Über 1.000 Studierende kamen am Donnerstagabend um 20.00 Uhr im Auditorium maximum mit der Hochschulleitung zusammen, um die derzeitigen Studienbedingungen an der Universität zu diskutieren. Aufgrund von Protesten der Studierenden hatte Präsident Prof. Dr. Nikolaus Risch am Donnerstagnachmittag angeboten, die zunächst geplante nichtöffentliche Pressekonferenz auf den Abend zu verschieben, und sich im Beisein der Studierenden den Fragen der Medienvertreter zu stellen. Im Anschluss hatten die Studentinnen und Studenten Gelegenheit, in einer Podiumsdiskussion ihrem Unmut Luft zu machen sowie Fragen und Forderungen an die Hochschulleitung zu stellen.
Im Podium saßen neben Präsident Risch Kanzler Jürgen Plato, der Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften Prof. Dr. Volker Peckhaus, der Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Prof. Dr. Peter F. E. Sloane, Chief Information Officer und PAUL-Projektleiter Prof. Dr. Wilfried Hauenschild, Barbara Tigges-Mettenmeier, Unternehmensberaterin in Paderborn und Vorsitzende des Prüfungsgremiums zur Sicherung der Qualität der Lehr- und Studienorganisation der Universität Paderborn (QdL-PG) sowie der AStA-Vorsitzende Sebastian Rose. Die Moderation übernahmen AStA-Pressereferent Christian Schmidt und Uni-Pressesprecher Tibor Werner Szolnoki.
Kontrovers gestaltete sich zunächst die Diskussion um die Verwendung der Studienbeiträge. Die Studierenden forderten mehr Transparenz und monierten einen Bericht, nach dem 24 Prozent der Ausgaben nicht einwandfrei zugewiesen werden könnten. Prof. Dr. Risch erklärte dazu, dass es in der Universität bei Einführung der Studienbeiträge einen hohen Konsens gegeben habe, möglichst umgehend die Gelder zur konkreten Verbesserung der Lehrbedingungen einzusetzen und möglichst wenige dieser Mittel für administrative Zwecke zu verausgaben. Dabei sei man sich im klaren darüber, dass das Berichtswesen erst nach einer Anlaufphase optimal standardisiert werden könne. Die jetzt aktuell diskutierte Situation gelte für den Bericht über das Wintersemester 2007/2008. Seit diesem Frühjahr habe man sich einvernehmlich auf ein für alle transparentes Raster geeinigt, das ab sofort gelte und das auch für alle Interessierten nachvollziehbar sei. Dieses Raster sei vom Prüfungsgremium zur Sicherung der Qualität der Lehr- und Studienorganisation, dass zur Hälfte mit Studierenden besetzt sei, erarbeitet und vom Präsidium und Senat begrüßt und verabschiedet worden. Hartnäckige Gerüchte, wie jenes, dass die Erstsemester-Netbooks mit Studienbeiträgen finanziert worden seien, dementierte die Hochschulleitung erneut: „Das ist definitiv nicht so“, beruhigte Kanzler Jürgen Plato die Studierenden.
Nicht weniger hitzig debattierten die Beteiligten das Thema Uni-Auslastung. Die Studierenden warfen der Hochschulleitung vor, eine Rekordzahl an Studienanfängern für mehr Gelder des Landes in Kauf genommen, aber keine geeigneten Rahmenbedingungen geschaffen zu haben. „Wir haben im Januar bereits beschlossen, den Numerus clausus weitgehend zu lockern und die Uni damit möglichst vielen Studierwilligen zu öffnen. Das ist auch eine gesellschaftspolitische Frage und diese Strategie wurde einvernehmlich von den Gremien der Universität und auch von den dort vertretenen Studierenden getragen“, verteidigte Präsident Risch das Vorgehen. Nachdem die Studierenden mit dem Bericht des Kanzlers über die geplanten Baumaßnahmen nicht zufrieden waren, bot dieser schnelleres Handeln an: Räume könnten umgehend im allerdings etwas entfernteren Technologiepark zur Verfügung gestellt werden, denkbar sei auch die vorübergehende Aufstellung von Containern wie an der Universität Bielefeld. Allerdings liege die momentane Anzahl der Überbelegungen mit 2,8 Prozent auch nicht wesentlich höher als im letzten Semester (2,6 Prozent). Auch die Dekane der am meisten ausgelasteten Fakultäten sahen die Mehrbelastung nicht dramatisch. „Jeder weiß, dass die Zustände in der ersten Semesterwoche immer teilweise chaotisch sind. Aber wir haben die Belastung einigermaßen gut im Griff, Beschwerden sollten an unser Dekanat herangetragen werden“, so Prof. Dr. Volker Peckhaus.
