Geld schießt (fast) im­mer To­re

Prof. Dr. Frick über den Transfermarkt, wirtschaftliche Effizienz und die Rolle der Fußball-Fans

Investitionen in Millionenhöhe, wochenlange Verhandlungen und die Hoffnung auf einen Domino-Effekt: In vielen Ländern Europas ist Halbzeit auf dem Transfermarkt. Noch bis zum 2. September haben Fußball-Clubs aus u. a. Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich Zeit, ihre Mannschaften mit Neuverpflichtungen zu verstärken. Wie wirtschaftlich die Clubs heute handeln und welche Rolle die Fans dabei spielen, erklärt Sportökonom Prof. Dr. Bernd Frick von der Universität Paderborn.

„Der berühmte Spruch ‚Geld schießt Tore‘ stimmt fast immer. Warum sollten sich Vereine sonst um Verstärkungen bemühen? Wenn mehr Geld in den Kreislauf kommt, dann werden in Zukunft die ohnehin schon hohen Ablösesummen für Fußballer natürlich weiter steigen und darauf deutet momentan alles hin“, ist sich der Paderborner Wissenschaftler sicher. Die Tatsache, dass Fernsehübertragungsrechte weltweit zu hohen Preisen verkauft und die Clubs ihre Umsätze in einem Umfang steigern würden, der vor paar Jahren nicht für möglich gehalten wurde, führe dazu, dass sich die Verkaufspreise für viele Profi-Fußballer ebenfalls proportional erhöhen. Frick: „Dass man in Zukunft für vermeintliche Spitzenspieler dreistellige Millionenbeiträge zahlt, daran werden wir uns gewöhnen müssen. Gleichwohl tragen wir ja alle als Konsumenten auch dazu bei, dass diese Summen überhaupt bezahlbar werden.“

Tickets, TV-Rechte und Merchandising

Ein Blick auf die Entwicklung der Preise für Tickets, Pay-TV-Abonnements und Merchandising-Produkte zeige, dass die Clubs hier sogar noch mehr Spielraum nach oben hätten, wie Frick feststellt: „Wenn wir die Ticket- und Pay-TV-Preise in Deutschland mit denen in England vergleichen, dann ist die Zahlungsbereitschaft der Fans bzw. Kunden in Deutschland maximal halb so hoch“. Trikots, die 100 Euro kosteten, würden dennoch genügend Abnehmer finden. Auch die Preise für Stadiontickets ließen sich bei entsprechend hoher Anfrage grundsätzlich so weit erhöhen, bis der erste Sitzplatz frei bliebe. „Für die Fußballvereine geht es aber natürlich auch darum, die Fans langfristig zu binden und die Preise für Familien bezahlbar zu halten, da Kinder und Jugendliche die Kunden von übermorgen sind“, so der Wissenschaftler. Insofern würden Vereine diese Preissetzungsmacht laut Frick auch nicht komplett ausreizen. Dennoch: „Die Clubs sind heute Wirtschaftsunternehmen. Man kann nicht auf der einen Seite von den Verantwortlichen wirtschaftliche Kompetenz einfordern und auf der anderen Seite den in dieser Hinsicht weniger qualifizierten Fans wirtschaftliche Entscheidungen zugestehen.“

Gehälter und Umsätze

Bei den hohen Summen, die in diesem Geschäft gehandelt werden, diskutierten Experten und Fußballfunktionäre in der Vergangenheit immer wieder die Einführung einer Gehaltsobergrenze, wie es sie etwa unter dem Begriff „Salary Cap“ im US-amerikanischen Sport gibt. „Ich glaube nicht, dass eine Gehaltsobergrenze sinnvoll ist. Zum einen halte ich das für einen aus ökonomischer Sicht schwer begründbaren Eingriff in die Autonomie der Clubs. Zum zweiten sind die Kosten zur Überwachung eines Salary Caps exorbitant hoch. Im Zweifel schließen die Spieler private Verträge mit Sportartikelherstellern ab, die nichts Anderes als verdeckte Gehaltszahlungen sind. Mit anderen Worten: In dem Moment, in dem eine Gehaltsobergrenze eingeführt werden soll, wissen die Clubs bereits, wie sie diese umgehen können.“ Obwohl die Umsätze der Bundesliga-Clubs in den vergangenen 25 Jahren stärker gestiegen seien als die Spielergehälter, gebe es immer noch ausreichend Clubs, die ihre Schuldenlast in dieser Zeit erhöhten.

Wirtschaftliche Verantwortung und Wettbewerb im Zwiespalt

Im Jahr 2015 führte die UEFA das Financial Fairplay (FFP) ein, das die Vereine in die Pflicht nehmen sollte, wirtschaftlich verantwortlicher zu handeln und weniger Schulden zu machen. „Natürlich weiß aber die UEFA, dass sie ihr wertvollstes Produkt, nämlich die Champions League, beschädigen würde, wenn sie Vereine wie Manchester City aufgrund von Regelverstößen vom Wettbewerb ausschließt“, betont Frick. Hinzu käme, dass ein solcher Ausschluss die Wahrscheinlichkeit einer sogenannten „Super Liga“, mit denen sich einige Clubs bereits seit Jahren beschäftigen, massiv erhöhen würde, wie der Paderborner Sportökonom zu bedenken gibt: „Ich glaube, dass die Clubs diese Diskussion strategisch einsetzen, um bei der UEFA zusätzliche Erlöse zu erpressen, und ich nenne es ganz bewusst ‚erpressen‘. Die UEFA weiß, dass diese Drohungen glaubwürdig sind. Sollte dieser Fall also eintreten, so würden die nationalen Ligen zu einer Resterampe verkommen, weswegen die Ligaverbände hier auch intervenieren und von der UEFA fordern, dass diese den europäischen Top-Clubs keinen Grund liefert, um sich abzuspalten.“

Text: Kamil Glabica, Stabsstelle Presse und Kommunikation

Foto (Universität Paderborn): Prof. Dr. Bernd Frick, Inhaber des Lehrstuhls für Organisations-, Medien- und Sportökonomie an der Universität Paderborn.

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