührt waren. Somit lässt sich aus Sicht Neuwirths eine enge Verwandtschaft zwischen den Heiligen Texten der drei monotheistischen Weltreligionen feststellen sowie eine kulturgeschichtliche Wechselbeziehung, die bis heute präsent ist und ihre Spuren auch in Europa hinterlassen hat. „Diese Verwandtschaft kann auch heute noch fruchtbar in den Dialog der Religionen und auch in die Identitätskonstruktionen von Muslimen in Europa einfließen und so konstruktiv genutzt werden.“ so Prof. Dr. Klaus von Stosch, Vorsitzender des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften der Universität Paderborn, der die Islamwissenschaftlerin gemeinsam mit der Initiative Paderborn überzeugt eingeladen hatte.
Angelika Neuwirth ist Professorin für Arabistik an der Freien Universität Berlin. Sie lehrte an vielen Orten der Welt, unter anderem Jordanien, Jerusalem, Beirut und Istanbul. Von Stosch: "Ihr Berliner Forschungsprojekt zur historisch-kritischen Erforschung des Koran ist weltweit eines der ehrgeizigsten, profiliertesten und einflussreichsten Forschungsprojekte zum Koran."
Die Vortragsreihe, in die sich dieser Gastvortrag einfügte, wird mit einer Lesung von Navid Kermani am 12. Dezember 2013 weitergeführt.
Ann-Christin Baumann
Universität Paderborn
Zentrum für Komparative Theologie
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