Bezüglich der Wohnungsnot und der mittäglichen Überfüllung der Mensa bot Kanzler Jürgen Plato an, ein Gespräch mit Studierenden und der Studentenwerks-Geschäftsführerin Dr. Katja Ullrich zu initiieren: Bereits am morgigen Samstag, 31. Oktober, soll um 12 Uhr im Audimax konstruktiv über mögliche Lösungen diskutiert werden. Denkbar wäre etwa eine Ausweitung der Mensa-Öffnungszeiten bis 15 Uhr. Auch wenn die Stimmung bei der außerordentlichen Veranstaltung teilweise sehr gereizt war, näherten sich Studierende und Hochschulleitung am Ende einander an. Zumindest soll es einige Änderungen in der Informationspolitik geben: Zur Verbesserung des Dialogs zwischen Studierenden und der Hochschulleitung einigte man sich darauf, Podiumsdiskussionen bzw. andere Informationsveranstaltungen dieser Art anzubieten, um die Studierenden verstärkt in die Kommunikationsprozesse innerhalb der Universität einzubinden. Beide Seiten signalisierten Gesprächsbereitschaft.
Text: Frauke Döll
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Weitere Informationen:
Baumaßnahmen gegen Raumnot – Universität Paderborn investiert seit Jahren große Summen zur Verbesserung der Situation
Seit Jahren arbeitet die Hochschulleitung intensiv daran, die Universität in Anbetracht steigender Studierendenzahlen strategisch auszubauen – um Studierenden, Forschung und Lehre buchstäblich mehr Raum zu geben. Zu den Baumaßnahmen der vergangenen und kommenden Jahre hier eine Zusammenfassung.
„Den Vorwurf, wir hätten uns nicht um den zusätzlichen Raumbedarf gekümmert, können wir so nicht stehen lassen“, sagt Dr. Martina Gerdes-Kühn vom Dezernat für Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten. Sie und ihre Mitarbeiter arbeiten seit langem am stetigen Ausbau der Universität Paderborn, die Anfang der 1970er Jahre noch für 6.500 Studierende konzipiert war. „Baumaßnahmen müssen allerdings von langer Hand geplant werden, deshalb richtet sich unser Blick immer weit in die Zukunft“, so Martina Gerdes-Kühn. Allein die Einholung der Planungs- und Baugenehmigungen sowie der Finanzierungszusagen durch das Land NRW erfordern detaillierte Vorbereitungen und Begründungen.
Nach der Errichtung des Gebäudes W als Drittmittelgebäude (2000), der Aufstockung und Erweiterung des Sportinstituts (2004) sowie der Errichtung des Zwischentraktes P1-P4 (2004) reagierte die Uni verstärkt auf den ersten Boom an Studienanfängern 2005 und hat seitdem die Zahl an Seminarraumplätzen um zwanzig Prozent erhöht. Durch Umzüge oder Umnutzungen von z. B. Werkstätten und Laboratorien wurden insgesamt zwölf neue Seminarräume mit rund 700 Sitzplätzen geschaffen, ganz aktuell noch einmal vier Seminarräume mit 120 Sitzplätzen. Außerdem wurde 2007 der Multifunktions-Hörsaal G mit 450 Sitzplätzen in Betrieb genommen. Darüber hinaus konnte bereits 2006 das mit Reinstraumtechnik ausgestattete Gebäude P8 für den Forschungsbereich Optoelektronik in Betrieb gehen. Und um die beklagte Parkplatznot zu vermindern, wurde 2007 auch ein Parkplatz mit 130 Stellplätzen am W-Gebäude (Ecke Südring/Pohlweg) angelegt.
Neben der Schaffung neuer Raumressourcen hat das Baudezernat in den vergangenen Jahren immer wieder Umbauarbeiten und Sanierungsmaßnahmen in Angriff genommen, etwa die Modernisierung der Mensa (2004) und des Uni-Foyers mit der Einrichtung des Service-Centers, die Neugestaltung der Caféteria (2007) oder die Teilmodernisierung der Bibliothek (2008).
