Deut­sche Li­te­ra­tur der Ge­gen­wart: Chri­s­toph Pe­ters über­nimmt die 33. Gast­do­zen­tur für Schrift­stel­le­r­in­nen und Schrift­stel­ler an der Uni­ver­si­tät Pa­der­born

Der Schriftsteller Christoph Peters wird am 8. Dezember die 33. Paderborner Gastdozentur für Schriftstellerinnen und Schriftsteller am Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn übernehmen. Die seit 1983 durchgeführte Veranstaltung richtet sich an Studierende und literarisch Interessierte in der Region. Moritz Rinke und Georg Klein hatten zuletzt die Gastdozentur inne. Die Gastdozentur findet, mit einer Ausnahme, montags von 16.15 bis 17.45 Uhr im Hörsaal G auf dem Campus der Universität statt. Die Abschlusslesung wird im Theater Paderborn stattfinden.

Christoph Peters’ Gastdozentur trägt den Titel „Was es nicht alles gibt oder: Wie mein schönes Leben ein düsteres Buch wird“. Am Montag, 8. Dezember, findet eine Auftaktlesung unter dem Titel „Winkende Katzen“ statt. Weitere drei Vorträge folgen im Dezember und im Januar, die mit einer Abschlusslesung abgerundet werden. Die Titel der Vorträge lauten wie folgt: „Mitten in Little Saigon“ (15.12.2014), „Ein Japaner im falschen Film“ (12.1.2015) und „’Stimmt das denn auch alles?’“ (19.1.2015). Die Abschlusslesung firmiert unter dem Titel „Der Ferne Osten von Berlin“ und findet am 26. Januar im Theater Paderborn statt.

Christoph Peters wurde 1966 in Kalkar am Niederrhein geboren. Von 1988-1994 studierte er Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und wurde unter anderem von Horst Egon Kalinowski, Günter Neusel und Meuser unterrichtet. Nach seinem Studium war er bis 1999 als Fluggastkontrolleur tätig. An der Universität Mainz hatte er 2004 die Poetik-Dozentur der Akademie der Wissenschaften und Literatur inne. 2008 übernahm er zusammen mit dem indischen Schriftsteller Kiran Nagarkar die 22. Tübinger Poetik-Dozentur. Peters lebt als freier Schriftsteller und Zeichner mit seiner Frau, der Schriftstellerin Veronika Peters, und der gemeinsamen Tochter in Berlin.

Peters erhielt u. a. folgende Preise: aspekte-Literaturpreis (1999), Georg-K.-Glaser Preis (2000), Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler (2004), Award for the annual best foreign novels of the 21st century, Peking/VR China (2004), Rheingau-Literaturpreis (2009) und Nominierung seines Werkes „Wir in Kahlenbeck“ für den Deutschen Buchpreis (2012).
 

Weitere Informationen zu Christoph Peters (Text: Prof. Dr. Norbert Otto Eke)

Mit Eleganz und erzählerischer Finesse entfaltet Christoph Peters in seinen Romanen und Prosastücken zunächst einen literarischen Kosmos, in dem häufig nichts ist, wie es scheint und die gewohnten Bilder der Wirklichkeitswahrnehmung buchstäblich haltlos werden. Mit Erzählverfahren, die virtuos die sprachliche Verfasstheit der konstruierten Wirklichkeiten in den Blick nehmen und beharrlich das problematische Verhältnis von Oberfläche und Tiefe, von Wahrheit und Realität, Wahrnehmbarkeit und Erzählbarkeit ausstellen, bietet Peters in diesen Werken eine (mögliche) Antwort auf die Frage nach der Welthaltigkeit/Erzählbarkeit komplexer und pluraler Wirklichkeiten. Die Voraussetzung dafür ist das genaue Hinsehen, ist der analytische Blick auf die Wirklichkeit, den Peters selbst als seinen „Primärzugang zur Welt“ bezeichnet hat: „Die Augen sind eigentlich das, womit ich am tiefsten in die Dinge eindringe, indem ich die Oberflächen genau betrachte, weil die Oberflächen doch meist sehr viel mehr über die Dinge sagen als das, was man oberflächlich nennt. Damit nähere ich mich allem.“

Das kunstvoll verschachtelte Erzählen kennzeichnet alle Werke von Christoph Peters, auch das Grundthema der irritierten Wahrnehmung. Aber während in den Romanen und Erzählungen von „Heinrich Grewents Arbeit und Liebe“ (1996) bis „Das Tuch aus Nacht“ (2003) vor allem die fragliche Existenz einer objektiven Realität und die Wahrheit von Wahrnehmung und Erinnerung Zentren des Erzählens ausbilden, stehen in Peters‘ späteren Werken von „Ein Zimmer im Haus des Krieges“ (2006) bis hin zu „Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln“ (2014) zumal kulturelle Differenzen, Projektionen und Missverständnisse zur Diskussion. Zugleich damit werden die Erzählarchitekturen leichter, werden die Formen überschaubarer, wird der Ton gelassener, was durchaus dabei komische und skurrile, aber auch beißende und satirische Seiten haben kann. Eine „federleichte Komödie über die Begegnung zweier Welten und Kulturen, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten“ hat die Kritik zu Recht Peters‘ letzten Roman „Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln“ genannt. Das allerdings ließe sich mit Fug und Recht auch über die interkulturelle Liebesgeschichte „Mitsukos Restaurant“ (2009) oder die Erzählungen des Bandes „Sven Hofestedt sucht Geld für Erleuchtung“ (2010) sagen. Immer wieder aufs Neue schafft Peters so artifizielle, dabei aber nicht schwer an ihrer Konstruktion tragende literarische Texturen, die mit ihren sorgsam aufgebauten, verschlungenen und verspiegelten Strukturen poetische Erfahrungsräume jenseits der alltäglichen Wirklichkeitserfahrung aufschließen.