Dienstag, 18. 6. 2013, 18 Uhr: Karsten Bott (Frankfurt/M.): Das Archiv für Gegenwarts-Geschichte: Von Jedem Eins. Karsten Bott ist Ding-Sammler. Seine Handlung ist folglich das Sammeln. Dabei handelt es sich um Dinge, die wir als wert- oder kulturlos empfinden, die in seinem seit 1988 begonnenen "Archiv für Gegenwartsgeschichte", Eingang finden: Stempel, Büroklammer, Einkaufszettel, Spielsachen, Küchenmaschinen, Kaugummis, Schirmständer, Zahnbürsten.
Dinge werden aber nicht nur gesammelt; sie werden deponiert, katalogisiert, archiviert, sie werden ausgebreitet, angeordnet, kombiniert, installiert, exponiert. In einem Depot hat der Frankfurter Künstler seine Schätze, die nach bestimmten Themen wie Krieg, Familie, Krankenhaus oder Sexualität sortiert sind, in 2500 Bananenkisten untergebracht. Er kennt sie alle. Das bis jetzt mehr als eine halbe Million Objekte umfassende Archiv ist der Versuch einer Bestandaufnahme des Alltäglichen. Die Dinge gelten Karsten Bott als "Geschichtsdokumente der Menschheit". Ihn interessiert dabei, welche Dinge die Menschen brauchen und was sie tatsächlich damit machen. Die Dinge werden in Ausstellungen in Vitrinen, Regalreihen oder flächendeckend auf dem Boden gezeigt, über die Stege gebaut sind, die eine Draufsicht ermöglichen. Was auf diese Weise entsteht ist eine riesige Sammlung. Alles hängt mit allem irgendwie zusammen, denn Karsten Bott geht es immer um die historische und gesellschaftliche Dimension beim Prozess des Sammelns, Archivierens und Erinnerns. Damit teilt er einen das Leben bestimmenden Gedanken mit vielen Konzeptkünstlern: Vollständigkeit zu erreichen, im Bewusstsein, dass man dabei scheiternmuss.
Karsten Bott wurde 1960 in Frankfurt/ Main geboren. Von 1986-1991 absolvierte er ein Kunststudium an der Städelschule (Filmklasse Peter Kubelka), 1991 erfolgte ein Studienaufenthalt Chicago, School of the Art Institute, 1995war er Preisträger der Jürgen Ponto-Stiftung Frankfurt, 1998 Stipendiat des Kunstfonds Bonn, 2000 erhielt er das Atelierstipendium London, Hessischen Kulturstiftung. Es folgten 2004 das Stipendium Budapest, Kulturamt Stadt Frankfurt und 2006 Moldaustipendium Krumlov, Hess. Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Aktuell lehrt Karsten Bott an der Universität/Kunsthochschule Kassel.
Der Vortrag findet statt am 18. 6. 2013, 18 Uhr, Silo des Faches Kunst, Warburger Str. 100
Einladung und Moderation: Prof. Dr. Sabiene Autsch (Kunst, Kunstgeschichte und ihre Didaktik)