Der mit 8.000 Euro dotierte "Margarete Schrader-Preis für Literatur" der Universität Paderborn ging in diesem Jahr an die Schriftstellerin und Regisseurin Judith Kuckart. Geehrt wurde damit am Dienstag, 27. Juni 2006, eine Autorin - so die Jury in ihrer Begründung - der es mit ihrer an überraschenden Wendungen und faszinierenden Bildern reichen Prosa immer wieder gelinge, den Leser in ihren Bann zu ziehen.
Die Entscheidung, die 1959 im westfälischen Schwelm geborene Autorin mit dem erst zum zweiten Mal verliehenen Preis zu ehren, fiel einstimmig. Bei der Festveranstaltung in der Studiobühne auf dem Campus stichelte Prof. Hartmut Steinecke ein wenig gegen die Düsseldorfer Jury, die in diesem Jahr bei der Verleihung des Heine-Preises an Peter Handke einen Skandal provoziert hatte - und anschließend nicht mehr zu ihrer Entscheidung stehen wollte: "Seien sie gewiss, dass unsere Jury die Werke von Judith Kuckart auch wirklich gelesen hat."
Jury-Mitglied Prof. Eke von der Fakultät für Kulturwissenschaften zeigte sich begeistert vom Werk Kuckarts: "Mit großer Virtuosität hält Judith Kuckart ihre Texte durch eine Ästhetik des Andeutens und der Auslassung in der Schwebe. Sie eröffnet so in ganz vielfältiger Weise Anschlussmöglichkeiten für das Lesen und Nachdenken. Dass wer erzählt, eine Frage stellt - ein Leitsatz aus dem 2002 erschienenen Roman Lenas Liebe - bestimmt so den Grundton eines Werkes, das dem Leser ein Höchstmaß an Kreativität und Freiheit, gerade auch zum Widerspruch, einräumt." Immer wieder, so Eke in seiner Laudatio "Aber die Liebe, aber der Tod", schicke Kuckart ihre Figuren dabei auf Erkundungsreisen in die Dunkelzonen der deutschen Geschichte. Gleichermaßen spüre sie aber auch den Widersprüchlichkeiten und Brüchen im Alltag nach und bringe die Wirklichkeit auf neue Weise ins Spiel.
Bekannt wurde die heute in Berlin und Zürich lebende Autorin mit den Romanen Wahl der Waffen (1990), Die schöne Frau (1994), Der Bibliothekar (1998) und Lenas Liebe (2002). Ihr neuer Roman Kaiserstraße erschien im März. Vor Ihrer Karriere als Autorin hat Kuckart lange Jahre als Tänzerin, Choreographin und Regisseurin gearbeitet. Für ihren der Laudatio folgenden Festvortrag hatte sie eigens einen neuen Essay geschrieben, indem sie Teile älterer Texte mit neuen Gedanken verband, die alle um das Thema "Heimat" kreisten. Für das musikalische Begleitprogramm sorgte auf Wunsch Kuckarts der vielfach ausgezeichnete polnische Akkordeon-Spieler Wojciech Zaluk, der virtuos verschiedene moderne Stücke seines Heimatlandes darbot. Angespielt wurde damit auf Kuckarts in Polen spielenden Roman "Lenas Liebe".
Die Paderborner Schriftstellerin Margarete Schrader (1914-2001) hat der Universität ihrer Heimatstadt testamentarisch Mittel für einen Literaturpreis hinterlassen. Dieser "Margarete-Schrader-Preis für Literatur" ist für Schriftstellerinnen und Schriftsteller bestimmt, die in Westfalen geboren wurden und/oder eine für ihre Entwicklung prägende Phase in dieser Region verbracht haben. Der Preis wird alle drei Jahre vergeben. Erster Preisträger war 2003 Hans-Ulrich Treichel.