Liegt die Zu­kunft von Rail­Cab am ara­bi­schen Golf?

Seit mehr als acht Jahren arbeitet die RailCab-Gruppe der Universität Paderborn an ihrer zukunftsweisenden Verkehrstechnologie. Kleine, individuell konfigurierbare Shuttle-Fahrzeuge sollen Güter und Personen in minimaler Zeit, ohne Umsteigen, von A nach B transportieren. Prof. Dr.-Ing. Joachim Lückel vom Mechatronik Laboratorium der Uni Paderborn: "Nachdem Versuche auf der Teststrecke am Südring gezeigt haben, dass diese Vorstellung nicht nur in Simulationen am Rechner, sondern auch mit maßstäblich skalierten Versuchsfahrzeugen funktioniert, steht seit einigen Monaten die Frage nach einem ersten kommerziellen Einsatz im Raum."

Der lange Atem und die Ausdauer der Forscher scheinen belohnt zu werden. Auf Einladung der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate präsentierte Ende Juni eine deutsche Delegation das System bei hochrangigen Vertretern der Regierung und der kommunalen Verkehrsbehörde in Abu Dhabi.

Die aufstrebenden Golfstaaten erleben durch das starke wirtschaftliche Wachstum eine dramatische Zunahme des Verkehrsaufkommens. Obwohl das Straßennetz Abu Dhabis hervorragend ausgebaut ist, steht die Golf-Metropole, nicht zuletzt durch die Erschließung neuer Stadtflächen auf den Inseln, vor besonderen Herausforderungen bei der Entwicklung eines Nahverkehrssystems. Infolge der geologischen Situation und des hohen Grundwasserspiegels scheidet eine U-Bahn aus. Hinzu kommen die besonderen klimatischen Bedingungen in der Golfregion mit hohen Temperaturen, Sandstürmen und zeitweise extremer Luftfeuchtigkeit.

Bei der Suche nach technischen Konzeptionen für das kommunale Verkehrssystem sind die Verkehrsexperten aus Abu Dhabi nun offenbar in Paderborn fündig geworden. Das RailCab-System könnte nicht nur eine Lösung für die mittelfristig zu erwartenden Verkehrsprobleme darstellen, so Lückel, sondern besteche zusätzlich durch die konsequente Umsetzung mechatronischer Prinzipien in seiner Antriebs-, Spurführungs- und Feder-/Neigetechnik. Nicht zuletzt deshalb dürfte der Ehrgeiz der Golfstaaten, stets die technisch besten Lösungen ins Land zu holen, eine Rolle dabei spielen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate die Paderborner Delegation zur Präsentation vor Ort nach Abu Dhabi eingeladen haben.

Während ihres mehrtägigen Besuches führte die vierköpfige Delegation, bestehend aus den Professoren Lückel, Wilhelm Dangelmaier und Jörg Wallaschek sowie Dr. Becker (See GmbH), Gespräche mit hochrangigen Vertretern der Regierung und der Stadtverwaltung. Auf Vermittlung der Deutschen Botschaft fanden Gespräche mit dem Private Office von Sheikh Hamdan und dem für die Verkehrsinfrastruktur zuständigen Vorsitzenden des Stadtentwicklungs-Komitees statt. Dabei ging es nicht nur um die Frage, ob und unter welchen Bedingungen RailCab am arabischen Golf ggf. zum Einsatz kommen kann, sondern vor allem auch darum, wie diese Verkehrstechnik, für die es in Deutschland bislang kein Interesse auf Seiten von Investoren gibt, weiter entwickelt werden kann.

Offenbar kommt das RailCab Projekt auch einem anderen lang gehegten Wunsch der Golfstaaten entgegen. Auf der Suche nach Zukunftstechnologien und beim Bemühen, auch in Wissenschaft und universitärer Ausbildung einen Spitzenplatz zu erringen, könnte der mit RailCab verbundene Technologie- und Wissenstransfer im Bereich der Mechatronik einen wesentlichen Baustein darstellen, um die ingenieurwissenschaftliche Ausbildung in den Golfstaaten voranzubringen. Mit Hilfe der Deutschen Botschaft sollen schon im Herbst die ersten Mechatronik-Seminare in Abu Dhabi durchgeführt werden.

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