Im Rahmen der Ringvorlesung Wirtschaftsethik am Dienstagabend, 13. Dezember, hat Wirtschaftsprofessor Dr. Martin Schneider von der Universität Paderborn aus Sicht der Personalökonomie die zunehmende Digitalisierung und ihre Folgen auf das menschliche Arbeiten in den Blick genommen. Dabei machte er deutlich, dass es bei dieser Debatte nicht nur um technische oder soziologische Perspektiven gehen könne. Auch ökonomische Aspekte müssten verstärkt Berücksichtigung finden, insbesondere Fragen rund um die Organisation von Arbeit und das Beschäftigungsverhältnis.
„Wir stehen am Anfang des zweiten Maschinenzeitalters, das von Schlüsseltechnologien geprägt ist“, sagte Professor Schneider bei seinem Vortrag. Das Internet, der Computer und die Sensorik würden immer weiter zu neuen Technologien und Geschäftsideen kombiniert. Digitalisierung sei so eine Transformation mit längerer Dauer, die erst später in den Unternehmen ankomme und keine unerheblichen Kosten verursache. „Für jeden Euro, der in Hardware – Computer, Roboter usw. – investiert wird, müssen wohl so um die 10 Euro in neue Abläufe, Organisationstrukturen und Weiterbildung investiert werden“, erklärte Professor Schneider, der seit 2006 an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn das Fach Personalwirtschaft lehrt.
Die Überschrift seines Vortrags lautete „Vorwärts in die Vergangenheit“. Die Pointe dieses Titels solle eine paradoxe Situation verdeutlichen: „Es gibt zwar viele neue Technologien, die wir bislang nur aus Science-Fiction-Filmen kannten, aber die Art und Weise, wie die Arbeitskraft künftig bereitgestellt wird, verweist auf die Vergangenheit, auf Zeiten vor dem ersten Maschinenzeitalter. So werden große Unternehmen und ihre Hierarchien aufgebrochen.“ Beschäftigte seien dann nicht mehr fest angestellt, sondern als „Solo-Selbständige und Crowdworker“ tätig, die zuhause und nicht im Betrieb arbeiteten.
Wirkliche Folgen für die Beschäftigungsbedingungen seien noch schwer abzuschätzen. „Vermutlich sind sie ambivalent.“ Einerseits würden Beschäftigte mehr Freiheit erhalten, ihre Tätigkeit selbst zu organisieren, jenseits der alten bürokratischen Strukturen. Allerdings würden sie auch stärkeren Marktkräften ausgesetzt sein. „Die Unternehmen bewerten ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse – ihr Humankapital – ständig darauf hin, ob es wichtig ist für das Unternehmen. Festanstellungen werden also seltener. Insgesamt dürften die Einkommen und die Beschäftigungsbedingungen durch die Digitalisierung stärker differenziert werden.“
Die Ringvorlesung Wirtschaftsethik wird in diesem Wintersemester 2016/17 zum sechsten Mal durchgeführt. Sie begleitet die Kooperation der Theologischen Fakultät Paderborn und der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn im Bereich Wirtschaftsethik und hat zum Ziel, sowohl Raum für wissenschaftliche Reflexionen zu wirtschaftsethischen Themen zu geben als auch Stimmen aus dem regionalen Umfeld zu Wort kommen zu lassen. Verantwortlich für diese Kooperation sind Professor Dr. Günter Wilhelms (Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre, Theologische Fakultät Paderborn) und Professor Dr. René Fahr (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Governance, Universität Paderborn).
Unter der Überschrift „Arbeiten 4.0 – schöne neue Arbeitswelt“ beschäftigt sich die Ringvorlesung Wirtschaftsethik in diesem Semester mit Fragen zur digitalen Transformation der Gesellschaft und beleuchtet ihre Chancen und Risiken für den Menschen und seine Umwelt. Auch diesmal kommen im Laufe des Programms wieder Stimmen aus Theorie und Praxis zu Wort, insbesondere aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Ethik, Theologie, Gewerkschaften und Arbeitgeber.
Nächster Termin ist Dienstag, 24. Januar 2017: Theologische Fakultät Paderborn (Kamp 6), Hörsaal 2, Professor Dr. Günter Maier, Universität Bielefeld: „Schöne neue Arbeitswelt: Veränderte Arbeitsbedingungen und ihr Einfluss auf das Erleben und Verhalten“. Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr, gliedert sich in einen 45-minütigen Vortrag und eine 30-minütige moderierte Diskussion und endet um 19.45 Uhr.