Die Forschungsredaktion der Diskussionszeitschrift „Erwägen Wissen Ethik“ (EWE), vormals Ethik und Sozialwissenschaften (EuS) an der Universität Paderborn hat zwei neue Publikationen konzipiert und organisiert. Dazu Dr. Bettina Blanck von der Forschungsredaktion: „Markenzeichen von EWE ist, dass grundlegende Fragen interdisziplinär in ihrer gesamten Breite und Kontroversität von ausgewiesenen Expertinnen und Experten erörtert werden. Das Themenspektrum der beiden ersten Hefte des 19. Jahrgangs reicht vom Grundlagenproblem „Krieg“ über die Frage nach möglichen Zusammenhängen zwischen „Kognitiver und Kultureller Evolution“ bis hin zum Thema „Feste in Geschichte und Gegenwart“.
Dr. Werner Loh von der Forschungsredaktion ergänzt: „Wer EWE schon länger verfolgt, kann hinter diesen scheinbar sehr disparaten Themen den programmatischen roten Forschungsfaden erkennen und feststellen, wie stark grundlegende Themen bei aller Verschiedenheit auf vielfältige Weise untereinander zusammenhängen.“
Das wird auch immer wieder von den Teilnehmenden an den Diskussionen festgehalten: „Es ist ein Vorteil einer Zeitschrift wie EWE, deren Seinsgrundlage der Diskurs ist, dass der jeweils gewählte Gegenstand interdisziplinär zur Diskussion steht. Damit wird über die Gräben um die verinselten Fachdisziplinen Wissen in neue Biotope transportiert, wo es in manchen Fällen die Systeme dynamisch bereichert“, stellt etwa Prof. Dr. Bernhard Verbeek (Universität Dortmund) in seiner Kritik zu dem Hauptartikel von Prof. Dr. Herfried Münkler (Humboldt Universität Berlin) zum Thema „Krieg“ fest.
Mit insgesamt 34 Kritiken sowie der dazugehörigen Replik des Verfassers des Hauptartikels ist die Diskussionseinheit zum Thema „Krieg“ im 1. EWE-Heft, 2008, besonders umfassend ausgefallen. Für Prof. Münkler ist es EWE dabei gelungen, eine Interdisziplinarität zusammenzubringen, die hinsichtlich „der fachlichen Zusammensetzung“ eine Orientierung für zukünftige Tagungen sein könnte. „Für uns sind solche Einschätzungen eine Bestätigung unserer ungewöhnlichen Vorgehensweise, eine Zeitschrift als Forschungsinstrument zu nutzen“, freut sich die EWE-Forschungsredaktion: „Wenn die jeweilige Kontroversität der Themen in den Diskussionseinheiten sichtbar wird und dies zu klärungsförderlichem Streit und weiterführenden Forschungen führt, dann haben wir gut gearbeitet.“
Die Idee, mit einer Zeitschrift forschend zu arbeiten und wie dies in der Lehre zu einer neuen forschungsorientierten Lehr- und Lernkultur führen kann, zeigt der ebenfalls in Heft 1, 2008, veröffentlichte Bericht über „Leipziger Erwägungsseminare“. Dieser Bericht wurde gemeinsam von Lehrenden und Studierenden an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig verfasst, die schon seit mehreren Jahren das Paderborner Didaktikkonzept von Erwägungsseminaren für forschendes Lehren und Lernen praktizieren.
In Heft 2, 2008 (Oktober), werden die Themen „Kognitive und Kulturelle Evolution“ (mit 19 Kritiken) und „Feste in Geschichte und Gegenwart“ (mit 15 Kritiken) erörtert.
Die Autorin des Hauptartikels über „Evolution“, PD Dr. Miriam Noël Haidle (Senckenberg Forschungsinstitut Frankfurt a. M.), kommt in ihrer Replik zu folgender Einschätzung:
„In den 19 Kritiken […] gaben VertreterInnen unterschiedlicher natur-, geistes- und sozialwissenschaflicher Disziplinen Kommentare bzw. stellten Fragen zu sieben Hauptfeldern: zu einer interdisziplinär verständlichen und präziseren Begriffs-klärung, zur Anwendbarkeit des Modells des kognitiven Raums auf andere kulturelle Bereiche als Werkzeuggebrauch. Ferner zur Rolle sozialer Veränderungen bei der kulturellen Entwicklung, zur Flexibilität und Vielfalt heutigen menschlichen Verhaltens, zur Relevanz des Modells für andere Disziplinen, zu Meilensteinen und der Untersuchbarkeit gradueller Veränderungen in der kognitiven Entwicklung sowie zur Abgrenzung modernen Denkens bzw. Handelns aus paläolithischen Funden“. Dass es dabei, wie immer höchst kontrovers zugeht, lässt sich schon an den Überschriften einiger Kritiken erkennen.
Wie aufschlussreich die Beachtung der Geschichte auch für scheinbar Selbstverständliches und Alltägliches wie „Feste“ ist, zeigt sich in der Diskussion des Hauptartikels von Prof. Dr. Michael Maurer (Universität Jena). Nach Maurer ist es – wie er in seiner Replik schreibt – EWE in „anspruchsvoller Weise“ gelungen, „die interdisziplinäre Interessenlage“ zu belegen: „15 kritische Voten erreichten den Kulturhistoriker von seiten der Theologie, der Sprach- und Literaturwissenschaft, der Evolutionsbiologie, der Ethnologie, der Soziologie, der Geschichtswissenschaft und der Altertumswissenschaft“.
Vorausschau: EWE-Heft 3, 2008 (voraussichtlich Dezember) ist ein Themenheft zu dem Schwerpunkt „Umgang mit Fehlern – Fehlerkultur“ mit vier Hauptartikeln sowie 18 Gesamtkritiken und vier Repliken auf alle Gesamtkritiken. In Heft 4, 2008 (Frühjahr 2009), wird es neben einer Diskussionseinheit zum Thema „Beleidigung“ (mit 20 Kritiken) eine „Reprotext-Diskussion“ zu einem „Klassiker-Text“ über „Zahlbegriffe“ von Christoph Sigwart geben.
Informationen zur Zeitschrift im Internet unter: http://iug.uni-paderborn.de/ewe
Probehefte können über den Lucius & Lucius Verlag angefordert werden: http://www.luciusverlag.com/