Wird an der Universität Paderborn von „Win-win-Situationen“ gesprochen, kann es schon mal vorkommen, dass es respektable „Win-win-win-win-Situationen“ sind. So geschehen beim Auftakt des neuen Service Learning-Projekts am 24. April. Gleich vier Winner standen dabei fest: Studierende – „Alte Hasen“ genannte Profiberater – gemeinnützige Organisationen – Uni Paderborn. Mario Seidl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am neuen Lehrstuhl „Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung“ von Prof. Dr. Nicole Kimmelmann, erläuterte vor über 40 teilnehmenden Studierenden, warum das so ist.
Nach seiner Begrüßung zitierte Seidl zuerst einmal das oft gehörte Lob von ehemaligen Teilnehmern dieses Programms: „Service Learning ist eines der seltenen Module im Studium, in dem man Praxisnähe erleben und selbst auch herbeiführen kann.“ Nach dem Motto „Von Studierenden für örtliche soziale Organisationen“ hätten die Teilnehmer die Möglichkeit, die Inhalte ihres Studiums auf die Lösung bestimmter Probleme gemeinnütziger Organisationen anzuwenden: “Studierende können ihr Lernen durch eigenes Handeln reflektieren und so auch ihr gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein stärken.“
Das Besondere an Service Learning sei dabei auch die generationenübergreifende Lern- und Arbeitsform, da mehrere Partner synergetisch miteinander arbeiteten. Denn gestützt würden die inzwischen eifrig von gemeinnützigen Organisationen nachgefragten Hilfen nicht nur von der Universität, sondern auch von aktuell 14 externen „Alte Hasen“ genannten Profis, die aus verschiedensten Berufen, zumeist Führungspositionen, kommen und ihre in der Wirtschaft gemachten Erfahrungen auch aus dem Ruhestand heraus den Studierenden zur Verfügung stellen. Seidl: „Wir sind sehr dankbar und froh, dass wir solche erfahrene Praktiker in unser Projekt integrieren konnten.“
In der Praxis sieht das so aus: Eine gemeinnützige Organisation aus Paderborn bzw. Ostwestfalen-Lippe trägt eine klare Problemstellung am Lehrstuhl Kimmelmann vor. Wird sie ins Programm aufgenommen, erhält diese Organisation Unterstützung von einem Team von bis zu fünf Studierenden und zwei Wirtschaftsprofis als Coaches – das Ganze unter Supervision des Teams vom wirtschaftspädagogischen Lehrstuhl Prof. Dr. Kimmelmann. Vorgegangen wird streng wissenschaftlich. Problemerfassung – Methodenwahl mit Datenauswertung und Ergebnisvortrag mit Datenaufbereitung und Reflexion. Und das sind die neun gemeinnützigen Organisationen, die sich dieses besonderen Services der Paderborner Wirtschaftswissenschaftler bedienen:
- Greenpeace Paderborn stellt die Aufgabe: „Wie können wir Menschen motivieren, bei uns einzusteigen?“
- Caritas Wohn- und Werkstätten PB möchte gerne erfahren, ob man den Kundenbedürfnissen noch genügend Rechnung trage und welche eventuell neuen Services man anbieten könne.
- Der Paderborner „Marktplatz für gute Geschäfte“ erwartet sich ein neues Konzept, mit dem die Kooperation zwischen Wirtschaft und gemeinnützigen Organisationen in Paderborn nachhaltig gestärkt werden kann.
- Die Pfadfinder vom DPSG-Stamm St. Hedwig Paderborn haben ein drängendes Nachwuchsproblem und freuen sich auf ein entsprechend wirksames Marketingkonzept.
- Die Vinzenz Konferenzen im Erzbistum Paderborn e. V. & youngcaritas würden gerne mehr Armen bei der Beschaffung von Lesebrillen unter die Arme greifen und erwarten sich eine allgemeine Akzeptanzerhöhung ihres Angebots.
- Der Familienunterstützende Dienst der Lebenshilfe Kreisverband Paderborn e. V. benötigt Unterstützung bei der Akquisition von ehrenamtlichen Mitmachern und möchte attraktivere Qualifizierungsschulungen anbieten.
- Lebenshilfe Kreisverband Paderborn e. V. „Café am Kirchplatz“ kümmert sich um die Sicherstellung von Arbeitsplätzen für Behinderte und fragt sich in diesem Zusammenhang, ob ihr Angebot noch zeitgemäß sei und wie man das Fortbestehen des Cafés auf festere Beine stellen könne.
- AIDS-Hilfe Paderborn e. V. sorgt sich um den mangelnden Bekanntheitsgrad des Fördervereins und möchte über eine qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit echte Anreize für eine potenzielle Mitgliedschaft schaffen.
- Die Flüchtlingshilfe Borchen e. V. schließlich möchte Ehrenamtliche für ihre Arbeit gewinnen und langfristig binden.
Die Erwartungshaltung aller Beteiligten ist hoch. Konkrete Ergebnisse werden am 24. Juli 2017 vorgelegt und zur Diskussion gestellt.
Text und Fotos: Reinhard Schwarz, UPB
Fotos frei zum Abdruck mit Vermerk: „Reinhard Schwarz, UPB“