Ist der Koran ein Buch ausschließlich für Muslime? Gehört der Koran auch zu Europa? Gibt es so etwas wie eine islamisch-europäische Identität? Am Dienstag, 16. Juli, um 18.30 Uhr wird eine der weltweit führenden Koranwissenschaftlerinnen, Prof. Dr. Angelika Neuwirth, im großen Rathaussaal mit ihrem Vortrag "Der Koran - ein exklusiv islamischer oder auch ein europäischer Text?" Antworten geben. Alle Bürgerinnen und Bürger sind zu diesem wissenschaftlichen Vortrag mit anschließender Diskussion eingeladen. Damit setzt sich die Reihe zur "Religiösen Identität in moderner Gesellschaft" fort, die von der Stadt Paderborn, dem Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften der Universität Paderborn und Paderborn überzeugt e. V. veranstaltet wird.
Der Koran wird in der Regel ausschließlich als Buch der Muslime wahrgenommen. Dabei vergisst man, dass er in einem typisch europäischen spätantiken Milieu entstanden ist und deswegen erst richtig verstanden werden kann, wenn er zumindest auch in diesem ursprünglich europäischen Kontext gesehen wird. Der Koran, der zweifellos als Zentrum jeder muslimischen Identität anzusehen ist, ist also zugleich ein Text, der zentral von Europa geprägt ist und insofern auch zu Europa gehört. Diese Einsicht kann Grundlage für eine fundierte, islamisch-europäische Identität werden, so dass Muslime sich nicht mehr als Fremdkörper in einer europäischen Gesellschaft fühlen müssten, sondern die eigenen Prägungen und Bezugspunkte neu als europäische Idee einbringen könnten.
Kaum eine Forscherin hat diese Möglichkeiten so einflussreich und tief erforscht wie die Professorin Angelika Neuwirth in ihren weltbekannten Forschungen zum Koran als Text der Spätantike. "Sie ist in der Lage, durch ihre fundierten Kenntnisse den Islam als Teil der europäischen Lebenswelt darzustellen, indem sie eben den Koran auch als europäischen Text erschließt", so Klaus von Stosch, Vorsitzender und Gründer des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften.
Angelika Neuwirth ist Professorin für Islamwissenschaft und arabische Philosophie an der Freien Universität Berlin. Sie lehrte an vielen Orten der Welt, unter anderem Jordanien, Beirut und Istanbul. Von Stosch: "Ihr Berliner Forschungsprojekt zur historisch-kritischen Erforschung des Koran ist weltweit eines der ehrgeizigsten, profiliertesten und einflussreichsten Forschungsprojekte zum Koran."
Die Vortragsreihe wird mit einer Lesung von Navid Kermani am 12. Dezember 2013 weitergeführt.