Shakespeares Macbeth ist die letzte der großen Tragödien des Autors. Sie konzentriert sich ganz auf die beiden Hauptpersonen, Macbeth und Lady Macbeth, deren eigenes Handlungsgesetz ihnen zum Verhängnis wird. Keine Moral leitet sie, nur der Wahn des Verbrechens, der auflösende Einfluss des Bösen – repräsentiert durch Hexen. Vielleicht ist Macbeth Shakespeares negativstes Stück, ein Stück über die Selbstzerstörung des Menschen.
Von der Titelgestalt geht alles aus. Als Überwinder des Verrates wird er angekündigt und endet in einem Meer des Mordes. Die Lady verdichtet sein zielloses, unbewusstes Schweifen und verleiht ihm Struktur zur Durchführung seines Planes. Ehrgeizig und getrieben von Herrschsucht, erstickt sie jede menschliche Regung in sich, um Macbeth auf die Höhe der Macht zu heben. Der Königsmord ist nur der erste Schritt, er verlangt weitere Opfer. Vollendete Monster stehen zuletzt auf der Bühne. Doch je tiefer sich die beiden Protagonisten in ihrem Handeln verstricken, desto mehr wird die Haltung des Zuschauers gespalten in Abscheu und Mitleid. Aus der rationalen Verbrecherin der Lady wird eine kranke Seele, Macbeth bekommt am Schluss fast hamletartige Züge.
Das alles kann dem Theaterbesucher nur in der Originalsprache deutlich werden. In der Zusammenarbeit der Studiobühne mit der Anglistischen Literaturwissenschaft entstand dieses Projekt. Wo hätte es sonst seine Berechtigung, wenn nicht an der Bühne einer Universität. Auch der Zuschauer, der der englischen Sprache nicht ganz folgen kann, darf sich auf die eindeutigen Situationen verlassen, die Shakespeare geschaffen hat. Dafür hat er die Gelegenheit, ganz auf den Klang der Originalsprache achten, die von einer messerscharfen Klarheit ist, die keine Übersetzung wiedergeben kann. Ein ungewöhnlicher und interessanter Abend.