Zum Abschluss des Sommersemesters wurde im Rahmen des Studiums für Ältere an der Paderborner Universität das Zertifikat „Bürgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“ verliehen. Prof. Dr. Volker Peckhaus, Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften, kündigte bei dieser Gelegenheit an, im Wintersemester werde das Studium für Ältere fortgesetzt. Der bisherige Hochschulbeauftragte dafür, Prof. em. Dr. Peter Schneider, stehe zwar nicht mehr zur Verfügung – doch: „Wir sind gerade dabei, die Nachfolgefrage ordentlich über die Bühne zu bringen.“
Peter Schneider freute sich über diese gute Nachricht, das sei keine Selbstverständlichkeit, und bedankte sich bei Volker Peckhaus. Denn in der Fakultät für Kulturwissenschaften, die der Professor für Wissenschaftstheorie als Dekan leitet, schreiben sich nicht nur 80 Prozent der älteren Studierenden als Gasthörer ein. Ihr obliegt auch die Organisation des Studiums für Ältere, denen alle Fachbereiche offen stehen. Dem scheidenden Hochschulbeauftragten Prof. Schneider ist das gemeinsame Lernen von Alt und Jung ein Herzensanliegen. Angesichts des demografischen Wandels, betonte der Erziehungswissenschaftler, müsse man gesellschaftspolitische Wege für das künftige Miteinander der Generationen suchen. Finden könne man sie nur generationsübergreifend. „Monokulturen für Alte wie Altersheime haben keine Zukunft.“ Es gelte, „den Schatz im Silberhaar zu heben“. Auch zum Nutzen der Jungen, beispielsweise durch Bildungspatenschaften. Gerade junge Menschen in familiären, schulischen oder beruflichen Krisen benötigten kundige und verlässliche ältere Ansprechpartner. „Das könnte die Grundlage eines neuen Generationenvertrags sein.“
Bildungspatenschaften vermittelt in Paderborn der „Marktplatz für Bürger-Engagement“ (www.paderborn.de/marktplatz-ehrenamt), den Birgitt Lammert mit Unterstützung der Stadt gegründet hat. Als Koordinatorin des Studiums für Ältere vernetzt Lammert Stadt und Uni, seit sie den von Prof. Schneider entwickelten Zertifikatsstudiengang „Bürgerschaftliche Kompetenz in Wissenschaft und Praxis“ absolvierte. Denn dieser qualifiziert ältere Menschen (auch ohne Hochschulreife, aber gern mit Ehrenamtserfahrung) als „Führungskräfte für bürgerschaftliche Arbeit“. Einziger Absolvent im Sommersemester 2012 ist Manfred Wellbrock. Seine Abschlussarbeit schrieb er über Skat bzw. über das Skatspiel und seine Bedeutung für den Erwerb von Schlüsselqualifikationen wie Sozialkompetenz, Zuverlässigkeit und logisches Denken. Im Prinzip geht es also um Bildungspatenschaften.
„Ich bin so alt wie die damalige EWG und heutige EU, Junggeselle mit vier Kindern, das heißt geschieden“, erzählte Wellbrock humorig. Der ursprünglich als Elektriker Ausgebildete und zum Kaufmann Weitergebildete lernte Skat bereits im zarten Alter von fünf Jahren. Nachdem er es seinen eigenen Kindern beigebracht hatte, baute er Skatgruppen für Kinder aus bildungsfernen Familien auf – „früher Hilfsschüler genannt“. Und siehe da: Die als unpünktlich und unzuverlässig Verschrienen kamen „immer eine viertel Stunde zu früh“! So viel Spaß machte ihnen das Freizeitangebot; so gut tat es ihnen, dass ein Erwachsener sich intensiv um sie bemühte und ihnen sogar etwas zutraute. Wellbrock stolz: „Einer von meinen Zöglingen wurde mit 13 Jahren deutscher Skat-Vizemeister, der jüngste aller Zeiten. Ein anderer ist heute Bankdirektor.“ Dass es den Zertifikatsstudiengang gibt, erfuhr der temperamentvolle Sauerländer auf einer Flugreise. Eine im Flieger kostenlos verteilte Zeitung berichtete über „das vorbildliche Studium für Ältere an der Paderborner Uni“. Pro Semester besuchte Manfred Wellbrock wöchentlich 13 Vorlesungen und Seminare. Im Auto fuhr er von seiner Heimatstadt Sundern aus die 130 Kilometer nach Paderborn und wieder zurück: „Jeden Tag mit Freude.“ Anfänglich allerdings hatte er „ein bisschen Angst“ – vor den jungen Studierenden. „Aber die akzeptieren uns Ältere voll und ganz.“
Als er dem erfolgreichen Absolventen das Zertifikat überreichte, sagte der Dekan: „Heutigen Studierenden wird von klein auf lebenslanges Lernen nahe gelegt. Sie personifizieren, wohin das führt, lieber Herr Wellbrock!“ Prof. Peckhaus bedankte sich ausdrücklich bei Prof. Schneider. Dieser habe als Initiator und Leiter des Zertifikatsstudiengangs verdeutlicht, dass es beim Studium für Ältere „nicht nur um Bildung allein der Bildung wegen gehen muss, sondern auch um die Nutzung von Erfahrungswissen, Fertigkeiten und Kenntnissen für bürgerschaftliches Engagement gehen kann“.
Wenn das Wintersemester-Vorlesungsverzeichnis für Ältere vorliegt, wird dies in der Lokalpresse und im Internet bekannt gegeben: www.upb.de/studium-fuer-aeltere.