Der Senat der Universität Paderborn hat sich mit der Debatte um Arbeits- und Finanzierungsbedingungen in der Wissenschaft unter dem Hashtag #IchbinHanna beschäftigt und unterstützt die kritische Auseinandersetzung mit der Befristungspraxis und der Finanzierung der Wissenschaft. Dabei halten wir es für wichtig, dass stärker zwischen den Berufs- und Karrierebedingungen in den einzelnen Fachdisziplinen sowie zwischen den beiden Qualifikationsstufen Promotions- und Postdoc-Phase differenziert wird. So sind die konkreten Umstände in den verschiedenen Wissenschaftsgebieten durchaus unterschiedlich.
Qualitativ hochwertige Forschung und Lehre sind nur durch ein gewisses Maß an Kontinuität zu gewährleisten und müssen entsprechend zuverlässig finanziert werden. Die bisher aufgelegten Pakte und Programme einschließlich des auf mehr Dauerbeschäftigung abzielenden Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken können dieses Problem nicht beheben, weil sie an der derzeitigen Unterfinanzierung vor allem der auf Grundmittel angewiesenen Fachbereiche nichts ändern. Die Universitäten sehen sich dem Dilemma ausgesetzt, dass die Schaffung von Dauerstellen aufgrund des begrenzt planbaren Finanzvolumens zulasten von Qualifikationsstellen geht und umgekehrt. Dabei sind Politik und Hochschulen gleichermaßen gefordert.
Entsprechend spricht sich der Senat für eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung der Universitäten aus. Die Finanzierung von universitärer Forschung kann nicht durch projektbezogenes Personal garantiert werden, das zum Zeitpunkt der Bewilligung die Universität oft schon wieder verlassen hat. Um die besten Wissenschaftler*innen in einer Phase der Karriere-, Lebens- und Familienplanung für die Universität gewinnen zu können, muss man ihnen Perspektiven und attraktive Bedingungen bieten können, was unter den gegebenen Umständen häufig nicht in einem angemessenen Umfang möglich ist. Nötig sind sowohl dauerhafte attraktive Strukturen als auch eine enge Vernetzung von Disziplinen und Fachbereichen. Dies setzt Rahmenbedingungen voraus, die den Aufbau eines professionellen Mittelbaus mit einer realistischen Arbeitsbelastung ermöglichen. Wissenschaftler*innen brauchen Zeit, Freiräume und gesicherte Bedingungen; nur auf diese Weise ist die Qualität von Forschung und akademischer Lehre langfristig zu sichern.
Insgesamt muss die Finanzarchitektur der Hochschullandschaft wieder auf einer soliden Grundfinanzierung basieren, sodass die Universitäten ihre Kernaufgaben Forschung und Lehre bestmöglich erfüllen können. Das gegenwärtige zunehmende Übergewicht der Projektfinanzierung gegenüber der Grundfinanzierung muss wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.[1] Erst dadurch wäre es möglich, eine der zentralen Forderungen von #IchBinHanna umzusetzen und eine stärkere Institutionalisierung von Daueraufgaben im wissenschaftlichen Mittelbau in den einzelnen Fächern und Instituten zu gewährleisten.
Die Universität Paderborn verbessert im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten konsequent die Perspektiven und die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen ihres wissenschaftlichen Personals. So existiert bereits eine Selbstverpflichtung, Postdoktorand*innen grundsätzlich auf 100%-Stellen einzustellen und Erstverträge zur Qualifikation über eine Mindestlaufzeit von drei Jahren abzuschließen. Weiterhin wirken das Personalentwicklungskonzept und die Beratungsangebote vonseiten der Universität darauf hin, dass die Entscheidung über den Verbleib in der Wissenschaft früher möglich wird sowie alle dafür notwendigen Informationen und Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen. Der Senat bestärkt die Universität Paderborn darin, diesen Weg auch künftig weiter zu beschreiten, um den Mitarbeitenden ein Umfeld zu bieten, in dem sich wissenschaftliche Neugier und Kreativität ungehindert entfalten können.
[1] Laut „Entwicklung der Finanzierung von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit 1995“ (FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie in Berlin) ist die Grundfinanzierungsquote bis 2018 auf unter 50% gesunken (siehe auch Forschung & Lehre 4/18)