Im Wintersemester 1979/80 startete an der damaligen Gesamthochschule Paderborn zum ersten Mal die von Studierenden getragene Veranstaltungskritik, die auch heute noch von der Fachschaft Mathematik/Informatik jedes Semester durchgeführt wird. Grund genug für die Fachschaft, zusammen mit aktiven und ehemaligen Professoren und Studierenden die so genannte SVK mit einem akademischen Festakt zu würdigen.
Bereits wenige Jahre nach Gründung der Hochschule hatten sich seinerzeit aktive Studierende das Ziel gesetzt, einen eigenen Beitrag gegen die ihrer Meinung nach zu hohe Zahl der Studienabbrecher zu leisten. Dafür entwickelten sie in Anlehnung an eine ähnliche Initiative in Kaiserslautern einen Fragebogen und teilten diesen in den Lehrveranstaltungen der Mathematik und Informatik aus. Die Befragung wurde für jede einzelne Lehrveranstaltung ausgewertet und als Zusammenfassung in der Zeitschrift der Fachschaft veröffentlicht. Auch wenn es, wie sich Prof. Dr. Uwe Kastens in seinem Grußwort als Zeitzeuge von 28 Jahren studentischer Veranstaltungskritik erinnerte, zunächst bei den Professoren auch Vorbehalte gegen die studentische Kritik gegeben habe, sei diese schnell bei den Lehrenden akzeptiert worden. Auch der von den Studierenden für die beste Lehre vergebene „Goldene Wischer“ sei stets sehr begehrt gewesen.
Schließlich war die SVK seit Beginn stets als konstruktive Kritik gedacht, wie sich Walter Wiechers, einer der Studenten der ersten Stunde, in seinem Rückblick erinnerte. Es sei nie darum gegangen, einzelne Professoren vorzuführen, sondern konkrete Rückmeldungen an die Lehrenden zu ermöglichen. Denn sie sollten so die Möglichkeit erhalten, ihre Lehrveranstaltungen zu verbessern.
Dass dieses Ziel immer noch besteht, verdeutlichte Andreas Cord-Landwehr von der Fachschaft Mathematik und Informatik. Er stellte in seiner Präsentation die heutige Arbeitsweise der SVK vor, die jeweils in der Mitte des Semesters mit dem Austeilen der Fragebögen in den Lehrveranstaltungen beginnt und deren Ergebnisse jeweils noch im Verlauf der Vorlesungszeit vorliegen. So sei es den Lehrenden möglich, die Ergebnisse mit den Teilnehmern ihrer Lehrveranstaltungen zu diskutieren und auch noch konkrete Veränderungen durchzuführen. Er selber habe es einmal erlebt, dass sich nach der Veröffentlichung der SVK-Ergebnisse die Verständlichkeit einer Vorlesung schlagartig verbessert habe, berichtete Cord-Landwehr über konkrete Auswirkungen der SVK.
Beeindruckend waren auch die Zahlen, die Cord-Landwehr dem versammelten Publikum präsentierte. In den 71 Veranstaltungen der Mathematik und Informatik wurden bei der letzten Befragung rund 6.500 Fragebögen mit jeweils 60 Fragen verteilt, sodass allein in diesen beiden Fächern über 500.000 Antworten zustande kamen, die auszuwerten waren.
Während in den Anfangszeiten der SVK auch noch Schreibmaschinen beim Erfassen der Ergebnisse zum Einsatz kamen, werden die Fragebögen inzwischen über ein zentrales Büro der Uni eingescannt und weitgehend automatisch ausgewertet. Seit Beginn der 90er Jahre hat sich die Studentische Veranstaltungskritik in der gesamten Universität etabliert.
Als Vertreterin des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft berichtete Bettina Jorzik in ihrem Festvortrag über die landesweite Einführung der Veranstaltungskritik in Nordrhein-Westfalen zu Beginn der 90er Jahre. Im Zuge des Landesprogramms zur Verbesserung der „Qualität der Lehre“ gehöre die Veranstaltungsevaluation inzwischen zum Alltag der Hochschulen. Paderborn mit seinen guten Erfahrungen habe damals gleichsam „Pate“ gestanden für die von oben verordnete landesweite Einführung, die seinerzeit höchst umstritten war. Jorzik legte den Studierenden ans Herz, sich das damals erkämpfte Recht auf Kritik zu bewahren und auch weiter mit den Lehrenden das Gespräch zu suchen. Die Veranstaltungskritik liefere mit ihren Ergebnissen hierzu eine gute Grundlage.
Dass die kritische Bewertung der Lehrenden durch die Studierenden eine lange vergessene Tradition habe, ergänzte Prof. Dr. Franz Rammig, Dekan der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, in seinem Grußwort. Schließlich seien an den ersten europäischen Universitäten im 11. bis 13. Jahrhundert die Professoren direkt von ihren Studenten bezahlt worden und hätten sich selbstverständlich auch ihrer kritischen Bewertung unterziehen müssen.
Vizepräsidentin Prof. Dr. Dorothee M. Meister berichtete in ihrem Grußwort aus ihrer eigenen Studienzeit. Damals seien auch zehn Jahre nach Einführung der SVK in Paderborn an ihrem damaligen Studienort in der Pädagogik noch keine Lehrenden-Rankings erstellt worden.