Was können Dienstleistungen künftig zur digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen? Damit beschäftigten sich über 300 Teilnehmer bei der Dienstleistungstagung 2019 „Service Systems Innovation“ am 8. und 9. April im Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn. „Laut des Statistischen Bundesamtes waren im vergangenen Jahr etwa Dreiviertel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Dienstleistungssektor tätig. Die Dienstleistung ist eine Kerndisziplin der digitalen Transformation“, betonte Prof. Dr. Daniel Beverungen, Wirtschaftsinformatiker an der Universität Paderborn, bei der Eröffnung. Wie wichtig eine solche Tagung auch für die Forschung in den Bereichen Dienstleistungen und Smart Services sei, hob Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane, Dekanin der Paderborner Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, hervor: „Innerhalb der Fakultät haben wir uns in allen Bereichen der Interdisziplinarität verschrieben. Unsere Studiengänge sind zwischen Wissenschaft, Lehre und Praxis angelegt und erlauben es den Studierenden, sich in Smart Services zu spezialisieren, was bei uns eine große Rolle spielt. Spitzenforschung können wir aber nur leisten, wenn wir Tagungen wie diese anbieten.“
Mensch und Maschine im digitalen Zeitalter
Dass es in Deutschland grundsätzlich ein großes Potential für Innovationen gebe, griff Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in seinem Grußwort auf: „Wenn es um Innovationsfähigkeit geht, ist Deutschland im weltweiten Vergleich immer unter den Ersten. Die zweite Wahrheit aber ist, dass wir im Bereich der Umsatzsteigerung zukünftig noch mehr Dynamik reinbringen müssen. Genau diese Dynamik werden wir bei der Wertschöpfung in der Dienstleistung brauchen. Es kommt aber vor allem darauf an, welchen Vorteil die Menschen in Deutschland daraus ziehen können.“
Mit Blick auf Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) stellte Andrea Martin, Chief Technology Officer bei IBM Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Rolle des Menschen bei ihrer Keynote in den Mittelpunkt: „Wir bei IBM suchen nach KI-Lösungen, um das menschliche Gehirn zu erweitern. Für uns ist es sehr wichtig, dass der Mensch weiterhin im Mittelpunkt steht. Deswegen sprechen wir lieber von Augmented Intelligence als von Artificial Intelligence.“ An diesen Gedanken schloss Christoph Schmitz, Sekretär des ver.di-Bundesvorstands und Leiter der Grundsatzabteilung der Gewerkschaft, an, indem er den Wert menschlicher Interaktion hervorhob: „Die Qualität von Dienstleistungen entsteht im direkten Kontakt mit Menschen. Es darf keine Selbstverständlichkeit werden, dass Arbeit mit Maschinen besser bezahlt wird als Arbeit mit Menschen. Wir müssen soziale und emotionale Aspekte in der Interaktionsarbeit berücksichtigen.“
In einer gemeinsamen Keynote mit Christoph Bornschein, Gründer und Geschäftsführer der Agentur für Digital Business TLGG, stellte Prof. Dr. Andreas Boes, Vorstandsmitglied am Münchner Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, klar: „In der Informationsökonomie wächst zusammen, was zusammengehört. Industrie und Dienstleistungen müssen sich neu erfinden. Wir fragen nach den Herausforderungen und Erfolgsbedingungen für Unternehmen und Gesellschaft und wie sich die Entwicklung im Sinne der Menschen gestalten lässt.“ Dabei müssten europäische Unternehmen ihren eigenen Weg finden und gehen, so Bornschein. „Ein Wunsch wäre, die europäische Idee in Produkte und Dienstleistungen zu integrieren. Das bedeutet, eine wertebasierte Wettbewerbssituation zu schaffen.“
Die anschließenden Impulsvorträge, interaktiven Diskussionsrunden und Pitches nutzten die Tagungsteilnehmer, um Themen wie Smart Service Engineering, Digitalisierung sowie Chancen und Herausforderungen in der Dienstleistungsbranche weiter zu vertiefen. Darüber hinaus stellten Forscher Projektergebnisse sowie entwickelte Dienstleistungen auf einer Ausstellungsfläche vor.