Von der Re­le­vanz der Spra­che in der Me­di­zin: Ers­te in­ter­dis­zi­pli­näre Ar­beits­ta­gung des DFG-Netz­werks „Lin­gu­is­tik & Me­di­zin“ vom 27. bis 29. März an der Uni­ver­si­tät Pa­der­born

„Die klinische Relevanz von Sprache wird bis heute unterschätzt“, sagt Dr. Marina Iakushevich von der Universität Paderborn. Um das zu ändern, organisiert die Sprachwissenschaftlerin zusammen mit Yvonne Ilg (Zürich) und Theresa Schnedermann (Mannheim) die erste interdisziplinäre Arbeitstagung des Netzwerks „Linguistik und Medizin“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die vom 27. bis 29. März an der Universität Paderborn stattfindet. In einer öffentlichen Podiumsdiskussion am Donnerstag, 28. März, werden ab 19.30 Uhr Experten aus den Bereichen Linguistik, Psychotherapie, Medizingeschichte und Wissenschaftsjournalismus diskutieren, wie sich die verschiedenen Perspektiven gegenseitig ergänzen und befruchten können. Im Fokus wird die Frage stehen, wie die Zusammenarbeit auf diesem multidisziplinären Feld konkret aussehen kann und wie die erzielten Ergebnisse in die medizinische Praxis überführt werden können. Weitere Informationen gibt es unter: www.linguistik-medizin.net.

„Wenn Krankheiten auftreten, dann verändert sich das Leben der Betroffenen grundlegend. Neben neuen medizinischen Inhalten müssen sich die Patienten an neue Gesprächssituationen und therapeutische Instruktionen gewöhnen. Sie müssen trotz Überforderung Entscheidungen treffen und orientieren sich dafür neben dem ärztlichen Rat an medialen Quellen“, so Iakushevich. Schuldzuschreibungen würden in Gesprächen oder Diskursen implizit oder offen formuliert und könnten zu Gefühlen der Scham, Ausgrenzung und Wut auf Seiten der Betroffenen führen. „Schon diese wenigen Stichpunkte verdeutlichen, dass ‚Krankheiten‘ hochkomplexe bio-psycho-soziale Phänomene sind und dass Gesprächen und Texten von der präventiven Aufklärung bis zur erfolgreichen Behandlung und Nachsorge eine wichtige Rolle zukommt“, so Iakushevich weiter.

Anknüpfend an Fragen, die sich daraus ergeben, haben sich die Mitglieder des Netzwerks „Linguistik und Medizin“ in den letzten zwei Jahren auf übergreifende Forschungsperspektiven verständigt, denen sie – über Einzelstudien hinweg – eine hohe medizinische und gesellschaftliche Relevanz beimessen und die sich in den Panels der Tagung und den Vorträgen der Tagungsteilnehmer wiederfinden. Dabei geht es insbesondere um Vorstellungen zu Ursachen und die Verantwortung für die eigene Gesundheit bzw. Krankheit, die Besonderheit von Sprachhandlungen in medizinisch-therapeutischen Zusammenhängen sowie die Wechselwirkungen zwischen Öffentlichkeit, subjektiven und fachlichen Krankheitstheorien.

Diskutiert wird ebenfalls die Frage, wie Forschungsergebnisse in geeigneter Form an die Öffentlichkeit kommuniziert werden können. Ziel solcher Bemühungen soll ein Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit sein, der die Rolle der sogenannten Medical Humanities sichtbar macht. Dies ist auch das Anliegen der öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema „Was macht die Humanmedizin zu einer humanen Medizin? Gelebte Multidisziplinarität als Chance und Herausforderung für Medical Humanities“. Iakushevich: „Die Forschungsergebnisse verschiedener medizinischer und sprachwissenschaftlicher Disziplinen sollen zum Anlass genommen werden, über die soziale, kulturelle und kommunikative Konstruktion von Krankheit und Gesundheit nachzudenken und darüber mit Vertretern aus Medizin, Psychotherapie, Medizingeschichte und Medien im Rahmen von Vorträgen und einer öffentlichen Podiumsdiskussion zu diskutieren.“

Kontakt

business-card image

Dr. Marina Iakushevich

Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft