Ein eigenes Fraunhofer-Institut für Ostwestfalen-Lippe – das könnte in fünf Jahren Wirklichkeit werden. Mittelfristiges Ziel der neuen Projektgruppe an der Universität Paderborn, die zunächst an das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen angegliedert sein wird, ist die Gründung eines eigenständigen, auf Produktentwicklung im Bereich Mechatronik spezialisierten Instituts.
Durch die zunehmende Durchdringung des klassischen Maschinenbaus und verwandter Branchen mit Informationstechnik ist die Mechatronik, die als symbiotisches Zusammenwirken von Mechanik, Elektronik, Software- und Regelungstechnik verstanden wird, von zentraler Bedeutung für eine Entwicklung innovativer Produkte. In der neuen Fraunhofer-Projektgruppe verwirklicht sich einmal mehr die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Maschinenbauern und Softwareentwicklern, die an der Universität Paderborn bereits eine lange Tradition hat und zu ihren Profilschwerpunkten gehört. Mit Prof. Dr.-Ing. Ansgar Trächtler, Sprecher der Projektgruppe, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier und Informatiker Prof. Dr. Wilhelm Schäfer stehen drei Professoren der Universität an der Spitze der Projektgruppe, die zunächst mit 22 Ingenieuren ihre Arbeit aufnehmen wird. Ihre Heimat wird die Gruppe im Zentrum „Technische Intelligente Systeme“ finden, das ab diesem Sommer im Rahmen des Forschungskonzepts „Zukunftsmeile Fürstenallee“ gebaut wird.
Gemeinsam mit dem Mutterinstitut in Aachen wollen die Wissenschaftler an Aufträgen etwa für den Flugzeug-, Fahrzeug- und Automobilbau, für die Medizintechnik oder die Freizeitindustrie arbeiten. Prof. Dr.-Ing. Ansgar Trächtler und Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher vom IPT Aachen betonten bei der offiziellen Auftaktveranstaltung am gestrigen Mittwoch eine fruchtbare Zusammenarbeit, die bereits seit zwei Jahren gepflegt wird. Während das IPT auf Produktionstechnologien spezialisiert ist, ist die Projektgruppe Entwurfstechnik Mechatronik mit der Produktentwicklung beschäftigt. Eine enge Zusammenarbeit mit der Industrie ist für die anwendungsorientierte Forschung unabdingbar und für beide Seiten gewinnbringend. Letztlich waren es auch ostwestfälisch-lippische Unternehmen, die sich mit 19 Absichtserklärungen an die Fraunhofer-Gesellschaft wendeten und die Gründung eines Fraunhofer-Instituts in OWL vorantrieben – allen voran die Firma Miele. „Bei uns gibt es einen großen Bedarf an neuen Entwicklungen im Bereich Mechatronik. Und mit unserem Anliegen sind wir auch bei anderen Unternehmen offene Türen eingerannt“, erklärte Dr. Eduard Sailer von der Geschäftsleitung der Miele & Cie.KG, außerdem Sprecher des in Sachen Fraunhofer-Institut engagierten Industrie-Lenkungskreises. In OWL gibt es im Bereich Maschinenbau fast 300 kleine und mittelständische Unternehmen, wobei über 50.000 Beschäftigte jährlich etwa 10 Milliarden Euro Umsatz erarbeiten.
„Fraunhofer ist die Marke im Bereich angewandter Forschung – national und international. Nicht zuletzt durch sie ist der Ingenieurbereich in Deutschland so gut aufgestellt. Sie steht für Technologietransfer und Kontinuität“, waren sich Unternehmer und Wissenschaftler am Mittwoch einig. Prof. Dr.-Ing. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesellschaft, freute sich, dass die Unternehmen trotz wirtschaftlich schwieriger Lage das Entwickeln noch nicht aufgegeben hätten. Er lobte das Engagement auch der hervorragenden Wissenschaftler in Paderborn und sah mit der Projektgruppe einen guten Grundstein für ein eigenes Fraunhofer-Institut in OWL gelegt. Auch Innovationsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart sah die klare Perspektive in einem eigenständigen Institut, das einen großen Gewinn für die Wirtschaftskraft und die Hochschulen in der Region bringe. Dafür gab das Land zur Grundfinanzierung der Projektgruppe 8,3 Millionen Euro. Damit sollen ein Grundstock an Mitarbeitern, Miete und Inventar finanziert werden. Danach muss die Projektgruppe für eine Institutionalisierung eigenständig arbeiten können, zu zwei Dritteln muss sich die Gruppe dann aus Industrieaufträgen und Fördergeldern finanzieren. In fünf Jahren sollte sich außerdem die Anzahl der Mitarbeiter auf circa 60 verdreifacht haben, damit ein Status als Fraunhofer-Institut möglich wird. Auch Uni-Präsident Prof. Dr. Nikolaus Risch zeigte sich zuversichtlich: „Viele Menschen haben auf die Einrichtung dieser außeruniversitären Einrichtung hingearbeitet. Die Projektgruppe wird eingebunden sein in die Zukunftsmeile Fürstenallee und der Universität und der Region OWL ein noch schärferes Profil geben.“
Text/Fotos: Frauke Döll, Universität Paderborn