"Ich war ganz und gar nicht sicher, ob ich mit Rainer Maria Rilke das Stipendium bekommen würde. Kurz vor meiner Präsentation vor dem Auswahl-Gremium war ich unglaublich aufgeregt", erinnert sich Gisela Maria Sander (26). Die Aufregung hat sich gelohnt. Mit ihrem Promotionsvorhaben "Rainer Maria Rilkes Auseinandersetzung mit der Prophetie des Alten Testaments - unter besonderer Berücksichtigung seiner biographischen Entwicklung" gehört die junge Studentin zu den insgesamt sieben Nachwuchs-Wissenschaftlern, die heute aus den Händen von Uni-Rektor Prof. Dr. Nikolaus Risch ihr Graduiertenstipendium entgegennahmen.
Dabei betonte der Rektor: "Neben aller Anstrengung, aller Leistung, Konzentration und Disziplin benötigt man auch Glück. Und das wünsche ich Ihnen bei Ihren weiteren Forschungsvorhaben." Ein Quäntchen Glück war es auch bei Gisela Maria Sander, das zum Erfolg führte: "Scheinbar bin ich vor dem Gremium sehr überzeugend aufgetreten." Ihr Promotionsvater ist Prof. Dr. Hubert Frankemölle, emeritierter Neutestamentler der Uni Paderborn. Sander ist nämlich keineswegs Literaturwissenschaftlerin, sondern Theologin. "Mit meiner Herkunft und meinem Ansatz leiste ich einen Beitrag zur Interdisziplinarität des Forschungsvorhabens." Routiniert bringt sie es auf den Punkt: "Rilke hat das Alte Testament studiert, er sieht sich in seiner Funktion als Autor als Prophet, seine Gedichte sind Metaphern und er leidet unter der Last, den Menschen Botschaften zu verkünden."
Genau diese Interdisziplinarität ist es, auf die bei den Graduiertenstipendien großer Wert gelegt wird. Forschungs-Prorektor Prof. Dr. Wilhelm Schäfer: "Die Projekte sollen neben der Interdisziplinarität auch erkennbare Perspektiven und eine überregionale Bedeutung haben. Schließlich wollen wir die Sichtbarkeit der Universität Paderborn vergrößern." Das ist auch der Wunsch von Adam Neuba (27), Stipendiat aus dem Department Chemie. "Ich bin großer Fan der soliden Grundlagenforschung. Mit meinem Projekt zum Thema "Polyfunktionelle Guanidin-Liganden" versuche ich, Systeme aus der Natur zu übertragen, um beispielsweise Energie zu sparen. Die Arbeit im Labor fasziniert mich. Und da die Natur komplex ist, hätte ich Ideen für fünf weitere Promotionen." Sein Ziel ist die Habilitation.
Neben Sander und Neuba bekamen folgende Nachwuchs-Wissenschaftler Graduiertenstipendien: Miriam Kanne und Mirna Zeman aus der Fakultät für Kulturwissenschaften, Stefan Kramkowski aus der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften sowie Elena Tschumak aus der naturwissenschaftlichen Fakultät. Ebenfalls ausgezeichnet wurde Birgit Huber mit einer Arbeit aus der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik (EIM). Sie nimmt an einer Konferenz teil und konnte aus diesem Grunde nicht persönlich erscheinen.
Parallel zu den Graduiertenstipendien wurden zum sechsten Mal die Forschungspreise der Universität Paderborn verliehen: Dieses Jahr für vier Projekte, die aus der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik beziehungsweise aus der naturwissenschaftlichen Fakultät kommen. Die Förderpreise der Universität Paderborn - mit insgesamt über 100.000 Euro ausgeschrieben - bekommen: Prof. Dr. Josef Donat As, Prof. Dr. Ulrich Hilleringmann, Dr. Matthias Fischer, Dr. Martin Ziegler, Dr.-Ing. Ulf Witkowski und Dr. Kathrin Padberg.
"Es ist eine große Freude für uns, junge Wissenschaftler zu betreuen und zu beobachten, wie sich die Talente entwickeln", so Risch. So müsse vor allem die individuelle Leistung der Forschenden gelobt werden, die letztlich für das Vorankommen der Wissenschaft steht. Risch: "Forschung macht Spaß und gibt Kraft. Junge Wissenschaftler können selbstbewusst und mutig in die Zukunft blicken."
Text und Foto: Christiane Bernert