Unter dem provokanten Titel „Universitätsstadt Paderborn…Wirklich?“ hatte die hochschulpolitisch aktive Gruppierung „Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS)“ am gestrigen Dienstagabend um 20.00 Uhr zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Auf dem Podium debattierten der Stadtverbandsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Daniel Sieveke (CDU), das Stadtratsmitglied Thomas Sprute (FDP), die Uni-Vizepräsidentin Prof. Dr. Dorothee M. Meister und der AStA-Vorsitzende Christoph Husemann über den Studienstandort Paderborn und dessen Attraktivität für Studierende.
Großen Raum nahm dabei die Zweitwohnsitzsteuer ein, deren Einführung der Paderborner Stadtrat kürzlich beschlossen hat. Auch viele Studierende wären davon betroffen und müssten demnach zehn bis zwölf Prozent ihrer Nettokaltmiete monatlich als Steuer an die Stadt zahlen. Damit wolle die Stadt möglichst Viele dazu bewegen, ihren Erstwohnsitz in Paderborn anzumelden, wie Daniel Sievke als Befürworter der Steuer erklärte. Das könnte der Stadt bis zu 1,2 Millionen Mehreinnahmen bringen, denn für jeden Bürger mit Erstwohnsitz erhält die Stadt Schlüsselzuweisungen durch das Land. „Paderborn hat wie viele andere Städte ein großes Haushaltsdefizit. Wir brauchen das Geld, um die Infrastruktur unserer Kultur- und Freizeitangebote aufrechtzuerhalten – und damit auch für Sie Studenten attraktiv zu bleiben.“ Sieveke schlug vor, die Einnahmen durch die Zweitwohnsitzsteuer in Bildungsangebote zu investieren. Ausnahmeregelungen und Befreiungen von der Steuer könne es etwa geben, wenn etwa ein Studierender durch politisches Engagement in seiner Heimat ein Mandat verlieren könne.
Als Vertreter der Studierendenschaft lehnte Christoph Husemann die Zweitwohnsitzsteuer ab. Er plädierte für ein „Anreizsystem“ als sozialverträglichere Möglichkeit, Studierende zum Ummelden zu animieren – etwa in Form von Präsenten. Die Steuer träfe gerade die Studierenden, die wichtige Gründe hätten, nicht in Paderborn den Erstwohnsitz anzumelden. Etwa, wenn die Ummeldung eine Kürzung des Wohngeldes der Eltern mit sich bringe. Auch Dorothee Meister konnte sich etwa Konzertgutscheine als Anreiz für das Ummelden gut vorstellen. Wichtiger aber sei noch, Aufklärungsarbeit zu leisten und zu kommunizieren: Warum ist das Geld so wichtig für die Stadt? Welche Konsequenzen hat die Anmeldung des Erstwohnsitzes für mich? Viele Studierende hätten auch noch nicht wahrgenommen, dass es im Service Center der Universität eine Ummeldestation gebe, die den Studierenden den Weg ins Rathaus erspart.
Thomas Sprute betonte, dass sich im Ziel doch alle Beteiligten einig seien. „Die Stadt profitiert von Ihnen jungen Menschen und Sie profitieren von einer attraktiven Stadt mit vielen Angeboten.“ Die Zweitwohnsitzsteuer aber habe seine Fraktion abgelehnt, weil sie nicht zielführend sei. In Göttingen sei diese Steuer beispielsweise wieder abgeschafft worden, weil die Kosten durch den Verwaltungsaufwand höher seien als die Einnahmen. Daniel Sieveke schloss nicht aus, dass auch in Paderborn die Zweitwohnsitzsteuer zurückgenommen werden könnte, wenn sich jetzt innerhalb kurzer Zeit viele Betroffene ummelden würden. Er begrüßte den Dialog zwischen Kommunalpolitik und Studierenden und bat den AStA um Hilfe, Aufklärungsarbeit unter den Studierenden zu leisten. Christoph Husemann bedauerte, dass drei Fraktionen aus dem Paderborner Stadtparlament ihre Teilnahme an der Diskussion nicht zugesagt hätten.
Ein weiteres Thema an diesem Abend war die Raumsituation an der Universität und die Vorbereitung auf die wachsende Zahl an Studierenden. Die Abschaffung der Wehrpflicht beträfe alle Universitäten, erklärte Dorothee Meister. Die Vorbereitungen auf den Doppelabiturjahrgang liefen seit längerem auf Hochtouren. Zwei Neubauten sowie ein Umbau seien zum nächsten Wintersemester fertig, sodass dann eine entspanntere Raumsituation zu erwarten sei. Von den Messezelten als Vorsorgemaßnahme würden im Moment schon nur noch zwei genutzt. „Wir können durch gutes Raummanagement schon jetzt einiges verbessern. Aber die Studierenden und Lehrenden müssen auch bereit sein, Veranstaltungen in den Randzeiten oder etwas längere Wege, etwa in den Technologiepark, in Kauf zu nehmen.“ Christoph Husemann schrieb die schlechte Raumsituation dem Land zu, das den Raumbedarf nur anhand der Studierenden in der Regelstudienzeit ermittele.
Der RCDS-Pressereferent Franz Köster war mit der Veranstaltung und der Teilnahme zufrieden. Circa 70 Studierende waren in den Hörsaal G gekommen. Die Diskussion moderierte Stefan Beyhoff, Chefredakteur der „Paderborn am Sonntag“.
Text/Foto: Frauke Döll, Referat Presse und Kommunikation