DFG fördert weiteren Ausbau des Informationssystems "Graffiti in Deutschland"
Sie finden sich an Wänden, Zügen oder Brücken: Graffiti – mal mehr, mal weniger künstlerisch gestaltete Schriftzüge aus der Sprühdose, die zunehmend auch das Interesse der Wissenschaft wecken. Bereits seit 2016 bauen Forscher*innen der Universität Paderborn und des Karlsruher Instituts für Technologie eine Datenbank auf, die es erlaubt, das urbane Phänomen systematisch zu erforschen. INGRID („Informationssystem Graffiti in Deutschland“) ist nun um weitere drei Jahre verlängert worden und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund einer Million Euro unterstützt.
„Seit Mitte 2019 sind ca. 40.600 Graffiti-Fotos für Wissenschaftler*innen zugänglich. Im Zuge des Ausbaus werden weitere Sammlungen des derzeit mehr als 150.000 Fotografien umfassenden Bestandes erschlossen", sagt Projektleiterin Prof. Dr. Doris Tophinke, Linguistin an der Universität Paderborn. Die Wissenschaftler*innen haben eine digitale Graffiti-Bilddatenbank entwickelt, mit der erstmals systematische Untersuchungen auf Basis hochwertiger Forschungsdaten möglich sind. Bislang fehlte dafür ein geeignetes Informationssystem. Diese Lücke schließt INGRID: „Graffiti-Bildbestände, die dem Projekt ausschließlich für die wissenschaftliche Nutzung zur Verfügung gestellt wurden, werden digitalisiert, annotiert und der Forschung zugänglich gemacht“, so Tophinke. Jedes Bild wird spezifiziert, sodass Nutzer gezielt nach bildlichen, sprachlichen und materiellen Eigenschaften wie Farbe, Technik oder Inhalt suchen können.
Mehrwert für die Wissenschaft
Graffiti kamen in den späten 1970er Jahren in den USA auf, eng verbunden mit der Hip Hop-Szene. Seit den 1980er Jahren haben sie sich zunehmend auch in Deutschland verbreitet. Als anhaltendes jugendkulturelles Phänomen und in ihrer Kombination aus Schrift und Bild sind sie heute Gegenstand der Forschung. Vor allem die Aspekte Bildästhetik, Grammatikalität, die stadträumliche Verortung sowie die soziale Funktion und Bedeutung von Graffiti interessieren die am Projekt beteiligten Wissenschaftler*innen. Die Bilddatenbank ist aber auch für Disziplinen wie Medienwissenschaften, Soziologie oder die Stadtplanung spannend. Dazu Tophinke: „Da Angaben zum Entstehungsort und zur Entstehungszeit der Bilder vorliegen, ist es zum Beispiel möglich, Städteprofile zu erstellen, die den Zusammenhang zwischen städtischer Infrastruktur und dem Aufkommen von Graffiti sowie die Analogien zwischen der Entwicklung von Graffiti und sozialen und städtebaulichen Veränderungen aufzeigen können.“
Zusammen mit Prof. Dr. Martin Papenbrock, Fachgebiet Kunstgeschichte am Karlsruher Institut für Technologie, Prof. Dr. Gudrun Oevel, Leiterin des Zentrums für Informations- und Medientechnologien der Universität Paderborn, und Prof. Dr. Axel Ngonga Ngomo, Leiter der Arbeitsgruppe Data Science vom Institut für Informatik, soll die Datenbank in den kommenden Jahren weiter auf- und ausgebaut werden. INGRID wird von der DFG bis 2023 gefördert.
Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse und Kommunikation