Der Shut­down und die Kun­st­schaf­fenden: „Si­lo­ge­spräche“ unter be­son­der­en Vorzeichen

Was bedeutet der Einzug der sogenannten „Digitalen Revolution“ in die Ateliers von Künstler*innen der Gegenwart? Inwieweit dominiert und homogenisiert der Computer zunehmend den Atelierraum? Wie prägt die Digitaltechnik den Atelieralltag? Diese und weitere Fragen standen zu Beginn des Jahres im Mittelpunkt der Überlegungen zu den „Silogesprächen“ im Sommersemester 2020. Unter dem Titel „ATELIER IM 21. JAHRUNDERT - Offen, Digital, Spezialisiert?“ sollte ein produktiver Austausch mit Künstler*innen aus unterschiedlichen Bereichen, Genres und Gattungen, mit internationalen Kurator*innen sowie mit Wissenschaftler*innen über den vielschichtigen Strukturwandel des Ateliers eröffnet werden. Beabsichtigt war, mit dieser Reihe thematisch zugleich an die „Silogespräche“ von 2011/12 „Vier Wände und ein Oberlicht“ anzuknüpfen und strukturelle Entwicklungen von künstlerischer Produktion, Identität und Raum in den Blick zu nehmen. Denn unbestritten ist, dass im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung die Atelierform eine tiefgreifende Umgestaltung erfahren hat, womit Tendenzen von Spezialisierung und Ausdifferenzierung sowie rigide Exklusionsmechanismen eng verbunden sind, zugleich aber auch Kohärenzen und Konstanzen sichtbar werden.

Und dann kam Corona. Alles stand für lange Zeit still. Museen und Galerien waren geschlossen, Kunstmessen wurden abgesagt, Arbeitsplätze im Kunstbetrieb gingen verloren. Die Wirklichkeit sah und sieht für viele Kunstschaffende dramatisch aus. Die Zukunft Vieler ist unsicher. Die Krise hat aber auch zu Solidarität geführt, neue kreative Räume eröffnet und ein kritisches Nachdenken über bestehende institutionelle Strukturen und Mechanismen initiiert. Für das Sommersemester 2020 reagierte das Fach Kunst spontan auf die neue, zugleich immens einschränkende und vielfach existenziell fatale Situation durch Covid-19: Künstler der bisherigen Veranstaltungen der „Silogespräche“ wurden gebeten, aktuelle Essays aus ihrem Atelier zu senden, mit dem Ziel, Auswirkungen und Folgen des Shutdowns sichtbar zu machen. Die Ergebnisse sind auf der Webseite und dem Instagram-Kanal der „Silogespräche“ einsehbar. Die Reihe wird fortgesetzt.

„Besuch“ im Atelier im Fokus

Das Fach Kunst möchte mit der aktuellen Ausgabe der „Silogespräche“ im Wintersemester außerdem an die Verschaltung von digitalem Strukturwandel und kreativer Produktion anknüpfen und dabei vor allem den „Besuch" näher in den Blick nehmen. Auffällig in kunst-, kultur- und medienwissenschaftlichen Abhandlungen über das Künstleratelier ist, dass Aussagen und Beschreibungen vielfach eng an einen „Besuch“ geknüpft sind, zugleich aber unklar ist, welche Kriterien dafür ausschlaggebend sind und methodisch zugrunde gelegt werden. Wie kommt ein Besuch im Atelier überhaupt zustande (Gastfreundschaft, Bekanntschaft, Einladung), was sind die Hintergründe und auf welcher Basis findet er statt (Eröffnung, Interview)? Inwieweit prägt der Atelierbesuch zugleich die Sicht von Autor*innen und lenkt so die Aussagen und damit auch eine Atelierikonografie, die zugleich Eingang in den wissenschaftlichen Diskurs findet? Was bedeutet es gleichzeitig für Künstler*innen, jemanden ins Atelier einzulassen und Einblicke in die oft sehr intimen Produktionsweisen zu gewähren? Wo fängt die Inszenierung an und wann setzt ein voyeuristisches Interesse ein? Und: wer hat es in der Hand, was, wie dargestellt wird?

Gemeinsam mit Künstler*innen und Wissenschaftler*innen will sich das Fach Kunst daher in den aktuellen „Silogesprächen“ mit beiden thematischen Schwerpunkten intensiver beschäftigen und haben Gäste aus unterschiedlichen Disziplinen und künstlerischen Gattungen eingeladen.

Digitale „Silogespräche“ starten am 10. November

Die Silogespräche finden im Wintersemester als digitale Veranstaltungen jeweils dienstags von 16 bis 18 Uhr (Prof. Dr. Sabiene Autsch) und zwei Mal dienstags von 18 bis 20 Uhr (Prof. Max Schulze) statt. Das komplette Programm gibt es hier.

Text: Fach Kunst

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