„Heterogenität als Chance“
Lehre im Dialog mit den Studierenden, das ist häufig nicht mehr als ein Schlagwort. Die Universität Paderborn füllt dieses Leitmotiv hingegen mit Leben. Am 19. Januar 2012 ist zum ersten Mal ein Tag der Lehre durchgeführt worden. Lehrende, Studierende und Mitarbeiter waren dazu eingeladen, laufende Projekte an der Uni kennen zu lernen.
Unter dem Motto „Heterogenität als Chance“ bot der Tag der Lehre den Teilnehmern ein Forum um sich über die Qualität der Lehre auszutauschen. Workshops, Diskussionsrunden und Vorträge externer Experten machten diesen Tag und damit das Thema Exzellente Lehre lebendig. Professoren und Studenten agierten dabei auf Augenhöhe, um gemeinsam Möglichkeiten zur Verbesserung von Lehre und Studiensituation zu diskutieren. Organisiert wurde der Tag der Lehre von der Stabsstelle Bildungsinnovationen und Hochschuldidaktik.
„Wir haben auf jeden Fall den großen Ehrgeiz, der universitären Lehre einen anderen, einen besseren Stellenwert zu verschaffen – auch in Zeiten enormer Steigerungsraten bei den Studierendenzahlen“, sagte der Präsident der Universität Paderborn, Prof. Dr. Nikolaus Risch, in seiner Begrüßungsrede. Bereits vor fünf Jahren wurde an der Universität ein Qualitätsmanagementsystem für die Lehre angestoßen, für das Prof. Dr. Dorothee M. Meister, Vizepräsidentin für Lehre, Studium und Qualitätsmanagement, gewonnen werden konnte. Dieses System zur Verbesserung der Lehre habe sich bereits jetzt schon gelohnt. Sehr erfolgreich hätte die Uni an bundesweiten Wettbewerben teilgenommen. „Ich nenne das Kompetenzzentrum für Hochschuldidaktik der Mathematik (KHDM) oder das Nationale Zentrum für Lehrerbildung Mathematik oder eben unser wichtiges Projekt „Heterogenität als Chance“, für das wir bereits in der ersten Runde der Qualität der Lehre Ausschreibung über elf Millionen Euro erhalten werden“, fügte Risch hinzu.
Es sei wunderbar, diesen ersten Tag der Lehre veranstalten zu können, sagte Prof. Dr. Dorothee M. Meister. Es gebe mehrere Gründe für solch einen Tag. „Wenn man Lehre und Studienbedingungen optimieren möchte, ist ein fortwährender Dialog mit den Studierenden nicht nur selbstverständlich, sondern absolut notwendig“, erklärte Meister. Um der heterogenen Studierendenschaft eine gute und auf alle Personen zugeschnittene Lehre zuteilwerden zu lassen, müssten unterschiedliche Grundvoraussetzungen in der Planung der Lehre berücksichtigt werden. Es gebe Studierende mit und ohne Abitur, mit sprachlichen, kulturellen und genderspezifischen Unterschieden, Studierende aus bildungsnahen und bildungsfernen Elternhäusern und natürlich Studierende mit verschiedenen individuellen Fähigkeiten. Auf all diese Voraussetzungen müsse die Lehre zielgruppen- und fachspezifisch reagieren.
Prof. Dr. Rolf Schulmeister, Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung der Universität Hamburg, sprach die Keynote am Tag der Lehre. Viel Aufsehen in der deutschen Bildungslandschaft erregen derzeit die Ergebnisse seiner „ZEITLast“-Studie. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Rolf Schulmeister von der Universität Hamburg hat dabei über einen längeren Zeitraum das Lernverhalten von Studierenden untersucht und mit den Ergebnissen in Prüfungen verglichen. Das Ergebnis: Jede/r Studierende lernt anders! So banal diese Erkenntnis im ersten Moment klingen mag: Bei genauer Betrachtung werden dadurch einige weit verbreitete Grundannahmen der Bildungseinrichtung Hochschule in Frage gestellt.
Besonders erstaunlich ist, dass nahezu kein Zusammenhang zwischen der aufgewendeten Lernzeit und den erreichten Prüfungsnoten besteht. Im Gegenteil: Nicht selten schneiden die Studierenden am besten ab, die am wenigsten Zeit investieren. Liegt das nun daran, dass doch allein Begabung und nicht Fleiß über den Studienerfolg entscheidet? Lernen manche Studierende effizienter als andere? Oder kann man etwa „zu viel“ lernen? Schulmeister war in seinem Eröffnungsvortrag nicht um Antworten verlegen sein. Unter anderem stellte er die Thesen vor, dass es keine Korrelation zwischen Noten und Zeit gebe. Außerdem hinge der Erfolg im Studium nicht von der Intelligenz ab, sondern vielmehr von der richtigen Einstellung und dem Lernverhalten.
All diese Thesen und Ansätze konnten die Besucher des ersten Tags der Lehre an der Universität Paderborn in den einzelnen Workshops diskutieren. Einer der Höhepunkte war ganz gewiss die Vorführung und der Vortrag mit Prof. Dr. Sabine Autsch und Prof Dr. Heinrich Marsmann über die Molekulare Küche. Daran anschließend klang der Tag bei einem gemeinsamen Buffet aus.
Text und Fotos: Patrick Kleibold, Referat Presse und Kommunikation