"Das Auto wird fertig!" Nils Gerhart (24), Fahrer und technischer Leiter des upb-Racing-Teams der Universität Paderborn, ist optimistisch. Noch liegt der Motor der Suzuki SV 650 auf dem Tisch in der Campus-Werkstatt. Alle benötigten Teile sollen in spätestens vier Wochen eintreffen und das Aggregat zum Antrieb des Boliden ist bereits da. "Ende Mai gehen wir auf die Teststrecke des ADAC-Sicherheitszentrums in Mönkeloh. Der Zeitplan ist eng, kleine Abstimmungsprobleme können wir aber durchaus ausgleichen", so Gerhart, der im achten Semester Maschinenbau studiert und dem man in Sachen Motorentechnik nichts vormachen kann.
Er und Lars Heisel (20), ebenfalls Maschinenbau-Student, außerdem eingeschrieben für Wirtschaftsingenieurwesen, sind die Fahrer des ersten Auto-Rennstalls der Uni Paderborn. Beide sind Motorsportler mit jahrelanger Erfahrung. "Genau das ist unser Vorteil", sagt Lars Heisel, der die Favoriten des Wettbewerbs im Auge hat. Letztes Jahr sind die Teams aus Stralsund, Stuttgart, Helsinki und Graz ganz vorne mitgefahren und an denen wollen sich die Paderborner messen. "Aber wir bleiben auf dem Teppich. Schließlich fahren wir das erste Mal mit", so Heisel. Die Vorarbeiten für die Konstruktion des Motors laufen seit Oktober letzten Jahres auf Hochtouren. Nach langen Überlegungen haben sich die Experten für folgende Kombination entschieden: Turbolader, Allrad-Antrieb, der Sprit ist Bio-Ethanol. "Damit sind wir wohl die einzigen unter allen 60 Teilnehmern, die auf erneuerbare Energien setzen." Ein Nachteil soll das nicht werden. Nils Gerhart: "Bio-Ethanol ist ein extrem aggressiver Sprit, der alle Sprit führenden Teile des Motors angreift. Wir haben aber die Möglichkeit, das auszugleichen. Unsere Ventile und Ventilringe beispielsweise bestehen aus gehärtetem Material." Die Uni hat den jungen Wissenschaftlern einen Forschungsauftrag erteilt, mit 30.000 Euro wird die Konstruktion des Motors unterstützt.
Somit schlagen die Fahrer und alle Konstrukteure zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie widmen sich ihrem Hobby und erbringen darüber hinaus examensrelevante Leistungsnachweise. Nils Gerhart beispielsweise schreibt eine Studienarbeit über Crash-Strukturen, Materialanalysen inbegriffen. "Beim Start am Hockenheimring sind außerdem wichtige Leute aus der Motorsport-Szene unterwegs, auch Talent-Scouts von Porsche und BMW beispielsweise. Und natürlich Sponsoren. Wer weiß, vielleicht kann man auf diesem Weg sogar einen Kontakt zu einem potentiellen späteren Arbeitgeber herstellen", sagt Gerhart.
Zuvor stehen allerdings die vier Disziplinen der "Formula Student Germany Competition 2007" im Vordergrund: zwei Sprintrennen, in denen die Dynamik des Fahrzeugs unter Beweis gestellt werden muss, ein Handlingparcours, in dem es auf Kontrollierbarkeit in Kurven und Lastwechsel ankommt, und ein Beschleunigungsrennen. "Mit unserem 90 PS starken Motor setzen wir nicht unbedingt auf Geschwindigkeit. Schneller als 140 bis 150 Stundenkilometer fahren wir nicht, auch wenn 210 Kilometer pro Stunde durchaus drinsitzen würden", so Gerhart, "extreme Beschleunigung ist wichtiger". Auf der Rennstrecke innerhalb des Testgeländes auf dem Hockenheimring fahren die Piloten gegen die Uhr, nicht gegen die Konkurrenten. "Die Anspannung vor dem Rennen ist hoch. Wer gegen die Uhr fährt, hat keine Kontrollmöglichkeit und weiß während des Rennens nicht unbedingt, wo er steht", gibt Lars Heisel zu bedenken. Die Atmosphäre rund um den Ring sei aber trotzdem gut und kameradschaftlich, nur auf der Bahn werden die Teams zu Gegnern. Für die Uni Paderborn sehen Heisel und Gerhart einen Imagegewinn durch die Teilnahme an dem Wettbewerb, der im August über die Bühne geht. Neben der Hochschule stärkt auch die Stadt dem Auto-Rennstall den Rücken: So ist unter anderem während des NRW-Tages ein Info-Stand geplant.
Das Reglement schreibt übrigens drei Fahrer für die vier Disziplinen vor. Wer auf der Mönkeloh-Teststrecke der Schnellste ist, sitzt im Sommer hinterm Steuer. Gerhart lächelt: "Könnte sein, dass es sogar eine Frau wird. Mehr können wir zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen."