Prof. Dr.-Ing. Wil­helm Dan­gel­maier legt dreibändige „Produk­tion­s­the­or­ie“ vor

Von Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Dangelmaier, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn, ist jetzt das dreibändige Werk „Produktionstheorie“ erschienen. In den Bänden werden auf über 2.000 Seiten erstmalig die heute aus der Praxis geborenen Produktionsmodelle und ‑verfahren mathematisch begründet hergeleitet. So wird auch der Produktionswirtschaft eine wissenschaftliche Grundlage gegeben. Dem „wir haben unser Unternehmen halt so organisiert und das hat sich bewährt“ soll eine konstruktivistische Sicht beiseite gestellt und so sollen die vielen deskriptiv angelegten „Fabrikbetriebslehren“ abgelöst werden.

Der Autor Wilhelm Dangelmaier studierte Maschinenbau an der Universität Stuttgart. Von 1973 bis 1991 arbeitete er am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart, seit 1981 als Direktor und Leiter der Hauptabteilung Unternehmensplanung und ‑steuerung. Er promovierte 1978 und habilitierte 1985 in der Fakultät Fertigungstechnik, die Ernennung zum apl. Professor erfolgte 1990. Seit 1991 ist er Professor am Heinz Nixdorf Institut und im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn. Wilhelm Dangelmaier vertritt im Heinz Nixdorf Institut die Wirtschaftsinformatik. Damit steht er mit seinen Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Ingenieurwissenschaften und Informatik, also ideal, um formale Konzeptionen als Ingenieur für die Technikwissenschaften aufzubereiten. 1997 gewann seine Arbeitsgruppe den Wissenschaftspreis der BVL. Von 2005 bis 2008 war Dangelmaier Mitglied im Senat der DFG. Seit Sommer 2008 ist er Mitglied von acatech.

Wilhelm Dangelmaier: Produktionstheorie. Bd. 1: Methodische Grundlagen. Bd. 2: Statische Konstruktionen. Bd. 3: Dynamische Konstruktionen. 2125 Seiten. Berlin: Springer-Verlag 2017.
 

Weitere Informationen:

Band 1 „Methodische Grundlagen“ enthält vor allem Grundlagen der Logik, der Mengenlehre und der Algebra. Für die Produktion relevante Konzepte der System- und der Modelltheorie werden auf Konstrukte der formalen Logik abgebildet. Aussagen- und Prädikatenlogik werden an Beispielen aus der Produktion dargelegt. Dabei schlägt die Prädikatenlogik den Bogen bis zum NC-Programm; d. h.: alle Parameter einer spanabhebenden Fertigung werden systematisch hergeleitet. Anwendungsbeispiel der mengentheoretischen Konzepte ist das Computer Aided Design, das Relationenkalkül wird beispielsweise auf Erzeugnisstrukturen, Austauschteile und Gleichteile abgebildet. Die Grundlagen der Algebra behandeln ausführlich die für die Ingenieurwissenschaften wichtigen algebraischen Systeme mit inneren Verknüpfungen. Als Beispiel sei hier eine umlaufende Kette mit Werkstücken und/oder Werkzeugen genannt. Algebraische Systeme mit äußeren Verknüpfungen behandeln insbesondere den Umgang mit Matrizen. Grundlagen des Klassifizierens, Ordnens und Messens schließen diesen Band ab.

Band 2 „Statische Konstruktionen“ befasst sich mit den Strukturen der Produktion. Ausgehend vom Konstrukt des „Produktionspunkts“ werden Schritt für Schritt größere Einheiten komponiert: einstufige und mehrstufige Technikmengen. Dabei integriert der Produktionspunkt die heute in der Betriebswirtschaftslehre gepflegte Unterteilung in die objektorientierte, das Black-Box-Denken favorisierende Aktivität und die funktionalistische Sicht der Verbrauchs- und Produktionsfunktionen. Konzeptionelle Grundlagen sind Konstrukte der Systemtheorie, vor allem allgemeine und algebraische Input-Output-Systeme. Ausgehend von den Klassen der Strukturierungs- und Parametrisierungsmöglichkeiten am Produktionspunkt werden alternative Organisationskonzepte ein- und mehrstufiger Produktionen entwickelt. Für die Ingenieurwissenschaften besonders wichtig ist in diesem Band eine ausführliche Abhandlung zur Bewertung des Produktionserfolgs, die fundiert zur Produktkalkulation und zur Planung eines wirtschaftlich erfolgreichen Produktionsprogramms hinführt.

Band 3 „Dynamische Konstruktionen“ behandelt Produktionsabläufe in der Zeit. Die Grundlage zur Konstruktion eines Produktionskalenders, also eines heute allgemein üblichen Werkkalenders, bilden ordinale und kardinale Zeitmengen. Sie führen zur systemtheoretisch fundierten Definition eines Prozesses am Produktionspunkt sowie zu möglichen Prozess- und Zustandsverständnissen. Ein Unterpunkt ist hier die Fundierung des in der Serienfertigung verbreiteten Denkens in zählpunktorientierten Fortschrittszahlen. Ausgehend von der Basisform einer zeitbasierten Produktion, einem Zeitsystem mit einfachen Zeitfunktionen, wird die Effizienz dynamischer Ereignisse und Prozesse aufbereitet. Damit sind die Grundlagen für die Zustandsdarstellung eines allgemeinen Zeitsystems und die Anwendung von Sequentialmaschinen gegeben. Zeitinvariante additive Zeitsysteme und stochastische Produktionen sind die Basis für die Konstruktion einer robusten Produktion. Eine ideale Symbiose finden Produktionspunkt und Zeitsystem in der Anwendung endlicher Automaten: Eine endliche Anzahl von Zuständen führt zusammen mit einer begrenzten Menge von Eingaben zu einer zustandsgetriebenen Produktion – eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Realisierung von Industrie 4.0.

Foto (Universität Paderborn): Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Dangelmaier
Foto (Universität Paderborn): Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Dangelmaier