Paderborner Wissenschaftskolleg
Ziel des Paderborner Wissenschaftskollegs ist es, durch interdisziplinäre Forschungsvorhaben und internationale Kooperationen neue Forschungsimpulse an der Universität Paderborn zu setzen.
Die Ausschreibung ist themenoffen und richtet sich an Wissenschaftler*innen ab der Postdoc-Phase (mindestens 2 Jahre) aus sämtlichen Disziplinen der Universität. Das Wissenschaftskolleg bietet die Möglichkeit, gemeinsam mit bis zu zwei externen Kolleg*innen ausländischer Universitäten oder Forschungseinrichtungen Unterstützung für die Entwicklung eines interdisziplinären und international ausgerichteten Forschungsvorhabens zu beantragen. Eine Arbeitsgruppe des Wissenschaftskollegs kann sich – frei von Lehrverpflichtungen und in eigenen Räumen, die im AStA-Stadtcampus zur Verfügung stehen – über einen Zeitraum von sechs Monaten ganz auf die Entwicklung ihres Forschungsvorhabens konzentrieren.
Die Ausschreibung erfolgt einmal jährlich im Juli/August (Frist: Mitte Oktober) und kann dann auf der Seite „Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs (FK)“ in der Box „Aktuelle Ausschreibungen“ abgerufen werden.
Die bisherigen Projekte im Paderborner Wissenschaftskolleg
Antragstellerinnen:
Jun. Prof. Nieves Lopez Salas (Universität Paderborn, Chemie)
Dr. Ying Pan (Universität Paderborn, Chemie)
Gastwissenschaftler*innen:
Assoc. Prof. Dr. Ran Su (Hebei Universität of Technologie, Chemieingenieurwesen)
Dr. Xianjue (Sam) Chen (Universität Newcastle, Umwelt und Lebenswissenschaften)
Projektbeschreibung
Dieses Projekt zielt darauf ab, eine internationale Zusammenarbeit zwischen der UPB und den eingeladenen Forschern außerhalb Deutschlands aufzubauen, indem multidisziplinäres Fachwissen im Bereich grüner Energie und grüner Kraftstoffproduktion zusammengebracht wird. Diese gemeinsame Anstrengung zielt darauf ab, die Herausforderungen, die bei der Gesamtwasserspaltung bestehen, zu bewältigen. So soll der Weg für zukünftige langfristige gemeinsame Anstrengungen geebnet werden, um neue Materialien und chemische Lösungen zu entwickeln, die den Bereich der nachhaltigen grünen Energie voranbringen.
Die photokatalytische Gesamtwasserspaltung als potenzielle Methode für die großtechnische Wasserstoffproduktion allein aus Sonnenenergie und Wasser hat erhebliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, um die kritischen Energie und Umweltprobleme anzugehen. Auf der Suche nach kostengünstigen und weithin verfügbaren Photokatalysatoren haben sich kohlenstoffbasierte Materialien, die aus Elementen bestehen, die auf der Erde reichlich zur Verfügung stehen und geeignete Bandlücken aufweisen, als vielversprechende Alternativen zu den üblicherweise verwendeten metallbasierten Gegenstücken erwiesen. Trotz ihres Potenzials ist die photokatalytische Effizienz von Kohlenstoffnitriden bei der Wasserspaltung insgesamt durch ihre ineffektive Ladungstrennung und ihre Abhängigkeit von einem Edelmetall-Cokatalysator begrenzt. Um die oben genannten Herausforderungen zu bewältigen, schlägt das Gemeinschaftsprojekt, an dem die Universität Paderborn (Deutschland), die Universität Newcastle (Australien) und die Hebei University of Science and Technology (China) beteiligt sind, vor, (1) zwei Gruppen von Halbleitern auf Kohlenstoffnitridbasis durch Abstimmung ihrer elektronischen Strukturen zu entwickeln; (2) eine Bibliothek elektrostatisch zusammengesetzter direkter Z-Schema-Photokatalysatoren für eine optimale Gesamtwasserspaltung aufzubauen.
Die erfolgreiche Durchführung dieses Projekts dient als Anschubfinanzierung und als grundlegender Schritt zur Etablierung einer dauerhaften, langfristigen internationalen Zusammenarbeit zwischen Forschern der UPB und Fachleuten anderer Einrichtungen.
Kontakt: Dr. Ying Pan
Antragsteller:
Prof. Dr. Daniel Beverungen (Universität Paderborn, Wirtschaftsinformatik)
Dr. Christian Bartelheimer (Universität Paderborn, Wirtschaftsinformatik)
Gastwissenschaftler*innen:
Prof. Dr. Brian Pentland (Michigan State University, USA)
Prof. Dr. Iris Beerepoot (Universiteit Utrecht, Niederlande)
Projektbeschreibung
Dieses Projekt untersucht das Auftreten und die Auswirkungen von Workarounds—informelle Handlungen, die von Mitarbeitenden ergriffen werden, wenn formelle Prozesse, Technologien oder organisatorische Strukturen nicht den Anforderungen ihrer täglichen Arbeit entsprechen—auf Geschäftsprozesse in Organisationen. Workarounds werden von Mitarbeitenden durchgeführt, die sogenannte Misfits zwischen ihrer Arbeitsumgebung und den Tools oder Prozessen wahrnehmen, die sie verwenden sollen. Diese Misfits können aufgrund veralteter Technologie, starrer Arbeitsabläufe oder der Komplexität von Aufgaben entstehen, die in den standardisierten Prozessen nicht berücksichtigt werden.
