IT-Systeme haben heute einen Anteil von etwa 15% am weltweiten Stromverbrauch. Aufgrund ihres exponentiellen Wachstums besteht aus ökologischer und ökonomischer Sicht ein großes Interesse daran, die Energieeffizienz von Rechnersystemen zu steigern. Wie das möglich ist, zeigen Prof. Dr. Christian Plessl, Informatiker, und Prof. Dr. Thomas Kühne, theoretischer Chemiker, mit ihrem interdisziplinären Forschungsprojekt, das das Präsidium der Universität Paderborn nun mit einem 150.000 Euro dotierten Preis unterstützt.
Paradigmenwechsel in der Informationsverarbeitung
Informationstechnologien haben sich über nur wenige Jahrzehnte zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt und üben heute einen starken sowie stetig zunehmenden Einfluss auf Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft aus. Von ihrem exponentiellen Wachstum ist nicht nur die Rechenleistung, sondern auch die Anzahl der IT-Systeme betroffen. Eine derart rasante Entwicklung bedarf umso dringender der Erforschung von energieeffizienten Rechenmethoden, was jedoch ein bekanntes Problem aufwirft: „Wenn eine reproduzierbare Berechnung und Speicherung von Information gefordert wird, stehen der weiteren Effizienzsteigerung eine Reihe von praktischen Beschränkungen im Wege. Am Ende wird die Effizienz durch eine harte physikalische Grenze, die sogenannte Landauer-Schranke, begrenzt“, erklärt Plessl, Professor für Informatik und Leiter des „Paderborn Center for Parallel Computing“ (PC²). Diese Hindernisse gilt es nun zu umgehen und zwar mit Hilfe von „Approximate Computing“. Kühne, Professor für theoretische Chemie am Department für Chemie, dazu: „Beim Konzept des „Approximate Computing”, was wir in diesem Projekt untersuchen möchten, handelt es sich um einen fundamentalen Paradigmenwechsel, bei dem man die exakte Reproduzierbarkeit bewusst aufgibt und inexakte Berechnung und Speicherung zulässt.“ Aus dieser Methode ergebe sich der Vorteil, dass sich grundsätzlich äußerst effiziente Berechnungen ermöglichen lassen und perspektivisch sogar die Landauer-Schranke unterboten werden kann.
Geringerer Energieverbrauch, höhere Datenmengen
Um das Vorhaben in die Tat umsetzen zu können, sind jedoch neue Rechenmethoden notwendig, die es erlauben, aus ungenauen Berechnungen exakte Resultate abzuleiten. Im Gegensatz zu konventionellen Computerchips (CPUs), die zwar sehr flexibel sind, allerdings viel ungenutzte Chipfläche für Operationen vorhalten, lässt sich mit anwendungsspezifischen Hardwarebausteinen (FPGA) maßgeschneiderter und energieeffizienter arbeiten. Hier soll mithilfe der in Paderborn maßgeblich mitentwickelten Simulationssoftware CP2K eine neuartige und fehlertolerante Berechnungsmethode vorgeschlagen werden. „Im Erfolgsfall hätte man mit diesem Projekt einen eindrücklichen Machbarkeitsnachweis für die Nützlichkeit von Approximate Computing weit über das wissenschaftliche Rechnen hinaus. Möglicherweise ließe sich dieses Konzept auch erfolgreich auf eine Vielzahl anderer Gebiete anwenden, wie zum Beispiel auf globale Optimierungsprobleme, numerische Mathematik, Computergraphik, Quantum Computing und maschinelles Lernen“, so Kühne. Auch fachübergreifend profitiere die Forschung an der Universität Paderborn von diesem Projekt, sagt Plessl: „Die Integration des „Approximate Computing“-Konzepts würde die in den Departments Chemie, Physik und Informatik verarbeiteten Datenmengen nicht nur erhöhen, sondern gleichzeitig den Energieverbrauch im Rechenzentrum PC² reduzieren.“
Plessl und Kühne erhalten den Forschungspreis in einem feierlichen Rahmen beim nächsten Neujahrsempfang der Universität Paderborn im Januar 2019. Der Forschungspreis der Universität richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit visionären Ideen, gewagten Hypothesen, kreativen und unkonventionellen Technologien oder innovativen und mutigen Methoden Projekte abseits des Mainstreams entwickeln.