Pa­per­flut und an­de­re Rät­sel – Ein For­schungs­netz­werk bringt Licht ins Wis­sen­schaft­le­r­cha­os

Stapel von Paper türmen sich auf dem Tisch eines jeden Wissenschaftlers – eine Unmenge von Themen und Autoren – Veröffentlichungen, die für ihn relevant sind, und viele andere, die es nicht sind. Besonders Wissenschaftler, die am Anfang ihrer Forschung stehen, haben öfters Schwierigkeiten, einen Überblick über ihr Themengebiet zu bekommen und ihn zu behalten: Welcher Kollege arbeitet an einem ähnlichen Thema? Wessen Paper sollte man lesen, mit wem kooperieren, wo Unterstützung anfordern? Selbst gestandene Wissenschaftler verlieren ab und zu den Überblick, was sie bereits veröffentlicht oder welche Referenzen sie früher verwendet haben.

Um Forscher in ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu unterstützen, hatte Dr. Wolfgang Reinhardt aus der Fachgruppe „Didaktik der Informatik“ um Prof. Magenheim die Idee, ein entsprechendes Forschungsnetzwerk zu entwickeln. Es sollte über Personen, deren Publikationen, Projekte, Institutionen und Veranstaltungen informieren sowie ihre (zeitlichen) Relationen zueinander darstellen – ein interessantes Vorhaben für ein sehr komplexes System.

Im Internet existieren bereits eine Reihe verschiedener Netzwerke, die für solche Zwecke genutzt werden könnten. Jedoch bieten diese zum einen keine guten Möglichkeiten für den wissenschaftlichen Einsatz. Zum anderen möchten die Wissenschaftler derartige Netzwerke lieber für private Aktivitäten nutzen.

Zusammen mit der Projektgruppe PUSHPIN entwickelte Dr. Reinhardt daher ein soziales Netzwerk von und für Forscher. Ziel ist die umfassende Vernetzung von Wissenschaftlern über ihre Publikationen.

Die Benutzer selbst pflegen ihre Publikationen in das System ein, womit dieses ständig erweitert wird. Technisch erfolgt dies über einen klassischen Upload oder die automatische Synchronisierung mit den Mendeley-Accounts der Benutzer. Dabei wird jedes Paper als digitale Version automatisch mit seinem Volltext analysiert und wichtige Daten wie Titel, Autoren, Schlüsselwörter, Zitate und Referenzen extrahiert. Insbesondere durch die Referenzen entsteht ein umfassendes Forschungsnetzwerk aus Autoren und Publikationen. Häufige bzw. Mehrfachnennungen von Referenzen zeigen dabei den Grad der Verbundenheit. Mittels einer Sliderfunktion können die Benutzer nach eher ähnlichen Inhalten oder eher nach referenzierten, ähnlichen Publikationen filtern. Neben dem Download vorgeschlagener Paper sind zudem eine Reihe weiterer sozialer Interaktionen möglich.

Neben PUSHPIN entwickelte Dr. Reinhardt außerdem ginkgo, ein soziales Konferenz-Management-System mit dem besonderen Fokus auf wissenschaftliche Veranstaltungen. Beide Anwendungen dienen der Unterstützung wissenschaftlicher Awareness und der Förderung sozialer Interaktionen zwischen Forschern und sind prinzipiell für alle Forschungsbereiche denkbar.

Bislang wurden knapp 6.000 Publikationen mit 8.600 Referenzen und 250.000 Autoren mehrerer Konferenzserien erfasst. Die Nachfrage nach der Weiterentwicklung ist sehr groß. In Zukunft sind bei dem System weitere grundlegende Funktionen denkbar. So wird derzeit an einer Plagiatserkennung und verbesserten Vorschlagsalgorithmen gearbeitet.

An dem Projekt sind neben Dr. Reinhardt und der Projektgruppe PUSHPIN auch eine Reihe von erfolgreichen Abschluss- und SHK-Arbeiten der Fachgruppe beteiligt. Die Analysen der Paper werden auf dem Hadoop Cluster for Large-Scale Publication Analyses (HCPA) durchgeführt und mit 8.000 Euro von der „Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs“ gefördert.

PUSHPIN und ginkgo sind über folgende Internetadressen zugänglich:
pushpin.cs.upb.de
ginkgosem.com
 

Autorin: Jana Neuhaus
 

Kontakt:

Dr. Wolfgang Reinhardt
Didaktik der Informatik
05251 60-6603
wolle@uni-paderborn.de
 

Der Artikel ist auch als <link fileadmin aktuelles pressefotos november fis_november2012.pdf _blank>PDF-Datei verfügbar.

Foto: Autorennetzwerk von Wissenschaftler Mike Sharples in der mLearn Konferenzserie mit Anzahl der Veröffentlichungen und Ko-Autoren-Relationen.
Foto: Autorennetzwerk von Wissenschaftler Mike Sharples in der mLearn Konferenzserie mit Anzahl der Veröffentlichungen und Ko-Autoren-Relationen.