Workarounds können verschiedene Konsequenzen haben. Auf der positiven Seite können sie die Effizienz verbessern, Kreativität fördern und als Quelle für Innovationen innerhalb von Organisationen dienen. Wenn Mitarbeitende formelle Prozesse anpassen oder umgehen, können sie neue, effektivere Arbeitsweisen schaffen, die die Gesamtproduktivität steigern. Allerdings können Workarounds auch negative Auswirkungen haben. Sie können zu einer verringerten Einhaltung von Unternehmensrichtlinien, zu einem Verlust der Kontrolle über Prozesse und zu potenziellen Risiken wie Fehlern, Umsatzverlusten oder rechtlichen Problemen führen.
Die Untersuchung von Workarounds ist wichtig, da sie ein weit verbreitetes, aber oft übersehenes Phänomen in Organisationen darstellen. Die meisten Unternehmen konzentrieren sich auf die Optimierung formalisierter Prozesse, doch die informellen Anpassungen, die Mitarbeitende durch die Etablierung von Workarounds vornehmen, können erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Organisation haben. Indem Organisationen verstehen, wie und warum Workarounds entstehen, können sie diese besser steuern und möglicherweise als Treiber für Verbesserungen nutzen, anstatt sie nur als Abweichungen von Vorgaben zu behandeln.
Die Untersuchung, welche Arten von Misfits zu welchen Arten von Workarounds führen und wie sich diese Workarounds im Laufe der Zeit in Geschäftsprozessen manifestieren oder auch nicht, wird zur Literatur im Bereich Business Process Management (BPM) und Organisationswissenschaften beitragen. Die Erkenntnisse liefern ein tieferes Verständnis der Rolle von Workarounds bei dynamischen Veränderungen von Geschäftsprozessen. Gleichzeitig helfen unsere Ergebnisse Unternehmen dabei, den Wert von Workarounds zu erkennen, potenzielle Risiken zu identifizieren und Strategien umzusetzen, die es ermöglichen, Workarounds zur Verbesserung der Prozesseffizienz und Steigerung der Anpassungsfähigkeit des Unternehmens zu nutzen.
Kontakt: Prof. Dr. Daniel Beverungen, Dr. Christian Bartelheimer
Antragsteller*innen:
Prof. Dr. Martin Schneider (Universität Paderborn, Management)
Prof. Dr. Claudia Öhlschläger (Universität Paderborn, Komparatistik)
Weitere Kooperationspartner*innen:
PD Dr. Alexander Dunst (Universität Paderborn, Amerikanistik)
Prof. Dr. Kirsten Thommes (Universität Paderborn, Management)
Gastwissenschaftler*innen:
Prof. Dr. Isolde Schiffermüller (Universität Verona, Germanistik)
Dr. Sabine Bacouël-Jentjens (ISC Paris, Management)
Projektbeschreibung:
Das Projekt möchte Diskurse (Rede- und Wissensordnungen) über das Verhältnis von Mensch und Maschine seit den 1920er-Jahren bis zu den 2020er-Jahren in kulturwissenschaftlicher Perspektive wie in wirtschaftswissenschaftlicher Sicht untersuchen und mit der Methode des Vergleichs produktiv machen. Im Fokus stehen dabei literarische, anthropologische, philosophische, soziologische sowie ökonomische Entwürfe vom ‛Menschen’, der als vernunftbegabte Kreatur die Technik schafft, die ihm zugleich zur Bedrohung werden kann. Technische Errungenschaften fordern den Menschen produktiv und kreativ heraus, können diesen andererseits aber auch ersetzen. Erkenntnisleitend sollen folgende Fragen sein:
Welche Menschenbilder werden angesichts neuer, digitaler Technologien gegenwärtig entworfen? Wird der Mensch diesen Bildern zufolge von intelligenten Maschinen unterstützt, verändert, ersetzt oder gar als Gattung zerstört? Welche Menschenbilder hat das erste industrielle Zeitalter in den 1920er-Jahren – auch im Kontext der Humanismus-Diskussionen – hervorgebracht und in welcher Weise wurden Aufklärung, Vernunft und Fortschritt anschließend, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, einer kritischen Revision („Kritische Theorie“) unterzogen? In welchem Verhältnis stehen solche historischen zu aktuellen Entwürfen von Mensch und Maschine? Wo ergänzen, wo widersprechen sie sich?
