Papstherrschaft im Raumentwurf: Die Architekturbücher Domenico Fontanas (1543–1607) und das Rom Sixtus’ V.

Overview

Wer zur allgemeinen Geschichte des europäischen Städtebaus bzw. zur römischen Stadtgeschichte am Ende des 16. Jahrhunderts im Speziellen forscht, kommt sowohl an Domenico Fontana (1543–1607) als auch an dessen Architekturbüchern (1590, 1604) nicht vorbei.

Bereits in ihrer Konzeption und Ausführung stellen die zwei Bände der Trasportatione dell’Obelisco Vaticano et delle fabbriche di nostro signore Papa Sisto V. einen Höhepunkt des frühneuzeitlichen Buchdrucks dar. Doch ganz im Gegensatz zur Vielzahl der in ihnen behandelten Bauprojekte ist die Forschung zu Fontanas publizistischem Werk überschaubar. Das liegt nicht zuletzt an dem Status, den man dem Œuvre-Verzeichnis des päpstlichen Hofarchitekten zusprach: Allein als neutraler Bericht aus erster Hand waren die Bücher von Interesse. So orientiert sich die Forschung zur Baupolitik unter dem Franziskanerpapst Sixtus V. (reg. 1585–1590) in weiten Teilen selbst auch an dem, was Fontana seine Zeitgenossen wissen lassen wollte. Dass es sich dabei um eine grundlegende Fehleinschätzung handelt, die zugleich als Folge der medialen Eigenlogik und Überzeugungskraft des reich mit Kupferstichen ausgestatteten Folianten interpretiert werden kann, davon geht das Forschungsprojekt aus. In zwei Teilbereichen gehe ich unter dem Titel Papstherrschaft im Raumentwurf sowohl der Entstehung und politischen Dimension des gedruckten Werks als auch der politischen Dimension der Bauprozesse Fontanas im stato ecclesiastico nach.

Erstes Ziel der Studie ist die Erarbeitung von Erzähl- und Bildstrategien in den Büchern, die diese zum Werbeinstrument für Papst Sixtus V., vor allem aber für Fontana selbst machen. Zudem entsteht in diesem Zusammenhang eine Publikationsgeschichte, die die ökonomischen Verhältnisse und Produktionsschritte rekonstruiert und die Trasportatione in ihren publizistischen Kontext stellt. Auf Grundlage der archivalischen Überlieferung werden sodann die politischen Reformprozesse unter Sixtus V. aufgearbeitet, an denen Fontana beteiligt war und von denen er selbst profitierte. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie die architektonischen und verwaltungsrechtlichen Projekte miteinander verwoben waren und wie die neu konstituierte Roma felix hergestellt, organisiert und vor allem finanziert wurde. Zusammenführen lassen sich beide Aspekte durch eine Neubewertung Fontanas als Repräsentant und Agent eines päpstlichen, nachtridentinischen Staatsräson-Denkens. Als solcher gestaltete er frühneuzeitliche Staatsbildung aktiv mit. So soll die Fallstudie auch zu einer Neubewertung von Architekten im Kontext einer Kulturgeschichte des Politischen führen.

Key Facts

Project duration:
01/2021 - 12/2025
Funded by:
BMBF

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Principal Investigators

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Prof. Dr. Johannes Süßmann

Historisches Institut

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Fabian Voß

Frühe Neuzeit

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