Prof. Dr. Annette Brauerhoch, Universität Paderborn, liest aus ihrem gerade erschienenen Buch "Fräuleins und GIs" über Außenseiter der Geschichte
"Selten war eine private Beziehung so öffentlich und so politisch wie die zwischen Besatzungssoldaten und deutschen Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg", so Prof. Dr. Annette Brauerhoch von der Universität Paderborn. Fragen nationaler Identität, sozialer Ordnungen und moralischer Wertesysteme hätten zur Disposition gestanden und seien gleichzeitig in ihrer Sexualisierung verschoben und verdrängt worden.
Die Paderborner Professorin für Filmwissenschaft liest am 6.7.2006 aus ihrem gerade erschienenen Buch "Fräuleins und GIs" über Außenseiter der Geschichte. Teil des Programms wird neben der Lesung auch eine Filmprojektion in Zusammenarbeit mit dem Programmkino Lichtblick sein. Zur Aufführung kommt ein selten gezeigter Überraschungsfilm aus dem Jahre 1959, in dem amerikanische Soldaten zu Beethovens fünfter Symphonie in eine deutsche Kleinstadt einmarschieren. Der Film bringt wie kaum ein anderer Themen der Nachkriegszeit plakativ zur Sprache. Interessenten sind zur Teilnahme herzlich eingeladen. Die Veranstaltung findet im Kinoseminarraum der Universität Paderborn im Gebäude E, 2. Etage, Raum E 2.128 statt und beginnt um 18.00 Uhr. Dauer bis ca. 20.00 Uhr. Danach lädt die Autorin zum Umtrunk ein. Der Unkostenbeitrag für den ganzen Abend beträgt drei Euro.
Brauerhoch: "Während Trümmerfrauen im nationalen Gedächtnis hoch angesehen sind, genießen "Fräuleins" nach wie vor einen zweifelhaften Ruf, nahe an der Prostitution. Statt beim Wiederaufbau der zerstörten Städte mitzuhelfen, gaben sie sich "für ein paar Nylonstrümpfe" hin. Im Gegensatz zu den allseits präsenten Trümmerfrauen wurde ihnen bisher ihr Platz in der offiziellen Geschichtsschreibung verwehrt."
Aus diesem Abseits werden die "Fräuleins" und ihre Beziehungen nun geholt. Es geht dabei um mehr als frivolen Hedonismus oder pragmatische "Essensbeischläferei": Im Geschlechterverhältnis von Fräulein und amerikanischem Soldat kollidierten Staatsformen und Ideologien. Es gehe damit, so Brauerhoch, auch um eine kulturelle Konfrontation: Fragen nach nationalspezifischen Ausprägungen und Rollen von "Weiblichkeit" und "Männlichkeit" seien ebenso involviert wie die Konstruktion des Verhältnisses von Rasse, Geschlecht und Nation.
Die Professorin am Institut für Medienwissenschaft hat in Militärdokumenten, Presseberichten, Romanen, Archiven für Zeitgeschichte und Filmarchiven recherchiert. Das Hauptinteresse ihrer Studie gilt dabei deutschen und amerikanischen Spielfilmen - dem medialen Blick auf diese "interkulturellen" Beziehungen. Brauerhoch rekonstruiert und etabliert das "Fräulein" als eine wichtige Figur deutsch-amerikanischer Nachkriegsgeschichte.
"»Fräuleins und GIs« ist der Idealfall einer wissenschaftlichen Arbeit, präzise [...] und dennoch interessierten Laien verständlich" urteilt Hanns-Georg Rodek in der WELT.