Fernse­hen, Fans und Fantasy

Prof. Dr. Ralf Adelmann zum bevorstehenden Start der finalen Staffel von "Game of Thrones" über Erfolg und Popularität von Serien

Weiße Wanderer, epische Schlachten und überraschende Intrigen: Die preisgekrönte Serie „Game of Thrones“ steuert am 15. April in Deutschland auf ihre finale achte Staffel zu und weckt bei Serien-Fans weltweit hohe Erwartungen. Was Erfolgsfaktoren dieser Serie sein können und warum Netflix, Maxdome, Amazon und Co. zunehmend auf Serienproduktionen setzen, erklärt Prof. Dr. Ralf Adelmann, Medienwissenschaftler an der Universität Paderborn.

„Mit Filmen wie der „Herr der Ringe“-Trilogie gab es bereits einen fruchtbaren Boden, auf dem eine Fantasy-Serie wie „Game of Thrones“ aufbauen konnte. Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass die Bücher, auf denen die Serie beruht, in der Fantasy-Gemeinde sehr populär gewesen sind“, erinnert sich Adelmann. Allein die Pilotfolge soll bis zu zehn Millionen US-Dollar Produktionskosten verschlungen haben. Nicht unüblich für den US-Sender HBO, der die Serie produziert, erklärt der Paderborner Wissenschaftler: „Eine solche Summe zu investieren, war damals durchaus sehr gewagt, zumal etwa 90 Prozent der Pilotfolge nochmal neugedreht und teilweise mit anderen Schauspielern besetzt wurde. Es ist allerdings seit 20 Jahren die Strategie von HBO, durch hohe Produktionskosten eine Qualität zu erreichen, die nahezu den Hollywood-Standards entspricht und für den Sender ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.“

Gut und Böse, Hollywood und die Kreativen

Einen weiteren möglichen Erfolgsfaktor von „Game of Thrones“ sieht Adelmann in der Konzeption der einzelnen Charaktere: „Für die Ereignishaftigkeit einer Serie ist es besonders wichtig, dass die Charaktere sich ändern und entwickeln können. Die klare Einteilung in „Gut“ und „Böse“ hat man früher mit der Soap Opera verbunden. Damals gab es zwar auch schon Zwischentöne, aber dass beispielsweise böse Charaktere gewissermaßen zu Serienhelden werden können, ist ein neues Phänomen. Allein aufgrund der politischen Konstellationen in „Game of Thrones“ und dass es dort in einem Krieg nie nur Gut und Böse gibt, ist die Serie sehr gut dafür geeignet, zwiespältige Charaktere zu entwickeln.“ Dass dann eine Geschichte, die sich ursprünglich an ein fantasy-orientiertes Nischenpublikum richtete, einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde, ist laut Adelmann vor allem auf die sozialen Medien zurückzuführen: „In der Populärkultur nehmen soziale Medien einen wichtigen Platz ein, von dem auch „Game of Thrones“ stark profitiert. Deswegen ist auch der sehr umstrittene Upload-Filter ein großes Problem, weil er Grundlagen populärer Kultur zerstört, wovon dann auch das Entstehen von Trends und Hypes betroffen wäre.“

Neben „Game of Thrones“ eroberten im Verlauf der letzten Jahre ebenso viele andere Serien, wie „House of Cards“, „The Walking Dead“ oder „Stranger Things“ den Markt. Eine Entwicklung, die auch damit korrespondiere, dass der Film für viele Kreative aus Hollywood an Attraktion verloren habe, so Adelmann: „Wenn man in Hollywood einen Film machen möchte, muss man viel Zeit investieren und schauen, wann oder ob der Film dann überhaupt verwirklicht wird. Beim Fernsehen lässt sich hingegen relativ einfach eine Probe- bzw. Pilotfolge drehen. Man kann eine Entwicklung beobachten, bei der es viele Kreative aus Hollywood ins Fernsehen zieht und mit dieser Wanderschaft haben sich dann auch die Produktionsstandards erhöht. Hinzu kommt, dass wir heute viel bessere Bild- und Tonqualität haben, womit wir den Kinostandard zuhause erleben können.“

Fernsehen, Erzählwelt und Mobilität

Das Fernsehen besitzt über seine kulturelle Bedeutung hinaus auch einen ökonomischen Wert. So sei laut Adelmann mittlerweile ein zahlungskräftiges Publikum herangewachsen, das es sich leisten könne, Bezahlkanäle wie Netflix, Maxdome und Amazon Prime oder Pay-TV zu abonnieren und dem Markt somit mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Steigende Einnahmen bedeuten dann, dass Serienproduzenten die Möglichkeit haben, verschiedene Erzählmodelle auszuprobieren. Erst im Dezember 2018 veröffentlichte Netflix mit „Black Mirror: Bandersnatch“ einen interaktiven Film, der auf einer Fernsehserie beruht und es Zuschauern erlaubt, aktiv in das Geschehen einzugreifen und somit den Handlungsverlauf mitzubestimmen. Neu sei so ein Modell allerdings nicht, wie Adelmann erklärt: „Diesen Trend gab es immer wieder mal, wie in den 1980er Jahren, als Zuschauer per Telefon-Voting mitentscheiden konnten, wie ein Fernsehfilm zu Ende gehen soll. Ich bin hierbei skeptisch und der Meinung, dass uns als Zuschauer gerade das fasziniert, was uns präsentiert wird und wo wir nicht eingreifen müssen. Man muss beachten: Das Fernsehen mit seiner Serienkultur ist gerade durch die Mobilität, die ein Smartphone oder ein Tablet bietet, ein „Nebenbei-Medium“, das ich im Rahmen anderer Aktivitäten nutze.“ Die Interaktivität spiele sich dagegen auf einer anderen Ebene ab, so der Medienwissenschaftler. „Eine Fantasy-Serie wie „Game of Thrones“ lebt davon, dass es eine einzige Erzählwelt gibt, in der sich alle austauschen können. Die Anschlusskommunikation, ob in der Schule, auf der Arbeit oder bei Twitter, bedingt, dass wir alle in derselben Erzählwelt zusammen sind und dadurch dann auch Gemeinschaft gestiftet wird“, fasst Adelmann zusammen.

Kamil Glabica, Stabsstelle Presse und Kommunikation

 

Foto (Universität Paderborn, Kamil Glabica): Prof. Dr. Ralf Adelmann, Medienwissenschaftler an der Universität Paderborn.

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