Da­ten aus nächs­ter Nach­bar­schaft – Die For­scher­grup­pe Rech­ner­net­ze er­forscht ag­gres­si­ves Ca­ching

In der gegenwärtigen Kommunikationsgesellschaft hat nahezu jeder mindestens ein Mobiltelefon, das er für verschiedene Zwecke nutzt. Längst wird das Handy nicht mehr ausschließlich für die Telefonie oder etwa SMS, sondern auch für den Empfang und die Sichtung von Videos genutzt. Mit der steigenden Anzahl von Mobilfunkgeräten und dem damit einhergehenden geänderten Nutzungsverhalten, das durch den Versand von Filmen und Bildern noch umfangreicher ist, erhöht sich die zu bewältigende Datenrate enorm. Um dieses hohe Datenvolumen übermitteln zu können, haben die großen Mobilfunksysteme inzwischen (jeweils) rund 100.000 Basisstationen in Deutschland installiert. Da diese Stationen allerdings rund um die Uhr in Betrieb sind, entsteht ein immenser Energieverbrauch. Bisher spielten dieser Verbrauch und seine Kosten innerhalb des Netzes keine Rolle – dies soll sich nun ändern. Um die Energieeffizienz der Kommunikationsnetze durch Optimierung der Funktechnologie und -netze zu erhöhen, wurde Anfang des Jahres das Projekt ComGreen (Communicate Green) gestartet.

Die Universität Paderborn beteiligt sich neben vier weiteren Kollaborationspartnern an diesem Projekt. Herr Prof. Dr. Karl und seine Mitarbeiter Frederic Beister und Martin Dräxler vom Fachgebiet Rechnernetze am Institut für Informatik suchen nach Möglichkeiten, die Konfiguration eines Mobilfunk-Zugangsnetzes so zu beeinflussen, dass der Energieverbrauch möglichst klein wird. Insbesondere soll das Abschalten der Basisstationen, die am meisten Energie verbrauchen, unterstützt werden. Damit die gleiche Datenrate auch nach der Abschaltung weiterhin zur Verfügung steht, stellen sie Überlegungen zur Optimierung des Kernnetzes an. „Die Frage ist, wie man dieses Netz konfigurieren und betreiben muss, so dass die Daten immer noch am richtigen Ort ankommen, selbst wenn Basisstationen abgeschaltet werden“, erklärt Karl.

Eine Möglichkeit, die Basisstationen zu entlasten, ist die Verkürzung der Datentransportwege. Hierzu untersucht die Forschergruppe Ansätze wie das Information-Centric Networking, unter das auch das sogenannte aggressive Caching fällt. Dabei werden populäre Daten in der Nähe des Nutzers, also dort wo sie gebraucht werden, platziert. Um den Zwischenspeicher jedoch gezielt aktivieren zu können, muss zunächst der Leistungsverbrauch eines Geräts ermittelt werden. Daher arbeitet die Forschungsgruppe an einem Verhaltensmodell, das den Stromverbrauch vorhersagen kann. Mit der Nutzung von Zwischenspeichern könnte, durch das gebündelte Vorhalten der Daten, auf lange Sicht also Energie eingespart werden.

Das Ziel der Forschungsgruppe ist daher nicht das reine Ein- und Ausschalten der Basisstationen beziehungsweise der zugehörigen Komponenten des Festnetzes, sondern viel mehr ein Energiesparmodus für ein Kommunikationssystem als Ganzes. „Bisher kann man nur Stromsparen indem man runterfährt – das wollen wir nicht“, sagt Frederic Beister. „Wir wollen vorher schon etwas tun!“ Aus dem gesamten Projekt soll letztendlich eine Lösung hervorgehen, mit dem das Gesamtsystem abdeckt und optimiert werden kann.

Neben der Universität Paderborn beteiligen sich noch die Deutsche Telekom Laboratories, die Ericsson GmbH, die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. und die Technische Universität Berlin am Projekt. Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) finanziert, hat es eine Laufzeit von zwei Jahren.

Kontakt

Prof. Dr. Holger Karl

Fachgebiet Rechnernetze

05251 60-5375 

holger.karl@upb.de

Foto (Universität Paderborn): Auf der Suche nach zwischengespeicherten Daten: (v.l.) Martin Dräxler M.Sc., Frederic Beister M.Sc. und Prof. Dr. Holger Karl.
Foto (Universität Paderborn): Auf der Suche nach zwischengespeicherten Daten: (v.l.) Martin Dräxler M.Sc., Frederic Beister M.Sc. und Prof. Dr. Holger Karl.