27 Nobelpreisträger und 580 Studierende aus 70 Ländern haben sich Anfang Juli zur 62. Tagung der Nobelpreisträger in Lindau versammelt. Mit dabei waren die beiden Paderborner Physik-Doktoranden Christian Wiebeler (25) und Andreas Christ (28). „Weltweit bewerben sich mehrere 1.000 talentierte Nachwuchswissenschaftler. Nur die 580 Besten schaffen es, von der mit Nobelpreisträgern besetzten Jury ausgewählt zu werden. Für die Uni Paderborn und das Department Physik ist es ein außerordentlicher Erfolg, dass sich beide Doktoranden in diesem harten Nominierungsprozess durchsetzen konnten. Es spricht für ihre sehr guten Leistungen und ihre exzellente Ausbildung“, sagt Prof. Dr. Arno Schindlmayr, Sprecher des Departments Physik, der die beiden Doktoranden vorgeschlagen hat.
Auf der seit 1951 jährlich veranstalteten Konferenz treffen sich Nobelpreisträger mit exzellenten jungen Wissenschaftlern, um ihr Wissen mit nachfolgenden Generationen zu teilen, Forschungsthemen zu diskutieren und ein internationales Netzwerk zu knüpfen. Die Tagungen sind in jedem Jahr einer anderen Disziplin – Physik, Chemie, Wirtschaftswissenschaften oder Physiologie und Medizin – gewidmet. Im Mittelpunkt der Konferenz, die in diesem Jahr der Physik gewidmet war, stehen Vorträge zur aktuellen Forschung, aber auch lockere Gesprächsrunden mit den Nobelpreisträgern. „Die Teilnehmer können aus erster Hand erfahren, welche Umstände zu den mit einem Nobelpreis ausgezeichneten Entdeckungen geführt haben bzw. welche Gedankengänge dazu nötig waren. Das kann ein großer Motivationsschub für die eigenen Forschung sein“, sagt Schindlmayr.
„Auf der Konferenz hatte ich die Gelegenheit, mit Walter Kohn zu diskutieren, der 1998 für die Entwicklung der Dichtefunktionaltheorie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde“, berichtet Christian Wiebeler: „Er gab mir wertvolle Hinweise für meine Promotionsarbeit und empfahl mir Fachliteratur sowie Arbeiten anderer Wissenschaftler, die er aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit persönlich kennt und schätzt“. Andreas Christ profitierte in ganz anderer Form von der Konferenz: „Die Vorträge der Nobelpreisträger aus fernen Gebieten lassen mich mein Forschungsgebiet viel besser in das System Physik einordnen“, beschreibt Christ: „Die Nobelpreisträger referieren mit großem Enthusiasmus, auch komplizierte Sachverhalte sind so verpackt, dass auch junge fachfremde Physiker mitkommen.“
Beide haben ihren Aufenthalt in Lindau als sehr bereichernd empfunden und empfehlen allen erfolgreich Studierenden, sich für die Konferenz zu bewerben. „Normale Konferenzen verlaufen ganz anders, sie sind sehr spezifisch auf ein Fachgebiet begrenzt. Das ist der große Unterschied zu Lindau, hier kommen die Teilnehmenden aus dem kompletten Spektrum der Physik. Es wäre toll, wenn sich öfter die Gelegenheit zu einem solchen Rundumblick bieten würde. Leider kann man nur als Nobelpreisträger mehrmals in Lindau teilnehmen“, bedauern die beiden Nachwuchswissenschaftler.
Andreas Christ ist seit 2008 Doktorand im Bereich der theoretischen Quantenoptik bei Prof. Dr. Christine Silberhorn und steht kurz vor Abschluss seiner Promotion. Er ist Stipendiat der Max-Planck-Gesellschaft und der Paderborner Graduate School Applied Network Science, nachdem er zuvor mit Prof. Silberhorn am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen forschte.
Christian Wiebeler ist seit Februar 2012 Doktorand der theoretischen Physik mit Schwerpunkt Quantenchemie bei Jun.-Prof. Dr. Stefan Schumacher. Als einziger Absolvent seines Jahrgangs legte er den Bachelor-Abschluss mit Auszeichnung ab und konnte aufgrund einer Sonderregelung für besonders begabte Studierende ohne Masterabschluss in die promotionsvorbereitenden Studien starten. Während seines Bachelor-Studiums war er Stipendiat des Studienfonds OWL und erhielt bis Februar 2012 ein einjähriges Qualifizierungsstipendium vom Graduiertenkolleg „Mikro- und Nanostrukturen in Optoelektronik und Photonik“.