Am Mittwoch, 31. Mai, 16 Uhr, hält Prof. Dr. Christoph Ribbat, im Rahmen der Ringvorlesung "Kunst|be|griffe 5", einen Vortrag über Aretha Franklin und Martin Luther King Jr. im Frühjahr 1967 – »We Must Speak«. Der Vortrag findet im Raum H7.321 statt.
Aretha Franklin, 25 Jahre alt, veröffentlichte im Frühjahr 1967 ihr Erfolgsalbum I Never Loved a Man the Way I Love You. Es enthielt die feministische Hymne “R.E.S.P.E.C.T.” und andere epochale Hits. Der 38-jährige Martin Luther King Jr. fällte zur selben Zeit eine bedeutende politische Entscheidung. Er stellte sich erstmals öffentlich gegen den Krieg, den die Vereinigten Staaten in Vietnam führten.
Dieser Beitrag zur Ringvorlesung bringt zwei scheinbar disparate Ereignisse zusammen und zeigt ihre Ähnlichkeiten auf. King und Franklin, extrem sichtbare Figuren in den USA und Europa, nutzten das Frühjahr 1967, um sich neu zu erfinden. Indem King sich zum Antikriegs-Aktivisten umdefinierte, setzte er sich über die ihm zugeschriebene Rolle als religiöser Visionär der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung hinweg. Nicht die poetische Sprache seiner bekannten „I Have a Dream“-Rede bestimmte von nun an sein Erscheinungsbild, sondern sein scharfer Protest gegen die US-Außenpolitik. Und auch Aretha Franklins öffentliche Persönlichkeit änderte sich signifikant. Zuvor war sie als Sängerin religiöser Musik und als nicht allzu originelle Jazz/Pop-Interpretin bekannt gewesen. Mit ihrem Album I Never Loved a Man wurde sie zu einer unverwechselbaren Unterhaltungskünstlerin, die über Freiheit, Selbstbewusstsein und sexuelles Verlangen sang.
Durch den Vergleich dieser beiden historischen Figuren will der Vortrag die neuen kulturellen Möglichkeiten der späten 1960er Jahre ebenso skizzieren wie die Annäherung von Politik und Entertainment. In einem weiteren Schritt befasst sich der Beitrag mit dem komplexen Zusammenspiel zwischen dem öffentlichen Auftreten Kings und Franklins einerseits und den teils verständnislosen, teils rassistischen Reaktionen weißer Zuhörer andererseits. Hier liegen die interessantesten Parallelen zwischen den öffentlichen Biografien des Theologen und des Soul-Stars. Sie zeigen, dass 1967 nicht nur als Jahr des Aufbruchs interpretiert werden sollte, sondern auch als eine Zeit, in der westliche Gesellschaften minoritären Ausdrucksformen noch enge Grenzen setzen.
Christoph Ribbat
Christoph Ribbat ist Professor für Amerikanistik an der Universität Paderborn. Er studierte Geschichte und Anglistik an der Ruhr-Universität Bochum und der Washington University in St. Louis. Lehr- und Forschungstätigkeiten führten ihn an die Cooper Union (New York City), die University of North Carolina – Chapel Hill, die Boston University, das MIT, an die Universitäten Bonn und Basel. Zu seinen Veröffentlichungen gehören Im Restaurant: Eine Geschichte aus dem Bauch der Moderne (Suhrkamp, 2016), Basketball: Eine Kulturgeschichte (Fink, 2013) und Flickering Light: A History of Neon (Reaktion, 2013). Im Herbst 2017 erscheint sein neues Buch. Deutschland für eine Saison erzählt die Lebensgeschichte eines afroamerikanischen Basketballprofis, der 1977 in die deutsche Bundesliga wechselt.