Ende November 2009 wird die Aufstockung und Erweiterung des NW-Gebäudes abgeschlossen sein. Hier wird es 40 neue Büros und drei neue Seminarräume à 30 Sitzplätze geben. Im NW-Erweiterungsbau sowie im Gebäude K sollen auch die Chemiker während der Sanierung des Gebäudes J untergebracht werden: Gebäude J wird bis Oktober 2012 komplett kernsaniert und beherbergt dann weitere Büro- und Seminarräume sowie Hörsäle und Räume für studentisches Arbeiten. Profitieren werden insbesondere die stark ausgelasteten Fakultäten für Kulturwissenschaften sowie für Wirtschaftswissenschaften.
Die Chemiker erhalten mit dem Gebäude K derzeit ein neues, hochtechnisiertes Laborgebäude, das voraussichtlich bereits in einem Jahr eröffnet wird: Hier werden 420 Studierende und 55 Mitarbeiter auf den Gebieten der Anorganischen und Analytischen Chemie, der Didaktik der Chemie, der Organischen Chemie und der Physikalischen Chemie studieren, forschen und lehren.
Die Uni beteiligt sich mit 3,3 Millionen Euro – je zu einem Drittel aus dem Hochschulpakt 2020, der leistungsorientierten Mittelverteilung und aus Studienbeiträgen – an der Sanierung J und dem Neubau K mit einem Gesamtbauvolumen von 21 Millionen Euro.
In diesem Dezember wird auch noch der 1. Spatenstich für das neue Gebäude O sein: In dem etwa 100 Meter langen Gebäude am Pohlweg ist im Erdgeschoss ein Veranstaltungszentrum mit zwei Hörsälen und drei Seminarräumen geplant. In der Ebene 2 soll das IMT ein Rechenzentrum nach den neusten technologischen Anforderungen erhalten und in Ebene 3 und 4 soll eine Vielzahl von fachspezifischen Labor- und Seminarräumen Platz finden. Bis Juli 2011 soll das zusätzliche, 15 Millionen Euro teure Uni-Gebäude fertig gestellt sein. Der Eigenanteil der Uni beläuft sich hier auf 5 Millionen Euro.
Darüber hinaus hat die Uni 34,8 Millionen Euro aus dem Hochschulmodernisierungsprogramm der Landesregierung für zwei Ersatzgebäude mit insgesamt 8000 m2 Nutzfläche sowie einem Parkdeck eingeworben. Beide Gebäude sowie die Parkplätze werden Mitte 2013 nutzbar sein.
Zur aktuellen Raumsituation an der Universität Paderborn
In der ersten Vorlesungswoche waren lediglich 26 Veranstaltungen ohne Raum. Bei allen Veranstaltungen konnte kurzfristig Abhilfe geschaffen und ein entsprechender Raum zur Verfügung gestellt werden.
Bei ca. 2.000 Veranstaltungen insgesamt wurden 56 Raumüberbelegungen am Anfang des Semesters gemeldet, hiervon konnten bis jetzt ca. 1/3 in größere Räume oder auf andere Zeiten verlegt werden. Die Hochschule geht davon aus, auch die restlichen Anfragen in den nächsten zwei Wochen geklärt zu haben.
Vergleich Sommersemester 2009 und Wintersemester 2009/2010:
Anzahl der Lehrveranstaltungen SS 2009:
1.500 → 39 Überbelegungen (2,6%)
Anzahl der Lehrveranstaltungen WS 2009/2010:
2.000 → 56 Überbelegungen (2,8%)
Dadurch zeigt sich, dass die Anzahl der Überbelegungen von 2,6 % (SS) im Vergleich zur Anzahl der Menge der Veranstaltungen mit 2,8 % (WS) nur minimal gestiegen ist.
Seit Vorlesungsbeginn sind insgesamt ca. 330 Anfragen zu Raumtausch oder zusätzlichen Räumen eingegangen, von denen zum jetzigen Zeitpunkt bereits ca. 225 Anfragen zur Zufriedenheit der Dozenten abgearbeitet werden konnten. Dabei ist anzumerken, dass bei den noch verbleibenden ca. 105 Anfragen auch Blockveranstaltungen oder Einzelveranstaltungen liegen, die zu einem späteren Zeitpunkt des Semesters oder sogar erst am Ende des Semesters stattfinden.
In den Randzeiten (7 – 9 Uhr, ab 18 Uhr und Freitagnachmittag) sind nach wie vor Kapazitäten frei. Diese stehen der Universität Paderborn zur Verfügung. Auch konnte Abhilfe durch die Anmietung von Räumen im Technologiepark geschaffen werden.