Eine aktuelle Studie der Universität Paderborn weist jetzt nach, dass Stellenanzeigen in Zeitungen häufig nicht neutral formuliert werden. Prof. Dr. Martin Schneider von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, unter dessen Leitung die Untersuchung durchgeführt wurde: „Die Stellenanzeigen schrecken durch die Wortwahl bestimmte Bewerbergruppen, zum Beispiel Männer oder Ältere, von einer Bewerbung ab. Durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Jahr 2006 sollte sich dies eigentlich ändern. Dass dies nur teilweise geschehen ist, zeigt unsere Studie, in der mehr als 300 Stellenanzeigen in Zeitungen untersucht worden sind.“
Im Jahr 2005 seien laut Studie 47 Prozent der Stellenanzeigen diskriminierend gewesen, 2010 nur noch 25 Prozent. Diskriminierende Formulierungen im Hinblick auf das Alter seien beinahe völlig verschwunden. Martin Schneider: „Diskriminierende Formulierungen im Hinblick auf das Geschlecht sind zwar seltener geworden, kommen aber immer noch überraschend häufig vor: Im Jahr 2005 waren 36 Prozent der Anzeigen diskriminierend im Hinblick auf das Geschlecht, im Jahr 2010 immer noch 23 Prozent. Der Rückgang diskriminierender Formulierungen ist besonders stark bei kleineren Unternehmen unter 250 Beschäftigten.“
Da von gesetzlicher Seite keine starken Sanktionen vorgesehen seien, suchten Arbeitgeber oft weiterhin die „Sekretärin“ oder den „Geschäftsführer“, selbst wenn dies nicht rechtens sei. Klagen von Konkurrenten auf Schadensersatz seien zwar möglich, kämen aber seltener vor, als das bei Verabschiedung des Gesetzes erwartet worden sei. Allerdings habe das Gesetz wenig Änderungen gebracht, was diskriminierende Stellenanzeigen im Hinblick auf das Geschlecht angehe, da solche Formulierungen schon vor 2006 nicht rechtens gewesen seien. Beim Alter sei dies anders, so Schneider: „Erst seit 2006 sind Stellenanzeigen, in denen zum Beispiel jemand „unter 40“ gesucht wird, nicht erlaubt. Solche Anzeigen sind, wie die Studie zeigt, beinahe völlig verschwunden. Hier haben die Arbeitgeber also reagiert.“
Warum sich geschlechtsdiskriminierende Stellenanzeigen so hartnäckig hielten, könne die Studie nicht abschließend klären. Offenbar bevorzugten Arbeitgeber weiterhin Männer auf bestimmten Stellen und Frauen auf anderen. Entsprechend gebe es offensichtlich weiterhin typische Männer- und typische Frauenberufe. Die gesetzlichen Regelungen wiederum sähen zu geringe Sanktionen vor. Nur veränderte gesellschaftliche Werte dürften daher eine wirkliche Änderung auch des Einstellungsverhaltens und der Stellenanzeigen nach sich ziehen.
In der Studie wurden Stellenanzeigen aus ausgewählten Samstagsausgaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Neuen Westfälischen Zeitung ausgewertet. Die Anzeigen entstammten je zur Hälfte dem Jahr 2005 und dem Jahr 2010. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz trat 2006 in Kraft.
Weitergehende Informationen: http://wiwi.upb.de/dep1/personalwirtschaft-prof-dr-schneider
Quelle: Frauke Bauhoff; Martin Schneider (2013): „Sekretärin des Vorstandes“ gesucht: Stellenanzeigen und die expressive Funktion des AGG. In: Industrielle Beziehungen 20(2013)1: 54-67. (DOI 10.1688/1862-0035_IndB_2013_01_Bauhoff)