Das Alleinstellungsmerkmal des Projekts besteht darin, dass es (1) den Fokus auf Bilder vom Menschen im Verhältnis zu Technik und Maschine richtet und (2) neben wissenschaftlichen auch populäre Aussagen über dieses Verhältnis in Filmen, Essays und öffentlichkeitswirksamen Sachbüchern berücksichtigt. Im Bereich des Managements entsprechen diese populären Formate etwa Ethikkodizes, Öffentlichen Ansprachen und Äußerungen von Personen mit Leitungsfunktion in Unternehmen oder populären Wirtschaftsbüchern. Im Bereich der Literatur- und Kulturwissenschaften interessieren insbesondere kleine Formen, wie etwa der Essay, die Rede, Paratexte (Vorworte u.ä.), weltanschauliche Abhandlungen oder auch der Film als Medium populärvisueller Kultur, um die Imaginationsgeschichte zwischen Mensch und Maschine unter anthropologischen, soziologischen und gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten zu ergründen. Erst eine vergleichende Zusammenschau solcher Texthybride, die kulturelles und ökonomisches Wissen im interdisziplinären Grenzbereich von Theorie, Wissenschaftlichkeit und Popularisierung generieren, wird valide Aussagen über historische Transformationsprozesse des Verhältnisses von Mensch und Maschine ermöglichen.
Die Beteiligten haben sich zum Ziel gesetzt, eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln und weitere Beteiligte für ein gemeinsames Antragsvorhaben zu gewinnen.
Antragsteller*innen:
Prof. Dr. Jutta Weber (Universität Paderborn, Mediensoziologie)
Prof. Dr. Eyke Hüllermeier (inzwischen LMU München, Informatik)
Gastwissenschaftler*innen:
Assoc. Prof. Dr. Theo Röhle (Universität Göteborg, Medientheorie)
Dr. Doris Allhutter (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Politikwissenschaft)
Projektbeschreibung
In dem Forschungsprojekt werden die Grundlagen, Praktiken und Effekte automatisierter Bewertung und Vergleichung in der Data Society untersucht. Leitende Forschungsfragen sind: Wie und weshalb gewinnen Praktiken der Vergleichung, des Rankings und Profilings (hier im Sinne einer automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten) so rasant an Bedeutung? Warum werden zuvor inkommensurable Eigenschaften zunehmend selbstverständlich miteinander verglichen?
Neben der Suche nach fairen und transparenten Methoden des Rankings sind im Rahmen des Forschungsprojekts Interviews mit Expert*innen im Bereich algorithmenbasierter sprachanalytischer Bewerbungsverfahren geplant, um Effekte automatisierter Bewertung und die damit verbundenen Sozioimaginationen einer standardisierten und vermeintlich Bias-freien, „objektiveren“ Beurteilung zu untersuchen. Das Forschungsvorhaben vereint Perspektiven der Science & Technology Studies, der Medientheorie, der Politikwissenschaft, der Informatik sowie des Machine Learnings.
Kontakt: Prof. Dr. Jutta Weber
Antragstellerin:
Dr. Lena Weber (Universität Paderborn, Soziologie)
Gastwissenschaftler*innen:
Prof. Dr. Anne Kovalainen (Universität Turku, Wirtschaftswissenschaft)
Prof. Dr. Seppo Poutanen (Universität Turku, Soziologie)
Projektbeschreibung
Diese Kooperation von Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Philosophie eröffnet eine innovative Perspektive auf die Begleiterscheinungen einer die gesamte Gesellschaft durchdringenden Digitalisierung. Dabei ist der Fokus insbesondere auf die Grenzen einer solchen tiefgreifenden Entwicklung gerichtet, die nicht nur ökonomische Beziehungen, sondern weite Bereiche der Wissensproduktion sowie damit einhergehende Geschlechterungleichheiten beleuchtet.
Durch die Plattform-Ökonomie entstehen neue Formen der kommerziellen Nutzung von User- und Klient*innendaten. Für den bisher eher auf privaten Märkten organisierten Bereich der informellen Care-Arbeit (Babysitting, Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen) stellen beispielsweise Care-Plattformen wie betreut.de, helpling.de, carelinx.com neue Herausforderungen dar. Es wird eine Industrie geschaffen, die sich darauf spezialisiert, care giver und care receiver zu vermitteln und zu matchen, also auf ihre Passfähigkeit und Sicherheit hin zu prüfen. Offene Fragen in diesem Forschungsfeld sind, nach welchen Prinzipien Plattformen vermitteln und inwiefern soziale Ungleichheitsdimensionen dabei entscheidende Einflussgrößen darstellen. Welche Motive bewegen Klient*innen, etwa Babysitter über Plattformen, statt in ihrem sozialen Umfeld zu suchen? Welchen Einfluss haben Profile der care giver und care receiver auf die Vermittlungschancen? Inwiefern führen Care-Plattformen zu einer Formalisierung informeller Care-Arbeit und mit welchen Vor- und Nachteilen ist dies verbunden? Wie verändert sich das Markt-Verhältnis in diesem Bereich durch die entstehende Plattform-Ökonomie?
Die Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, eine gemeinsame theoretische Perspektive herauszuarbeiten, von der aus sie bilaterale Anträge stellen kann.
Kontakt: Dr. Lena Weber
Ansprechpartnerin
Geschäftsstelle Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs
Büro: B2.336
Telefon: +49 5251 60-5216
E-Mail: katharina.patz@zv.uni-paderborn.de